Wanderung entlang des Rheins 850 Kilometer bis ins Siebengebirge

Bad Honnef · Haysam Ghaleb will dem Rhein von der Quelle bis zur Mündung folgen und hat am Donnerstag das Siebengebirge durchquert. Auf seiner Tour lernt er viele interessierte und hilfsbereite Menschen kennen.

 Eine Wanderung von 1230 Kilometern: Sam läuft einmal den Rhein entlang, von der Quelle bis zur Mündung.

Eine Wanderung von 1230 Kilometern: Sam läuft einmal den Rhein entlang, von der Quelle bis zur Mündung.

Foto: Frank Homann

Eigentlich wollte er die ganze Zeit laufen, und zwar ausschließlich. Das hatte er sich vor seiner Tour fest vorgenommen. Doch nach 300 Kilometern hat Haysam Ghaleb dann doch seine „Prinzipien etwas gelockert“. Kurz vor Schaffhausen traf er an einem kleinen Waldweg entlang des Rheins auf einen Vater, der mit seinen zwei Jungs gerade ein Boot ins Wasser ließ. „Komm, steig ein“, sagte der Vater nur, „du kannst mitfahren“. Er nahm das Angebot gerne an, und so fuhr er die letzten Kilometer bis nach Schaffhausen im Boot mit.

„Ich weiß nicht, ob es Glück, Zufall oder Schicksal ist“, rätselt der 26-jährige Schwabe auf seiner Zwischenstation in Bad Honnef, aber es war nicht die erste und wird auch nicht die letzte solcher Begegnungen auf seiner 1230 Kilometer langen Wanderung von der Quelle bis zur Mündung des Rheins sein. In Altenburg, einem „Mini-Kaff“, wie er selbst sagt, war es „menschenleer und wie ausgestorben“, als er an einem Samstagnachmittag ankam. Nur einen Mann mit seinem Hund traf er, und der lud ihn direkt zum Essen ein und bot ihm eine Schlafmöglichkeit an. Dass sich Möglichkeiten wie diese ergeben, ist auch seinem (nicht vorhandenem) Plan zu verdanken: „Ich stehe morgens auf und habe keinen Plan, wo ich abends bin“, gibt Sam, wie er sich den Leuten vorstellt, zu. „Ich lasse es einfach auf mich zukommen.“

Wenn sich mal keine Schlafmöglichkeit bietet, sucht sich der Schwabe einen schönen Platz, um sein Zelt aufzuschlagen. Einem anderen Prinzip ist er bis jetzt treu geblieben: „Ich klingel nirgends.“ Allerdings: „Wenn die Leute etwas anbieten, nehme ich das gerne an.“ So konnte er bei strömendem Regen in der Schweiz noch in dem Heim eines Fischerclubs schlafen; eine seiner ersten Stationen war ein Kloster, wo er übernachten konnte. Quasi als Gegenleistung bietet er jedes Mal seine Hilfe an. So pflückte er Kirschen bei einem Bauern oder schleppte ein anderes Mal Steine

„Mein Budget ist klein, ich will Leute kennenlernen“, sagt er. Das passiert automatisch. Mit seinem 23 Kilo schweren Rucksack, zu Beginn der Tour waren es noch 27, ist der sympathische Schwabe, dessen Vater aus Ägypten stammt, entlang des Rheins nur schwer zu übersehen. „Ich treffe eigentlich jeden Tag wen.“ Und wenn nicht, hat er Zeit, um sein Tagebuch zu schreiben. „Das ist das Wichtigste. Ich könnte alles verlieren, nur das Tagebuch nicht“, hebt er die Bedeutung hervor. Nicht nur er hält darin seine Eindrücke fest, die Leute, die er trifft, schreiben ebenfalls dort hinein. „So kommen viele Geschichten und am Ende auch viele schöne Erinnerungen zusammen“, freut er sich. Mit nur drei bis fünf Euro kommt er am Tag aus. „Das reicht fürs Essen“, sagt er.

Warum er den Rhein ausgewählt hat, hat einen einfachen Grund: „Als ich in Bad Säckingen gewohnt habe, bin ich an den Rhein gegangen, um abzuschalten.“ Jetzt, während der Reise, staunt er über die Veränderung des Flusses. Angefangen dort, wo der Rhein noch einen Meter breit und er einfach durchgelaufen ist, bis zu den vielen Wasserwerken, den verschiedenen Landschaften, den Häfen, aber auch der Industrie. Der Grund für seine drei Monate lange Wanderung: „Leute kennenlernen. Und ich wandere gerne.“

Sam genießt die Ruhe seines Urlaubs. „Ich bin froh, dass ich nicht erreichbar bin, oder zumindest nur, wenn ich es will.“ Einmal in der Woche würde er aber trotzdem mit seiner Mutter telefonieren, die von dem Plan zunächst gar nicht so begeistert war. „Du bist doch nicht ganz dicht. Aber mach', was du willst, hat sie gesagt“, erzählt er mit einem Lachen.

Die Idee für eine lange Wanderung hatte er schon vor vier Jahren. „Lange hab ich mich nicht getraut“, so der Konditor. Anfang Juni dann, da passte es auch von der Arbeit her, setzte er seinen Beschluss recht kurzfristig in die Tat um. Seitdem schafft er rund 120 Kilometer in der Woche, acht bis neun Stunden ist er pro Tag unterwegs. Bis Mitte September hat er Zeit, und aktuell sieht es gut aus, dass er bis dahin die Rheinmündung in Rotterdam erreicht hat. Sein Wunsch, den er sich spätestens da erfüllen will: „Einmal noch mit dem Frachtschiff über den Rhein fahren.“ Bisher hatte er noch nicht die Möglichkeit dazu.

Um die Mündung noch rechtzeitig zu erreichen, schafft er es nicht immer, alle Städte und Sehenswürdigkeiten länger zu besuchen und zu besichtigen. So auch an diesem Nachmittag, wo er nur kurz in Bad Honnef bleibt. Bis zum Abend will er noch Bonn erreichen. Doch: „Es ist nicht das letzte Mal, dass ich den Rhein besuche“, verspricht er. Vielleicht schafft er es ja beim nächsten Mal, etwas länger zu bleiben.

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