Neue Schau in Königswinter eröffnet Ausstellung im Siebengebirgsmuseum widmet sich dem „Badespaß am Rhein“

Siebengebirge · Sie waren äußerst beliebt und gaben manches Mal auch Anlass heftiger Diskussionen um die Sittlichkeit: Badeschiffe und Strandbäder am Rhein. Das Siebengebirgsmuseum zeigt dazu jetzt eine neue Ausstellung- mit überraschenden und vergnüglichen Einblicken.

 Inmitten der historischen Badeanstalt: Museumsleiterin Sigrid Lange (r.) und Kuratorin der Ausstellung Christiane Lamberty.

Inmitten der historischen Badeanstalt: Museumsleiterin Sigrid Lange (r.) und Kuratorin der Ausstellung Christiane Lamberty.

Foto: Frank Homann

Eintauchen ins Badevergnügen: Im Siebengebirgsmuseum wurde die Sonderausstellung „Badespaß am Rhein“ eröffnet. Wegen Corona mit großer Verspätung, aber das Team um Leiterin Sigrid Lange bekam dennoch eine punktgenaue Wasserlandung hin: Das neue Hallenbad steht und die Freibäder im Siebengebirge öffnen auch bald. Aber wie war das eigentlich bei Uroma und Uropa?

Die Schau mit zahlreichen Fotos, Bildern, Dokumenten und Installationen bietet einen vergnüglichen Streifzug durch die spannende Geschichte des Badens am Rhein vom ausgehenden 18. bis ins 20. Jahrhundert, vom Springen „puddelrüh“ ins kühle Nass über das Schwimmen in züchtiger Badebekleidung in Badeschiffen und Strandbädern bis hin zum Freibad. Einfach sehenswert.

Betrachter fühlen sich inmitten der historischen Szenerie

Wie im Badeschiff fühlt sich der Betrachter gleich am Eingang. Die Innenansicht dieser überdachten Plansche, die bis 1933 am Rheinufer in Königswinter lag, gibt die Kulisse ab. Das Tragwerk dieser künstlerischen Installation ist der originalen Ansicht aus dem Jahr 1925 nachempfunden: Zwei schaulustige Damen in langen Röcken beobachten ebenso wie Besucher in Badekleidung der Zeit vom Rand aus die Szenerie im Becken.

Der Schwimmmeister erteilt einem Kind gerade Unterricht. Mit einer Seilkonstruktion gesichert bewegt sich sein Schüler im Wasser. Über der Mitte des Bassins hängt eine Schaukel, auf der ein junges Mädchen sitzt und ganz offensichtlich den Wasserspaß genießt. Aus dem Jahr 1901 ist wegen dieser Wippe eine Beschwerde dokumentiert: Ein Besucher monierte damals: „Eine Badeanstalt ist keine Turnhalle.“

Ein erstes Badeschiff, die „Maria“, gab es 1836 in Königswinter. Nach außen war es geschlossen, innen konnten die Badegäste in den Einzelkabinen, die vermutlich ein Gitter als Schutz hatten, direkt ins Wasser tauchen – so war im offenen Fluss ein diskretes und vor allem gefahrloses Bad möglich. Kuratorin Christiane Lamberty sagte beim Eröffnungsvortrag: „Die frühe Badebewegung hatte ihre Wurzeln im medizinischen Nutzen kalter Bäder.“

Frühe Badebewegung war medizinischer Natur

Es gab aber auch Kabinen mit warmem Wasser. Das Badeschiff ersetzte nämlich auch die noch fehlenden Badezimmer in den Gasthäusern. Ob die „Maria“ identisch ist mit jenem Badeschiff, das Familie Bauer ab den 1850er Jahren führte, ist nicht mehr nachzuvollziehen. 1891 übernahm Witwe Reinarz das Badeschiff mit acht Kabinen, das sie später durch Kopplung mit einem größeren Schiff erheblich, nämlich auf 31 Meter Länge, vergrößern ließ. In der Mitte erhielt es auf diese Weise ein Schwimmbassin. Ein Hochwasser brachte diese Bade- und Schwimmanstalt 1926 zum Sinken.

Strandbad eröffnete 1933

An der Installation dieses Schiffes prangt ein großes Foto mit hübschen Badenixen aus Königswinter, zu denen auch die spätere Abgeordnete des Preußischen Landtags, Emma Bachem, zählt. Das Badeschiff wurde überflüssig, als 1933 ein Strandbad im Norden Königswinters eingerichtet wurde.

Das Schwimmen galt da längst als Körperertüchtigung. Nach 1800 hatte es sich mit der Turnbewegung etabliert. „Neben zahlreichen Militärbadeanstalten entstanden auch zivile Schwimmanstalten, so 1826 in Bonn“, so Christiane Lamberty, die Badeschiffe wurden ausgebaut. Im 20. Jahrhundert verloren die engen, dunklen Schiffe aber an Attraktivität: „Raus in die Sonne“ lautete die Devise.

Diskussionen um die Freizügigkeit

Strandbäder wurden eröffnet, von Oberkassel bis Honnef. Lamberty: „Mit ihnen warben die Rheinorte um die Gunst der Besucher.“ 1912 entstand in Oberkassel/Oberdollendorf das erste Strandbad mit Umkleide und Restauration. Tausende zog es hierher. Diskussionen entzündeten sich um die Themen Freizügigkeit und Geschlechtertrennung. Sie schafften es nicht nur auf die Fuldaer Bischofskonferenz, sondern auch auf die Tagesordnung der hiesigen Dekanatsversammlungen. Leserbriefe in Zeitungen machten Stimmung.

Wirbel um die Sittlichkeit gab's schon früher. Südlich von Königswinter existierte eine Wildbadestelle – mit Erlaubnis des Bürgermeisters. Spaziergänger, die das störe, sollten „woandershin schauen“. Schon 1907 beklagte sich ein Bürger über die Schamlosigkeit der Badenden dort, die nackte Tänze aufführten.

Auch in Honnef wurde die Sittlichkeit Teil der Ratssitzungen, denn unter den Herren waren Anhänger des Volkswartbundes, die sich die Bekämpfung der Badeunsitten auf die Fahne geschrieben hatten. In Familienbädern waren Badeanzüge für Männer gefordert, wie einer in der Ausstellung auf einer Leine hängt – mit Oberteil und einem Stoffeinsatz im Schritt. Das Teil in Schwarz entsprach dem „Zwickelerlass“ von 1931 von Reichskanzler Bracht, der anstößige Badebekleidung und Nacktbaden untersagte.

Ob mit oder ohne Zwickel – auch in Honnef und Rhöndorf blühten die Badefreuden. Auf der Insel Grafenwerth entstand 1938 das Thermalwasser-Bad. 1953 schenkte Unternehmer Lemmerz den Königswinterern das Freibad. Auch die Wasserverschmutzung im Rhein führten in den 60er Jahren zum Bau von Hallenbädern. Das Schwimmen im Rhein war Geschichte.

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