Schüler auf den Spuren der Schlesier

19 Mädchen und Jungen der Realschule Oberpleis setzen ihre Ideen in einem Kunstprojekt um.

Schüler auf den Spuren der Schlesier
Foto: Holger Handt

Heisterbacherrott. Die Spuren der Erinnerung sind im Erdreich versteckt - ein silberner Löffel, die Tasse aus feinem Porzellan, Vaters Brieftasche und die kleinen Kinderschuhe, vergraben in der Hoffnung, nach Flucht und Vertreibung irgendwann einmal in die alte Heimat Schlesien zurückkehren zu können.

Das Stilleben, das Schüler des Differenzierungskurses Kunst der Stufe 7 der Realschule Oberpleis im Eichendorff-Saal des Haus Schlesien in Heisterbacherrott in einer großen Kiste aufgebaut haben, stimmt nachdenklich. Ebenso wie der verstaubte alte Koffer, der Einblicke in das Leben des schlesischen Mädchens Luise R. und an die Zeit "damals" erlaubt: ein kleiner Ring, ein Lesebuch, ein Holzwürfel mit bunten Motiven, verblichene Zeichnungen und Bilder, an denen sichtbar der Zahn der Zeit genagt hat.

Doch Luise R. hat nie gelebt, ebenso wenig die vielen anderen Personen, die auf den ausgestellten Bildern und Zeichnungen zu sehen sind. Sie alle entsprangen der Phantasie der jungen Künstler und sind Ergebnis der umfangreichen Recherchen über das Thema Schlesien.

Die Idee des Kunstprojektes bestand darin, das Haus Schlesien als außerschulischen Lernort aufzuspüren und zu nutzen, um künstlerisch aktiv zu werden. Um den Schülern für ihr kreatives Tun genügend Raum zu geben, wurde sogar ein Klassenzimmer eigens in eine Kunstwerkstatt verwandelt.

Seit Anfang März hatten die insgesamt 19 Mädchen und Jungen während des regulären Kunstunterrichts und zusätzlich an drei Projekttagen Gelegenheit, sich mit unterschiedlichsten Techniken und Materialien vertraut zu machen und ihre Ideen zum Thema "Ein Haus erzählt Geschichten" künstlerisch umzusetzen - ob als Gipsfigur, Seifenskulptur, Zeichnung oder Installation. Die Ergebnisse wurden jetzt in einer eigenen Schülerausstellung der Öffentlichkeit präsentiert.

"Wir haben uns sehr viel mit den Menschen beschäftigt", erzählt Lehramtsanwärterin Kathrin Gros, die das Projekt gemeinsam mit Lehrerin Barbara Wolff betreut hat. Bereits der Besuch des Museums im Haus Schlesien hat die Schüler sehr beeindruckt. "Einige von uns fanden die Legenden von Rübezahl oder auch die vielen verschiedenen Gegenstände in den Ausstellungsräumen interessant", berichtet Erik Rosauer in der Rede, die er gemeinsam mit seinen Klassenkameradinnen Christina Schreiber, Semiha Ülker und Juliane Andreas zur Ausstellungseröffnung hielt:

"Ganz besonders hat uns aber auch die Flucht aus Schlesien im zweiten Weltkrieg bewegt und die vielen Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten." In einem Gespräch mit Zeitzeugin Felicitas Rinke erfuhren die Schüler aus erster Hand, wie es den Menschen auf der Flucht ergangenen ist.

Die betreuenden Lehrerinnen freuten sich über den Eifer, mit dem die Jugendlichen bei der Sache waren: "Die waren unglaublich motiviert und sind zusätzlich sogar öfters alleine in die Ausstellung im Haus Schlesien gegangen, um zum Beispiel Zeichnungen oder Skizzen anzufertigen", so Gros.

Viele der alten Gegenstände - fiktive "Spuren" der Vergangenheit, die die Schüler für ihre Installationen benötigten - wurden von Großeltern oder auch vom Haus Schlesien zur Verfügung gestellt. Mit viel Phantasie haben die jungen Künstler daraus beeindruckende Stilleben kreiert, die realistisch und anschaulich vom Leben in Schlesien erzählen - so wie die "Erinnerungen an Frau W.": Ein kleiner Stoffbeutel mit alten Münzen, ein Zuckertöpfchen aus dem Jahr 1947, die Lesebrille des Vaters, ein altes Holzkohlebügeleisen, Schmuckstücke, die liebevoll verpackt in kleinen Döschen ruhen. Zettel, sorgfältig von Hand mit Feder und Tinte beschrieben, erklären, was genau hier zu sehen ist. Viele der Kunstwerke sollen demnächst in der Schule ausgestellt werden, einige dürfen sogar im Haus Schlesien verbleiben.

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