"Selbstheilungsprozess der Seelen abwarten"

Nach dem Vorfall am Merler Kindergarten diskutierten Fachleute über "Gewalt im Spiel"

Meckenheim. Nachdem eine von zwei Zwölfjährigen gebastelte Flasche mit explosivem Inhalt in eine Gruppe des Kindergartens Sankt Michael krachte und mehrere Kinder verletzte ( der GA berichtete), lud die evangelische Pfarrerin Angelika Schipper-Zädow zum Diskussionsabend in die "Arche" nach Merl ein zum Thema "Gewalt im Spiel".

Es kamen die Schulleiter Walter Opfermann (katholische Grundschule Merl) und Marion Zappe (Gemeinschaftsgrundschule Merl), Psychologin Jutta Hetzel-Scherer, Mario Becker vom Kommissariat Vorbeugung, Ortsvorsteherin Erika Meyer zu Drewer und die Schülerin Helen Kölsch. Diskussionsleiter war Jugendleiter Bernd Rafflenbeuel.

Auf die Frage, ob die Spiele der Kinder heutzutage brutaler seien, erinnerte sich Schipper-Zädow an die eigene Jugend "mit Indianerspielen". "Vielleicht habe ich nur Glück gehabt" - die Jungs hätten damals ihre Messer dabei gehabt. Opfermann beobachtet in seiner Schule, dass es den Schülern immer schwieriger fiele, zu verlieren. Kinder würden nicht mehr nach ihren Beweggründen gefragt, monierte Zappe.

Helen Kölsch kennt Gewalt - vornehmlich zwischen Schülern des Meckenheimer Gymnasiums und der Hauptschule. Becker wies darauf hin, dass Lösungen von Streitigkeiten zwar Aufgabe der Schulwelt seien, jedoch in einem umgekehrten Verhältnis zur Familienwelt der Jugendlichen stehen könnten. Er zitierte einen Schüler. "Wenn ich in mein Getto zurück komme, muss ich beweisen, dass ich gefährlich bin."

Konkret wurde die Psychologin, die den Eltern der betroffenen Merler Kinder riet, den Selbstheilungsprozess der Seelen abzuwarten. "Die Kinder sind verletzt, akzeptieren aber, dass ihnen etwas passieren kann." Eltern erschreckten weitaus mehr. Wenn sie hysterisch, hektisch und aufgeregt reagierten, halle das in den Kindern länger nach. Gelassenes Abwarten, "ruhig vier Wochen lang", gebe dem Selbstheilungsprozess eine Chance - um so besser, als die Kinder in einer Gruppe mit der gleichen Erfahrung aufgefangen wären.

Auf die Frage, ob das Steinbücheler Viertel überhaupt kindgerecht sei, erinnerte die Ortsvorsteherin an die unterschiedlichen Ansprüche der Anwohner: "In der Kleinkindphase wollen die Eltern in der Nähe Sandspielplätze, später Bolzplätze." Noch später wollten sie gar keinen Kinderlärm. Schipper-Zädow mahnte in Meckenheim "urbanes Leben" an. Es fehle ein Treffpunkt, wo sich alle Generationen treffen könnten.rom

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