Interview mit Sara Braun 21-Jährige absolviert Pilotenausbildung parallel zum Studium

BAD HONNEF · Eher wird eine Frau Boxweltmeister im Schwergewicht als Kapitän bei der Deutschen Lufthansa", prophezeite einst Alfred Vermaaten, der ab 1956 mehr als 25 Jahre lang Leiter der Verkehrsfliegerschule der Lufthansa war.

 Die Privatpiloten-Lizenz für einmotorige Flugzeuge hat sie schon. Sara Braun peilt als nächstes den Verkehrspilotenschein an.

Die Privatpiloten-Lizenz für einmotorige Flugzeuge hat sie schon. Sara Braun peilt als nächstes den Verkehrspilotenschein an.

Foto: Frank Homann

Er hat sich gewaltig getäuscht: Im Jahr 2000 übernahm die erste Kapitänin der Lufthansa ein Cockpit. Allerdings liegt der Frauenanteil mit 300 Pilotinnen - davon 80 Flugkapitäninnen - bei der deutschen Airline bei gerade mal sechs Prozent.

Davon lässt sich die 21-jährige Sara Braun nicht einschüchtern. Sie studiert "Aviation Management" an der International University of Applied Science in Bad Honnef (IUBH) und absolviert parallel eine Pilotenausbildung. Über ihre Motivation, ihre Erfahrungen und ihre Ziele spricht sie im Interview mit Saskia Sarrazin.

Wie sieht eine gewöhnliche Woche bei Ihnen aus?
Sara Braun:
Unter der Woche gehe ich, wie jeder andere auch, zu den Vorlesungen an der IUBH. Dort habe ich dieses Semester zehn Kurse belegt. In meiner freien Zeit, zum Beispiel abends, lerne ich dann für meinen Flugschein. Am Wochenende fliege ich meistens.

Die Pilotenausbildung ist also nicht direkt in das Studium integriert?
Braun:
Nein, das Studium und die Pilotenausbildung haben eigentlich nichts miteinander zu tun. Ich habe mich für beides separat beworben.

Lässt sich beides gut vereinbaren?
Braun:
Ja, die Uni stellt mich zum Beispiel frei, wenn ich einen Termin an der Flugschule habe. Es gibt auch die Möglichkeit, dass ein Fluglehrer von dort nach Bad Honnef kommt und mir Theorieunterricht hier an der Uni gibt.

Haben Sie denn auch genügend Freizeit?
Braun:
Ja, das geht. Ich spiele zum Beispiel auch noch Saxofon in einem Orchester. Es ist eine Frage des Zeitmanagements, ich muss mich schon organisieren.

Was kam zuerst, die Entscheidung für das Studium oder für die Ausbildung?
Braun:
Für die Pilotenausbildung. Ich hatte ursprünglich nach Flugschulen gesucht und bin dann auf den Studiengang in Bad Honnef gestoßen.

Wie weit sind Sie mit Ihrer Pilotenausbildung?
Braun:
Ich habe meine Privatpiloten-Lizenz und darf einmotorige Maschinen fliegen. Da muss dann auch kein Fluglehrer dabei sein, und ich kann Freunde mitnehmen. Für die nächste Ausbildungsetappe brauche ich etwa 150 Flugstunden, jetzt bin ich bei 80. Ich möchte meinen Pilotenschein, der berechtigt, große Verkehrsflugzeuge zu fliegen, dann gerne zeitgleich mit meinem Bachelor-Abschluss in der Tasche haben.

Die IUBH bietet auch einen Master-Studiengang in "Aviation Management" an. Wäre das eine Option für Sie?
Braun:Im Moment eher nicht, ich weiß es aber noch nicht. Erst mal möchte ich mich bei Airlines bewerben. Dort wird man dann weiter geschult, um für die verschiedenen Flugmuster zugelassen zu werden.

Wie sind die Aufnahmebedingungen für eine Pilotenausbildung?
Braun:
Es zählen vor allem die medizinischen Voraussetzungen, die körperliche Tauglichkeit, zum Beispiel das Lungenvolumen. Das muss alles vorher getestet werden, man wird richtig auf den Kopf gestellt.

Haben Sie eine Wunsch-Airline, bei der Sie gerne arbeiten würden?
Braun:
Nein, gar nicht. Da bin ich relativ offen. Ich bin mir auch noch nicht sicher, ob ich nach dem Studium nicht vielleicht doch ins Management möchte. Fliegen kommt meinem Traumberuf natürlich näher, aber mittlerweile bin ich vom Studium so angetan, dass ich mir auch einen Job im Management vorstellen könnte.

Die Arbeit als Pilotin wäre aber die erste Wahl?
Braun:
Ja, das ist schon mein Traum. Das würde ich dann nebenbei weiter versuchen. Es ist allerdings schwer, in den Beruf reinzukommen, weil der Markt für Piloten momentan schlecht ist. Es gibt einfach schon so viele. Daher kam auch meine Entscheidung, zusätzlich "Aviation Management" zu studieren.

Woher kommt Ihr Interesse fürs Fliegen?
Braun:
Das kann ich überhaupt nicht sagen. Es kam einfach irgendwann, als ich noch ein Kind war.

Gibt es Piloten in Ihrer Familie oder Ihrem Umfeld?
Braun:
Nein, mein Vater arbeitet im Management und meine Mutter ist Arzthelferin. Da gibt es keine Schnittpunkte. Mein Vater interessiert sich aber auch für Flugzeuge. Vielleicht hat es ein bisschen damit zu tun.

Weibliche Piloten sind ja stark unterrepräsentiert. Bei der Lufthansa, bei Lufthansa Cargo und Germanwings gibt es nur sechs Prozent Pilotinnen. Schlägt sich das auch in Ihrer Ausbildung nieder?
Braun:
Ja, da sind die Männer in der Überzahl. Im Studiengang aber haben wir genauso viele Frauen wie Männer, damit hätte ich nicht gerechnet.

Warum, denken Sie, gibt es so wenige Pilotinnen?
Braun:
Das war ja schon immer eher eine Männerdomäne. Die Hemmschwelle für Frauen ist dann größer als bei manch anderem Beruf. Anders kann ich es mir nicht erklären. Denn ich glaube, es gibt genug Frauen, die sich dafür interessieren.

Hat sich diese männliche Dominanz schon mal negativ bemerkbar gemacht?
Braun:
Überhaupt nicht. Bisher fanden alle immer gut, dass ich eine Pilotenausbildung mache. Ich weiß natürlich nicht, was auf mich zukommt, aber ich persönlich habe noch keine schlechten Erfahrungen gemacht.

Welche Rolle spielt die Karriere für Sie?
Braun:
Im Moment hat sie oberste Priorität.

Das Vereinbaren von Kindern und Karriere scheint in Deutschland für Frauen ein heikles Thema zu sein. Können Sie sich trotz Ihres jungen Alters schon vorstellen, mal eine Familie zu gründen und für die Kinder die Karriere zurückzustellen?
Braun:
Ich kann mir vorstellen, mal Kinder zu haben. Viele Airlines sind recht frauenfreundlich eingestellt und haben Mütterprogramme, so dass man Beruf und Familie unter einen Hut bringen kann und zum Beispiel statt zwei Wochen nur ein paar Tage unterwegs ist oder eher für Kurz- statt Langstrecken eingesetzt wird.

Und im Idealfall ist da auch noch ein anderer Elternteil.
Braun:
Genau, im besten Fall (lacht).

Was reizt Sie besonders am Pilotenberuf?
Braun:
Die Sicht von oben! Die Lust am Reisen spielt auf jeden Fall auch eine Rolle. Ich finde es interessant, andere Kulturen kennenzulernen und würde gerne mal nach Asien und Südamerika fliegen.

Was hätten Sie gemacht, wenn Sie sich nicht für die Pilotenausbildung entschieden hätten?
Braun:
Ein BWL- oder Managementstudium wäre auch in Frage gekommen. Kurz vor und nach dem Abitur war ich erst mal verunsichert und habe mir vieles angeschaut. Letztlich bin ich aber doch zu dem zurückgekommen, was ich schon als Kind machen wollte.

Zur Person

Sara Braun, Jahrgang 1992, stammt aus Wipperfürth bei Gummersbach und studiert seit September 2012 im Rahmen des "Flying Bachelor"-Programms "Aviation Management" an der International University of Applied Science in Bad Honnef (IUBH). Parallel durchläuft sie bei der Air Alliance Flight Center GmbH im Siegerland eine Pilotenausbildung. Ihr Praxissemester, fester Bestandteil des Bachelor-Studiengangs, wird Sara Braun bei Condor in Frankfurt/Main absolvieren.

Studiengang "Aviation Management"

Insgesamt wird der Studiengang "Aviation Management" fünfmal in Deutschland angeboten. Wer das Fach im Rahmen des "Flying Bachelor"-Programms an der IUBH studiert, erhält zusätzlich zum ausschließlich englischsprachigen Studium eine Verkehrspilotenausbildung bei der Air Alliance Flight Center GmbH, die entweder im Siegerland oder in Hangelar stattfindet.

Die Theoriekenntnisse erwerben die Studenten und Studentinnen per Fernkurs auf dem Campus. Diese Doppelqualifikation ermöglicht es den Absolventen und Absolventinnen, sowohl im Management als auch in den Cockpits einer Airline zu arbeiten.

Allerdings müssen Interessierte etwas tiefer in die Tasche greifen: Knapp 60.000 Euro kostet alleine die Pilotenausbildung, die die Studierenden neben den etwa 4600 Euro Studiengebühren entrichten müssen.

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