Kulturverein Pro Klassik Schuberts „Winterreise“ begeistert im Haus Bachem

Königswinter · Götz Seiz und Desar Sulejmani begeistern im Haus Bachem in Königswinter mit Franz Schuberts „Winterreise“. „Wir sind wieder da“, sagte Pianist Sulejmani, der zugleich Vorsitzender des gastgebenden Kulturvereins Pro Klassik ist.

 Bariton Götz Seiz und Pianist Desar Sulejmani während der „Winterreise“-Aufführung im Haus Bachem.

Bariton Götz Seiz und Pianist Desar Sulejmani während der „Winterreise“-Aufführung im Haus Bachem.

Foto: Frank Homann

 „Wer hätte gedacht, dass eine Winterreise so anlockt, dabei ist es doch schon fast Frühling“, richtete ein Besucher seine humorige Einschätzung über die hohe Zahl der Konzertinteressierten an seine Begleiterin. Die Veranstalter des Winterkonzerts vom Kulturverein Pro Klassik konnten sich tatsächlich freuen über einen sehr gut besetzten Saal. Der Liederzyklus von Franz Schubert (1797-1828) „Winterreise, D 911, Op.89“ nach Gedichten von Wilhelm Müller (1794-1827) hatte offensichtlich Sogwirkung entwickelt.

„Das Stück zieht an“, freute sich auch Gastgeber Desar Sulejmani in einer kurzen Begrüßung. Seit über 20 Jahren sorge Pro Klassik in Königswinter für einen guten Ton, sagte der künstlerische Leiter der Reihe. Trotz der Krise für viele Kulturschaffende in Pandemiezeiten hätten die Akteure von Pro Klassik weiter gemacht. „Wir sind wieder da.“

Und das mit einem wahren Denkmal des Kunstliedes. Die Winterreise von Franz Schubert, ein Zyklus in 24 Liedern, gehört fraglos zu den Gipfeln der Gattung und zählt für die Interpreten zu den großen Herausforderungen. Gastgeber Sulemani legte bei diesem Konzert selbst „Hand an“. Der Pianist, Dirigent, Korrepetitor und Liedbegleiter für Sänger und Instrumentalisten begleitete Bariton Götz Seiz. „2016 haben wir erstmals miteinander musiziert“, beschrieb Sulejmani den gemeinsamen musikalischen Weg, der bis heute Früchte trägt. Götz Seiz, der seit 1994 eine eigene Zahnarztpraxis in Aachen betreibt, ist seit 1997 nebenberuflich als Opern- und Konzertsänger tätig.

„Ich trete mit Demut vor das Publikum“, begrüßte Seiz die Konzertbesucher und dies besonders, weil sowohl Schubert, der bereits mit 31 Jahren starb, als auch Müller, der wenig älter wurde, den großen Erfolg der „Winterreise“ nicht mehr hätten miterleben können.

Oft mündet die tiefe seelische Not, Verzweiflung oder gar Todessehnsucht bedeutender Tonschöpfer oder Dichter in die Entstehung tief bewegender Werke. Im  Liederzyklus „Winterreise“ verlässt ein junger Mann, zurückgewiesen von einem geliebten Mädchen, die Stadt, seine vertraute Umgebung, und wandert hinaus in Schnee und Dunkelheit. Verlust, Schmerz, Zorn, das Erleben der Einsamkeit, durchbrochen von flüchtigen Momenten der Hoffnung spiegeln die Grundstimmung des Zyklus.

Franz Schubert war einst von der einfachen Eindringlichkeit von Müllers Wortwahl in den zugrundeliegenden Gedichten fasziniert und sah darin offensichtlich sein eigenes, tiefes Leid gespiegelt. „Da fällt einem doch gleich was Gescheites ein“, soll Schubert beim Anblick von Müllers literarischem Werk gesagt haben. Schubert überformte 1827 die Gedichte mit bestürzender, gar erschütternder musikalischer Energie. Zunächst schuf er als „1. Abteilung“ die ersten zwölf Gedichte und fügte wenig später, nach Entdeckung der folgenden zwölf Werke, die „2. Abteilung“ der „Winterreise“ an. Meisterlich gelang ihm dabei die Verknüpfung von kunstvoller Textausdeutung und berührender Menschlichkeit.

Immer wieder fing Götz Seiz brillant die unterschiedlichen Stimmungen der einzelnen Lieder ein und schöpfte mit seiner Stimme in weiten Dimensionen die vokalen Möglichkeiten aus. Der expressive Anschlag Sulejmanis auf dem Flügel korrespondierte von den ersten Takten an mit den weit gefächerten stimmlichen Ausdrucksformen des Bariton.

Mit diesem Konzert hatte wahrlich ein musikalischer Schatz Einzug in Haus Bachem gehalten.

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