Protest gegen Studiengebühren endet vor dem Bonner Kadi

Richter zeigt Verständnis für Anliegen und stellt Verfahren gegen Buße ein

Bonn. "Viel Lärm um nichts" könnte ein Strafprozess am Donnerstag vor dem Bonner Amtsgericht überschrieben sein. Denn das Verfahren hatte im Vorfeld für Alarm bei Polizei und Justiz gesorgt und Sicherheitsmaßnahmen ausgelöst, die sich als völlig überflüssig erwiesen.

Grund für die Aufregung: Ein 29-jähriger Student sollte sich in einem Demo-Verfahren wegen Nötigung vor Strafrichter Frank Liegat verantworten - und hatte zuvor seine Kommilitonen um Solidarität gebeten. In Erwartung eines studentischen Ansturms, wie früher bei solchen Verfahren selbstverständlich, war der Richter eigens in den größten Saal gezogen - und blickte in gähnend leere Zuschauerreihen. Und der nette Angeklagte saß ganz verloren allein auf der Anklagebank.

Dort war er gelandet, weil er am 22. Juni 2005 nicht nur mit knapp 3 000 Kommilitonen gegen Studiengebühren demonstrierend durch Bonns City gezogen war, sondern anschließend mit ungefähr 200 Demonstranten an einer Sitzblockade teilgenommen und damit laut Anklage den Verkehr zum Erliegen gebracht hatte. Ihn und zehn andere Blockierer hatte die Polizei aus dem Verkehr gezogen und festgenommen - recht unsanft und für einige auch schmerzhaft, wie der AStA später erklärte.

Dass sie sich mit der Blockade der Kreuzung Martinsplatz/Am Hof/Neutor einer Nötigung schuldig machen könnten, war den jungen Leuten nicht gesagt worden, wie der Angeklagte nun vor Gericht versicherte.

Der 29-jährige Student, der von den 550 Euro lebt, die er als studentische Hilfskraft verdient, hatte Glück - wie schon vier andere vor ihm: Der Richter verstand das Anliegen der Studenten, machte ihm aber auch klar: "Es ist immer die Frage, wie man demonstriert, und da muss man sich an Spielregeln halten." Es gehe nicht an, dass man eine Mutter mit kleinen Kindern im Auto blockiere oder einen Taxifahrer um seinen Verdienst bringe.

Nachdem der Student ihm versprochen hatte, in Zukunft die Spielregeln zu beachten, stellte der Richter das Verfahren mit Zustimmung der Staatsanwältin wegen geringer Schuld ein - gegen 350 Euro Buße. Dann hielt kurz vor Schluss doch noch die Solidarität Einzug in den Saal - in Gestalt von acht Kommilitonen des Angeklagten. "Ein bisschen spät aus dem Bett gekommen", feixte der Richter.

Weitere Prozesse finden in den nächsten Wochen statt.

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