Rheinisches Grundgesetz

Glosse

Gemeindeordnung, Paragraph 66. "Abwahl des Bürgermeisters". Am Sonntag war Termin. Auf weißen Plakaten hatten die "Meckenheimer Demokraten" zum Neubeginn aufgerufen und bei "Ja" ein dickes rotes Kreuz gemalt. Die Wahlzettel waren in weniger euphorischem schwarz-gelb gehalten.

Nüchternheit herrschte in den 19 Stimmlokalen. Rein, Guten Tag, Kreuz, Auf Wiedersehen, raus. Im Donnerstag-Dunkel plumpsten die letzten Reklamezettelchen ins Haus. Argumentations-Armut. "Machenschaften", "Mobbing" oder "Diffamierungen", "Unwahrheiten".

Keine Revolution, keine Revolte, kein Rathaus-Rabatz. Auch keine Routine, sondern Spannung pur. In der Stadt mit den Apfelbäumen gibt es schon Weihnachtsbäume. Die städtische, leicht sklerotisch aussehende Fichte im Brunnen unterhalb von Sankt Johannes der Täufer ist noch ungeschmückt. Die neue Weihnachtsbeleuchtung über der Hauptstraße ist noch ausgeschaltet. Totensonntag. Ein feinsinniges Datum. Abwahl-Advent.

Im Meckenheimer "Verbund"-Einkaufsführer stehen viele Adressen, von A bis Z. Von Abbruch bis Zivilschutz. Auch "Abmeldung", wer muss sich abmelden? Unter dem Buchstaben "W" wie Wahl steht nichts. Dafür "Waffenbesitzkarte", "Wasserrohrbruch" und "Wildschäden". Nun sind die Polit-Patronen verballert, das Wasser steht manchen Pro- und Contra-Experten bis zum Hals und die Schäden für Cox-City müssen vernarben. Gestern herrschte an der Swist nicht gerade Frühlingswetter, aber Gift lag auch nicht in der Luft, höchstens etwas Lüftelberger Feinstaub.

Nach 18 Uhr. Auszählung. Freude, Frust, Fragen. In manchem Reihenhaus knallten Sektkorken, so oder so, also auch bei gegensätzlichen Meinungen. So leicht fliegt das grüne Tor zu Ahr und Eifel nicht in die Luft. Rein bandkeramisch betrachtet ist die Rosenstadt rund 6 000 Jahre alt. Seit Einstein ist alles relativ. Auch die kämpferischen Scharmützel der letzten Wochen.

Die Plakate werden wieder abgehängt. Jeder Kater geht vorbei. Und jeder Rheinländer kennt sein Grundgesetz. Et hätt noch immer joot jejange. Und wenn das nicht stimmt, dann kütt et wie et kütt. Und jeder gelassene Rheinländer weiß auch, dass jeder Gewinner auch etwas Verlierer ist. Am ersten Advent leuchten auch die Weihnachtsbirnen über der Hauptstraße. Ganz friedlich.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort