Messerstich in die Brust 24-jährige Bad Honneferin zu drei Jahren Haft verurteilt

Bad Honnef/Bonn · Weil sie ihrem Freund ein japanisches Sushimesser in die Brust gestoßen hatte, wurde eine 24-jährige Bad Honneferin vor dem Bonner Landgericht wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt.

 Die 24-jährige Bad Honneferin erhielt drei Jahre Haft für einen Messerstich in die Brust ihres Freundes.

Die 24-jährige Bad Honneferin erhielt drei Jahre Haft für einen Messerstich in die Brust ihres Freundes.

Foto: dpa/Oliver Berg

 „Erst als das Messer steckte, wurde ihr bewusst, dass ihr Tun eine erhebliche Gefahr darstellt“, fasste Jens Rausch die Reaktion einer 24-Jährigen zusammen, die Sekundenbruchteile zuvor ihrem Freund ein japanisches Sushimesser in die Brust gestoßen hatte. Der Vorsitzende Richter der 1. Großen Strafkammer am Bonner Landgericht hatte die junge Frau gerade zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt und skizzierte in der Begründung der Kammerentscheidung noch einmal die Eckpunkte eines alles andere als alltäglichen Verbrechens.

Opfer und Täter haben psychischer Probleme

Die Tat sei für beiden Beteiligte – Opfer und Täter – überraschend gekommen: Der Stich war der Höhepunkt einer höchst emotionalen Situation und hatte sich seitens der Verurteilten in einem Zustand erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit ereignet. Ihr Partner hatte ihr kurz zuvor mehr oder minder deutlich signalisiert, dass er die gemeinsame Beziehung beenden wollte. Eine Beziehung, die offenbar wegen psychischer Probleme beider Beteiligter von Anfang an mit einer hohen Hypothek belastet war.

Denn sowohl der 19 Jahre alte Mann als auch seine fünf Jahre ältere Freundin hatten nach einer schwierigen Jugend mit psychischen Problemen zu kämpfen. Beide hatten auch einen guten Teil ihrer bisherigen Leben in Heimen verbracht, das Opfer lebte sogar noch zum Zeitpunkt des Verbrechens in einer solchen Einrichtung. Kennengelernt hatte sich das Paar über eine Bekannte des Stiefvaters der Verurteilten: Bei einem Gartenfest sei ihr der ruhige Junge aufgefallen, hatte die Frau im Verlauf des Verfahrens als Zeugin ausgesagt.

Sie, die sie wohl in früheren Jahren bereits Opfer sexueller Übergriffe gewesen ist und die vier ihrem 16. Geburtstag folgenden Jahre – allein und ohne Schulbesuch – in einem Appartement ihrer Großmutter verbrachte, war von der Tatsache angetan, für jemanden sorgen zu können: „Wie ein Kätzchen, das man auf der Straße findet“, sei ihr ihr neuer Freund vorgekommen.

Offenbar sah sie sich mit extremen Gefühlen konfrontiert, als der junge Mann ihr an jenem Abend eröffnete, die Beziehung nicht weiterführen zu wollen. Da sei womöglich eine toxische Mischung aus Verlustangst und Kränkung entstanden, so der Richter. Der ja eigentlich als unterlegen empfundene Partner träfe plötzlich eine Entscheidung, die das ohnehin geringe Selbstwertgefühl der Frau komplett zum Kollabieren brachte. „Das was ihr Stabilität gab, sollte ihr entzogen werden“, so Rausch.

In dieser Gemengelage wurde dem jungen Paar nun die Leidenschaft der Frau für Messer zum Verhängnis: Das scharfe Metall würde ihr ein Gefühl von Ruhe und Geborgenheit vermitteln, hatte die Verurteilte schon früh im Prozess ausgesagt. Bereits in der Phase der selbst gewählten Isolation habe sie – womöglich als Reaktion auf im Heim erlebte Übergriffe – oftmals ein Messer mit ans Bett genommen. Ein solches, vielen Menschen eher befremdlich erscheinendes Verhalten, sei gar nicht so ungewöhnlich, hatte ein Gutachter während des Verfahrens bestätigt. Am Tatabend muss dieser Tick aber völlig aus dem Ruder gelaufen sein: Bereits längere Zeit vor dem Stich hatte sie das Messer aus seiner Verpackung entnommen und damit herumgespielt.

Frau nahm oftmals ein Messer mit ins Bett

Ein Verhalten, dass dem Opfer zwar nach seinem Bekunden „ein mulmiges Gefühl“ bereitete, dem er aber, da er seine Noch-Partnerin ja kannte, keine große Bedeutung beimaß. Erst, als er das Messer in seiner Brust spürte, wurde wohl beiden Beteiligten die Dramatik der Lage klar. Während die Frau sofort den Notruf anrief, ging der Mann mit dem Messer in der Brust hinunter auf die Straße.

Trotz der Schwere der Verletzungen – der Stich verfehlte das Herz nur um wenige Zentimeter und die Lungenarterie sogar nur um einige Millimeter – ist die Frau lediglich wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt und verurteilt worden. Weil sie sofort nach dem Stich den Rettungsdienst rief, ging bereits die Anklage davon aus, dass sie von einer möglichen Tötungsabsicht wieder zurückgetreten ist. Dieser Argumentation ist nun auch die Kammer gefolgt.

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