Schmiererei verschwindet wie von Geisterhand

Mit australischem Wüstensand rückt eine Spezialfirma dem riesigen Graffiti an den Türmen der Ludendorffbrücke in Erpel erfolgreich zu Leibe - Wasserabweisende Versiegelung schützt die Mauern

  Australischer Sand  wird als Reinigungsmittel am Brückenpfeiler eingesetzt, um Graffitis zu entfernen. Vertreter der Bauhöfe zeigen sich von der Demonstration beeindruckt.

Australischer Sand wird als Reinigungsmittel am Brückenpfeiler eingesetzt, um Graffitis zu entfernen. Vertreter der Bauhöfe zeigen sich von der Demonstration beeindruckt.

Foto: Frank Homann

Erpel. (khd) Zwei Nächte und mindestens 40 Sprühdosen Autolack hatten heimliche Graffiti-"Künstler" vor Monaten benötigt, um die Basis der Brückentürme in Erpel zu verschandeln. Mit feinstem Sand war nun innerhalb von vier Stunden der Spuk zu Ende. Mitarbeiter der Firma Kontec aus dem Emsland rückten dem "Schandfleck" mit einem Spezialverfahren kostenlos zu Leibe.

"Die Firma hat sich angeboten, ihre Fähigkeiten an unserem denkmalgeschützten Brückentürmen unter Beweis zu stellen", erklärte Bürgermeister Edgar Neustein. Rund 2 000 Euro hätte die Gemeinde ansonsten für die Entfernung des etwa zwei mal acht Meter großen Machwerks bezahlen müssen. Der Grund: Die Natursteine sind zwar extrem hart, aber eben auch sehr porös, so dass die Farbe tief hatte eindringen können.

"Bei den herkömmlichen Reinigungsverfahren mit einem Hochdruck-Sandstrahler würden der poröse Tuff-Basalt extrem angegriffen. Das von der Firma Kontec je nach Beschaffenheit der Fläche eingesetzte Strahlgut dagegen ist so fein und weich, dass die Steine nicht leiden", erläuterte die Aegidienbergerin Monika Griese, die die Firma am Mittelrhein vertritt. In Erpel kam australischer Wüstensand mit einem mineralischen Zusatz zum Einsatz, der sich noch in der Patentierung befindet, wie der Chef der Firma, Bernd Olliges, erklärte.

Mit einem Druck von nur einem Bar wurden die Steine mit dieser Mischung in einem Winkel von 45 Grad bestrahlt - und wie von Geisterhand verschwand die Farbschicht. "Durch die erzeugte Reibung entsteht eine elektrische Reaktion, bei der sich die Farbschicht vom Untergrund abrollt, ohne diesen zu beschädigen", erläuterte Olliges. Selbst Plexiglas könne so schonend gereinigt werden, allerdings würde dann gemahlener Radiergummi als Grundsubstanz eingesetzt. Bei der Reinigung von Autolack habe sich dagegen Paniermehl am effektivsten erwiesen.

Aufsehen erregte die Aktion nicht nur bei zahlreichen Erpelern. Neben Neustein und seinen Beigeordneten, seiner Rheinbreitbacher Kollegin Ulrike Jossen sowie dem Unkeler Bürgermeister Werner Zimmermann beobachteten auch alle Vorarbeiter der Bauhöfe aus der Verbandsgemeinde die Reinigung. "Alle Kommunen haben mit Sprühern gravierende Probleme", erklärte Neustein das große Interesse. Kostenneutral wie in Erpel werden die jedoch ihre mit Graffiti verschandelten Gebäude nicht reinigen lassen können.

Zwischen 900 und 1 000 Euro würde sie eine vergleichbare Aktion kosten. Die Basis der Brückentürme kann man jedoch nun mit einem normalen Hochdruckreiniger von möglichen Schmierereien befreien. Ihre Oberfläche wurde nämlich mit einer wasserabweisenden Imprägnierung versiegelt, durch die jedoch die Atmungsaktivität der Steine nicht eingeschränkt wird. "Das hat auch den Vorteil, das die Steine nach der Reinigung farblich wieder dem angrenzenden Mauerwerk angeglichen werden", erklärte Olliges.

Auch wenn Sprühern so das Leben etwas schwerer gemacht wird, zufrieden geben wollte sich Neustein damit nicht. "Die Kommunen müssten in einer konzertierten Aktion gegen solche Verschandelungen vorgehen", forderte er. Sinnvoll wäre es, die individuellen Handschriften der "Graffiti-Künstler" zu katalogisieren. "Dadurch könnten wir die Ermittlungsarbeiten der Polizei erheblich unterstützen. Denn dass man die Täter bei der Arbeit erwischt und sie dann auch dingfest machen kann, ist äußerst unwahrscheinlich", berichtete der Erpeler Bürgermeister aus leidvoller Erfahrung.

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