"Sibi schlägt Wellen" nicht nur mit Wasser-Spielen

"Ein gesellschaftliches Problem" - Schwimmunterricht ist eklatanter Mangel

"Sibi schlägt Wellen" nicht nur mit Wasser-Spielen
Foto: Frank Homann

Bad Honnef. Sibi-Schüler Niklas Franzke sorgte für die Sensation. Der Achtklässler kletterte ins knallgelbe Kanu. Allerdings nicht auf, sondern über der Wasseroberfläche. Der 14-Jährige sprang mit seinem "Bötchen" vom Dreier im Inselfreibad. Der reinste Nervenkitzel.

Wie eine Fontäne schoss das Wasser nach oben, und mit ihm das Kanu. Das Sibi schlug am Freitag Wellen. Im wahrsten Sinne des Wortes - und im übertragenen: Es ging es auch darum, dass den rund 1 000 Schülern kein Schwimmunterricht mehr erteilt werden kann.

Die Schüler hatten den ganzen Vormittag das Freibad für sich. Zu Wasser, zu Lande, und ja, auch aus der Luft. Denn zu "Flugvorführungen" setzte nicht nur "Kanu-Springer" Niklas an. Das Sprungbrett war dauernd belegt. Dann pfiff Sportlehrer Hagen Kretschmer den "Wasserbomben-Contest" an.

Da gab es die ulkigsten Verrenkungen mit Bauch, Beine, Arme, Po und viel Spaß. Der war auch schon garantiert beim direkten Wettbewerb Lehrer gegen Schüler beim Surfboard und bei der Kleiderstaffel der Klassen fünf und sechs, bei dem die Mädchen und Jungen über ihre Badesachen noch Hemd oder Rock gezogen hatten.

"Wir wollen Kinder ans und ins Wasser bringen", meinte der Fachbereichsleiter Sport, Hagen Kretschmar. Deshalb führte das Sibi seinen fünften "Wasser-Tag" durch. Die Schüler genossen die Freibad-Erholung nach dem Prüfungsstress. Aber das Sibi wollte auch sonst "Wellen schlagen". Hagen Kretschmar: "Wir möchten auf einen Missstand aufmerksam machen. Unsere Schule mit tausend Schülern kann nicht mehr methodisch Schwimmen vermitteln - wie es jedoch in den Richtlinien des Lehrplans von NRW vorgesehen ist. Dabei hat der Sport mit drei Stunden einen hohen Stellenwert bei uns."

Grund der Misere: Nachdem das Honnefer Hallenbad geschlossen hatte, fuhren die Sibi-Schüler zunächst nach Königswinter. Nachdem aber auch noch das Oberpleiser Bad dichtgemacht wurde, war im bisherigen Ausweich-Pool in der Königswinterer Altstadt kein Platz mehr für die Klassen aus Honnef.

"Unser Ziel ist es, die drei Stunden zusammenzupacken und ein Hallenbad zu finden, in dem wir Unterricht erteilen können. Aber wir finden keins im erreichbaren Umkreis. Das ist ein gesellschaftliches Problem. Die Kommunen haben kein Geld mehr und schließen ihre Bäder. Die Leidtragenden sind die Kinder. Für eine Stadt, die am Rhein liegt, ist es ein Skandal, dass es kein Hallenbad gibt, zumal in Zeiten, in denen die DLRG über immer mehr Badeunfälle im Rhein klagt. Mit der auslaufenden fünften Klasse sind wir kein einziges Mal schwimmen gewesen", bedauerte der Oberstudienrat.

Bernd Zettelmeyer, der stellvertretende Vorsitzende der Schulpflegschaft, pflichtete bei: "Wir haben den Eindruck, dass der Anteil der Nichtschwimmer steigt." Dabei sei das Sibi weniger betroffen, so Kretschmar. "Die Grundschulen machen ihre Sache gut. Und die Eltern sorgen dafür, dass die Kinder das Schwimmen erlernen."

Aber gerade in Schulen mit vielen Schülern mit Migrationshintergrund sei das ein Problem. "Wir haben 90 Prozent der Zehntklässler so geschult, dass sie 600 Meter am Stück kraulen können. Es reicht nicht, sich ein bisschen über Wasser halten zu können. Schwimmen ist ein gesunder Sport. Wer das in der Jugend richtig erlernt hat, bleibt später dran."

Das Freibad sei keine Alternative. Kretschmar: "Im Hallenbad ist eine andere Lernsituation." Bernd Zettelmeyer sagte: "Wir haben bereits alles probiert und warten weiter auf ein Angebot eines Bades. Aber uns ist das Wasser ausgegangen." Am Freitag natürlich nicht. "Wir haben das Bad exklusiv für uns. Die Stadt hat uns beim Transport der Geräte zum Freibad unterstützt. Die Zusammenarbeit mit dem Schwimmmeister-Team ist hervorragend", betonte Hagen Kretschmar.

Die Schüler des Leistungskurses Sport und die Sportlehrer hatten "Sibi schlägt Wellen" bestens vorbereitet. Unterstützung gab es auch von Vereinen. Dicht umlagert war auch die Tauchschule. Tobias Hogrebe aus der Ersten Mannschaft des HFV und Sibi-Abiturient 2008 spielte mit den Schülern Fußball. Stephan Blank und Tobias Jesse und all die anderen Wasserrutschen-Fans jagten derweil mit Karacho durch die Röhre. Sibi schlug eine Menge Wellen.

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