Führung zum Jahrestag des Hitler-Attentats Adenauer stand schon auf der KZ-Liste

RHÖNDORF · Holger Löttel zog eigens die weißen Handschuhe an. Es war ein ganz besonderer Schlüssel, den der promovierte Historiker den Besuchern des Konrad-Adenauer-Hauses zeigte. Erst mehr als 30 Jahre nach dem Tod des ersten Bundeskanzlers wurde dieser Türöffner in Rhöndorf gefunden: in einer Schublade seines Schreibtischs.

Als der Kölner 1933 von den Nationalsozialisten aus seinem Amt als Oberbürgermeister seiner Heimatstadt verbannt wurde, hatte er den Rathausschlüssel einfach mitgenommen. Löttel, der Leiter von Archiv und Edition der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus, nannte bei der Themenführung zum 70. Jahrestag des Attentats auf Hitler noch einen zweiten wichtigen Hinweis auf dieses einschneidende Ereignis im Leben Konrad Adenauers.

Er hatte in seinem Taschenkalender ein dickes Kreuz hinter den 12./13. März 1933 gemacht. Denn: Nachdem die Zentrumspartei der NSDAP bei der Kommunalwahl am 12. März unterlegen war, wurde Adenauer als Bürgermeister abgesetzt. "Das war ein tiefer Fall für Adenauer - auch sozial und materiell," erläuterte Holger Löttel. "In Köln hat Adenauer Mut bewiesen." Er weigerte sich, Hitler zu empfangen.

Fortan wurde Adenauer verunglimpft, Passanten wechselten die Straßenseite, wenn sie ihn sahen. Ein neu entdecktes Foto von Ende Februar 1933 zeigt ihn noch mit Kölner Jecken auf dem Rathausbalkon. Holger Löttel: "Zwei Wochen später wurde er mit Schimpf und Schande aus der Stadt gejagt."

Der Historiker schilderte die folgenden Stationen Adenauers. In Neubabelsberg etwa wurde Adenauer am Abend des 30. Juni 1934 durch die Gestapo festgenommen. Stichwort: Röhm-Putsch. Nach zwei Tagen im Polizeirevier Potsdam erfolgte kommentarlos die Freilassung.

Mit dem Umzug nach Rhöndorf ist der Vorfall mit dem Badenweiler Marsch verknüpft, der ihm dort als Ständchen gespielt wurde. Die NSDAP legte dies als Verhöhnung des Führers aus. Konrad Adenauer musste den Bezirk erneut verlassen, lebte nun allein in Unkel. "Adenauer wurde gepiesackt. Aber es ging noch nicht um Leib und Leben.

Im Gegensatz zu Kurt Schumacher, der 1933 direkt ins KZ kam", so Holger Löttel. Als der Rechtsausgleich mit Köln erfolgte und Adenauer sich 1937 das Haus am Zennigsweg bauen konnte, hatte er eine "relative Stabilität bis 1940".

Holger Löttel sagte klar: "Konrad Adenauer war nicht am Attentat gegen Hitler beteiligt." Der ehemalige Leipziger OB Carl Goerdeler versuchte erfolglos, ihn für eine künftige Regierung zu akquirieren. "Adenauer hat Abstand gehalten wegen seiner Familie. Er traute der Wehrmacht nicht zu, das Regime von innen zu stürzen. Vielleicht war das ungerecht gegenüber Graf von Stauffenberg und Henning von Tresckow. Aber Adenauer hat die Erfolgsaussichten gewichtet." Nach dem Attentat vom 20. Juli wurde auch er innerhalb der "Aktion Gewitter" festgenommen.

Sein Name stand bereits auf einer KZ-Transportliste. Da gelang es, ihn zu verstecken. Die Gestapo sperrte Ehefrau Gussie ein. Unter psychischem Druck verriet sie den Aufenthaltsort ihres Mannes. Ohne voneinander zu wissen, verbrachten die Eheleute Adenauer im Zuchthaus Brauweiler ihren Tag der Silberhochzeit. Gussie versuchte, sich das Leben zu nehmen. An den Folgen verstarb sie 1948 - kurz bevor für Adenauer eine neue Epoche als Bundeskanzler anbrach.