Schützenvereine im Siebengebirge achten streng auf Sicherheit

Schützen im Siebengebirge wehren sich gegen Vorwürfe, dass Schießsport und Amokläufe in Verbindung stehen

 Ohne Munition: Mit einem Lichtgewehr wird beim Frühlingsschießen in Selhof gezielt.

Ohne Munition: Mit einem Lichtgewehr wird beim Frühlingsschießen in Selhof gezielt.

Foto: Frank Homann

Siebengebirge. Immer wieder ereignen sich auf der Welt schockierende Amokläufe. Und selbst wenn sich die Bluttat weit weg ereignet hat, ziehen die Mitglieder deutscher Schützenvereine dann instinktiv die Köpfe ein: Sie wissen, dass es bald wieder Kritik hageln wird wegen ihres Waffenbesitzes.

Sehr zum Ärger von Hans-Peter Efferoth, Präsident des Sankt-Hubertus-Schützenvereins Aegidienberg: Schnell redet er sich in Rage, wenn er auf die Vorurteile gegen Sportschützen angesprochen wird. Mit den Sportgeräten, wie sie in seinem Verein verwendet werden, könne sich kaum ein Amoklauf verüben lassen: Bei den Sportwaffen mit nur einer Kugel im Lauf brauche das Nachladen so lange, dass niemand mit Mordgedanken zu so einer Waffe greifen würde, meint er.

Der Bezirksverband rätDer Bezirksverband des Rheinischen Schützenbunds empfiehlt seinen Mitgliedsvereinen, jede Gelegenheit zu nutzen, über das Thema Waffen und Sicherheit zu reden. "Wir begegnen den Vorbehalten gegen unser Hobby immer wieder", sagt Bezirksvorsitzender Werner Seifert aus Bad Honnef.

Deswegen hatte sich der Schützenbund nach dem Amoklauf von Winnenden 2009 zur Flucht nach vorne entschieden: Bereit, sich allen Vorurteilen zu stellen, präsentierten sich die Schützen auf dem Bonner Münsterplatz und trafen auf großes Interesse an ihrem Sport - "aber auf Winnenden hat uns kein Einziger angesprochen", wunderte sich Seifert im Nachhinein.

Im Verein werde streng auf Sicherheit geachtet: Jugendliche ab 16 Jahren dürften nur eine Hand an die Kleinkaliber-Gewehre legen, wenn er als Präsident persönlich daneben steht. "Die Jugend muss man kontrolliert an den Sport heranlassen, sonst probieren sie sich woanders aus - dann aber ohne Kontrolle", sagt Efferoth.

Volljährige, die eine Waffe kaufen wollen, brauchen das Einverständnis ihres Vereins, eine bestandene Waffenprüfung und regelmäßiges Training mit dem Sportgerät. "Leute, die nur für eine Waffenbesitzkarte bei uns eintreten wollen, lassen wir sofort abblitzen", so Efferoth. Vereinsaustritte melde er der Polizei, damit diese nachfragen können, wozu die Waffenbesitzer ihre Waffen behalten möchten.

Nach Efferoths Meinung sollten aber die Besitzer mehrschüssiger Waffen häufiger kontrolliert werden als andere. "Da hätte ich kein Problem mit, aber die Polizei hat ja auch so schon zu wenig Personal." Generell sollten Vereine, die sich allein zum Zweck der Waffenbeschaffung gegründet haben, nicht mit Traditionsvereinen in einen Topf geworfen werden.

So sieht es auch Rolf Menzel, Präsident der Sankt-Sebastianus- Schützenbruderschaft Bad Honnef. Unter seinen Sportschützen seien ehemalige Polizisten ebenso wie Akademiker und Handwerker. "Wir weisen der Polizei regelmäßig jede Trainingsstunde nach, um den Bedarf für eine eigene Waffe zu dokumentieren."

Für die Faszination für Waffen etwa aus dem Polizeidienst oder aus vergangenen Zeiten habe er Verständnis: "Natürlich könnten wir auch mit Lasergewehren schießen, aber wieso wollen manche gerne Rallye statt Stadtverkehr fahren? Es macht einfach Spaß.

Gefährlich sind die Waffen aber alle", sagt Menzel, und: "Absolute Sicherheit gibt es nicht." Wenn jemand aus irgendeinem Grund - Krankheit, Trennung, Jobverlust - den Halt verliere, könne er auch mit einem Auto in eine Menschenmenge fahren. "Deswegen kommt niemand auf die Idee, das Auto fahren zu verbieten."

Im Schützenverein seien die Mitglieder eingebunden und müssten echtes Interesse am Training zeigen, um die Waffe behalten zu dürfen. Nur 0,01 Prozent aller Verbrechen mit Schusswaffeneinsatz seien mit legalen Waffen verübt worden, sagt Menzel.

"Man kann auch mit einem Messer aus der Küche Blödsinn machen", meint denn auch Bernd Trommeschläger, Schießmeister der Oberdollendorfer Sankt-Hubertus-Schützenbruderschaft. Trotzdem müssten sich die Schützen ständig gegen Vorurteile zur Wehr setzen. "Allerdings geht es hauptsächlich um das Vorurteil, dass es bei uns nur ums Bier trinken geht", sagt er. "Mit den Waffen haben die meisten keine Probleme."

Das KontrollnetzDie Bonner Polizei hat viel Erfahrung im Umgang mit Waffen aus privater Hand: Gerade erst wurden im Bonner Polizeipräsidium wieder 200 Lang- und Kurzwaffen mit einigen hundert Kilogramm Munition aus dem Verkehr gezogen, erklärte Bernd Müller, Dezernent für Waffenrecht bei der Bonner Polizei. Viele Besitzer würden mit der freiwilligen Abgabe ihrer Waffen der Pflicht entgehen, den Bestimmungen des verschärften Waffenrechts zu folgen und einen teuren Sicherheitsschrank anzuschaffen.

Die Profis verhielten sich allerdings in der Regel vorbildlich, nahm Müller Sportschützen und Jäger in Schutz: "Die haben großes Interesse daran, ihre Waffen behalten zu dürfen und verhalten sich daher eigentlich immer vorschriftsgemäß." Dafür müssen sie Kaufrechnungen von Waffenschränken vorlegen oder in ihrer Wohnung Fotos davon machen, andernfalls kontrolliert die Polizei vor Ort.

Damit keiner durch das Kontrollnetz rutscht, sind die Schießmeister der Schützenvereine verpflichtet zu melden, wenn ein Waffenbesitzer austritt und sich der Kontrolle des Vereins entzieht, so Walter Honerbach von den Rheinbacher Schützen.

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