ÖPNV und der Klimawandel RSVG prüft Alternativen für den Diesel

Rhein-Sieg-Kreis · Die Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft sucht nach einer umweltfreundlichen Strategie für die Busse. Sollte das Bundesverwaltungsgericht am Dienstag Dieselfahrverbote für zulässig erklären, müssen die Verkehrsunternehmen schnell Lösungen finden.

Angesichts des Klimawandels sowie des Feinstaub- und Stickoxidproblems in den Städten sind auch die Verkehrsbetriebe im Rhein-Sieg-Kreis gefordert. Sowohl der Regionalverkehr Köln (RVK) als auch die Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft (RSVG) treibt die Frage um, wie der öffentliche Nahverkehr in Zukunft möglichst ohne Ausstoß umweltschädlicher Abgase, gleichzeitig aber auch wirtschaftlich, unterwegs sein kann. Dabei könnte Eile geboten sein. Sollte das Bundesverwaltungsgericht am Dienstag Dieselfahrverbote für zulässig erklären, müssten die Verkehrsunternehmen schnell Lösungen finden.

Der RVK hat bereits eine richtungsweisende Entscheidung getroffen. Wie berichtet, will das Unternehmen seine im linksrheinischen Kreisgebiet fahrende Flotte bis 2030 vollständig auf emissionsfreie Busse mit Brennstoffzellen umstellen. Der Anschaffung von zehn Fahrzeugen hat der Kreistag bereits zugestimmt. Anders als der RVK möchte sich das andere kreiseigene Verkehrsunternehmen, die RSVG, noch nicht festlegen. „Wir sind aktuell in der Strategiefindung“, sagte RSVG-Geschäftsführer Michael Reinhardt auf GA-Anfrage. Sollte die Deutsche Umwelthilfe mit ihrer Klage in Leipzig Erfolg haben, setzt das Unternehmen kurzfristig auf die Umrüstung älterer Euro-V-Dieselmotoren auf die modernere Euro-VI-Norm. Aber auch eine Entscheidung auf längere Sicht soll bereits in den nächsten Wochen fallen.

Aktuell sind mehr als 90 Prozent aller Linienbusse in Deutschland auf den Diesel angewiesen. Umweltfreundlichere Alternativen gibt es schon heute, auch wenn sich der eine Königsweg nicht abzeichne, wie Frank-Michael Baumann von der Energieagentur NRW jüngst im Kreisumweltausschuss erklärte. „Der Trend geht hin zu einer Diversifizierung der Antriebe“, so Baumann. Dabei sei vor allem entscheidend, welche regionalen Gegebenheiten in dem jeweiligen Einsatzgebiet vorherrschten: viele Berg- und Talfahrten oder eher flache Strecken, lange Landfahrten oder Innenstadtlinien und auch, ob alternative Treibstoffe, wie etwa Biogas, regional verfügbar seien. Folgende Antriebsformen untersucht die RSVG derzeit:

Hybridantrieb: Drei Hybridbusse testete die RSVG bereits in der Praxis. Mehr als 30 Prozent Kohlendioxid gegenüber modernen Dieselmotoren spare der Technologiemix aus Verbrennungsmotor und Batterie ein. Mit Hilfe der Elektroenergie startet der Hybridbus, später übernimmt dann der Dieselmotor. Energie, die beim Bremsen freigesetzt wird, fließt zurück in die Batterie. Dennoch hat die RSVG bisher den Bestand der Hybridbusse nicht erweitert. Derzeit seien die Kosten für die Anschaffung der Fahrzeuge und den Ausbau der nötigen Ladeinfrastruktur schlicht zu hoch, wie Rheinhardt erklärte. Fördermöglichkeiten durch den Bund gebe es derzeit nicht.

Reichweite ein Problem bei E-Bussen

Elektrobus: E-Busse werden derzeit an vielen Orten in Deutschland erprobt, wie Experte Baumann erklärte. Dank guter Fördermöglichkeiten und eines hohen Entwicklungsdrucks schätzt auch die RSVG den Einstieg in die E-Mobilität aktuell als günstig ein. Doch auch dabei stellen sich Probleme: die Reichweite sowie die Tank- beziehungsweise Ladezeiten. Auf immerhin rund 200 Kilometer kommen zum Beispiel die E-Busse, die die SWB Bus und Bahn auf Bonner Stadtgebiet fahren lassen. Aufgeladen werden sie nachts im Betriebshof. Hersteller versprechen sogar 250 bis 280 Kilometer Reichweite. „Das wäre für uns auf dem überwiegenden Teil unserer Linien ausreichend“, so Reinhardt. Doch in der Realität sinke die Batterieleistung an kalten Winter- und warmen Sommertagen rapide. Denn dann müsse die Batterie zusätzlich Energie für Heizung und Kühlen bereitstellen. Die Reichweite reduziere sich dadurch schnell auf 100 bis 150 Kilometer. Der RVK ist sich daher sicher: „Wenn man in die Region will, ist der Elektroantrieb nicht sinnvoll.“ Eine alternative Technik erproben die Kölner Verkehrsbetriebe. Auf der innerstädtischen Linie 133 fahren E-Busse mit Batterien, die Strom für bis zu 90 Kilometer liefern. An den Endhaltepunkten der Linie, also nach rund sieben Kilometern, werden die Batterien nachgeladen.

Die Brennstoffzelle: Einen hohen technologischen Reifegrad, schnelle Betankung und eine relativ große Reichweite attestiert Baumann dieser Technologie. Für die RVK Grund genug, zumindest im regionalen Verkehr auf die Brennstoffzelle zu setzen, wie Jens Conrad, Projektmanager beim RVK erläuterte. Für den RVK ausschlaggebend: Der Treibstoff ist regional verfügbar. Die Verkehrsgesellschaft will ihn von der Industrie im Kölner Raum beziehen. Dort fällt Wasserstoff unter anderem bei der Chlorproduktion an. Zusätzliche Energie müsse nach Aussage des RVK für die Herstellung des Wasserstoffs dort nicht aufgewendet werden. Die Shell-Raffinerie kündigte allerdings an, am Standort Wesseling eine Anlage zur Wasserstoffelektrolyse zu errichten – auch um auf die steigende Nachfrage nach Brennstoffzellentreibstoff zu reagieren. Die Anlage soll rund 1300 Tonnen Wasserstoff im Jahr produzieren. Nach Angabe der Raffinerie Rheinland könnte dabei auch Strom aus erneuerbaren Energien zum Einsatz kommen. Die RSVG ist jedoch skeptisch: Die Brennstoffzelle sei störungsbehaftet und müsse im Laufe eines Buslebens ausgetauscht werden, so Reinhardt. Zudem seien die Kosten für Fahrzeuganschaffung und Infrastruktur sehr hoch.

Biogastreibstoff: Als Quelle für Biomethan dienen landwirtschaftliche Abfallstoffe und tierische Exkremente, die auch im Rhein-Sieg-Kreis verfügbar wären. Auch die RVK hat daher anfangs den Einstieg in diese Technologie in Kooperation mit der Rhein-Sieg-Abfallwirtschaftsgesellschaft (RSAG) in Erwägung gezogen. „Seinerzeit fehlte die Möglichkeit einer Förderung, und sowohl seitens der Erzeuger als auch der Anwender war der Kostenfaktor einfach zu hoch“, so Reinhardt. Im Urteil des RVK schneidet die Technik dagegen positiv ab. „Der Einsatz von Biogas-Bussen wäre sicher auch im Rhein-Sieg-Kreis möglich“, so Conrad. Positive Erfahrungen mit der Antriebstechnik hat etwa die Verkehrsgesellschaft Stadtverkehr Euskirchen gemacht. Das Unternehmen möchte bis 2019 15 Busse auf 100-prozentigen Biogasantrieb umstellen. Bereits der Einsatz von Erdgas mit einer Beimischung von 20 Prozent Biomethan senke den Ausstoß von Kohlendioxid um 23 Prozent, so Experte Baumann von der Energieagentur NRW.

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