Wetter im Siebengebirge Am Drachenfels ist es am wärmsten

Siebengebirge · Wie wird das Wetter im Siebengebirge? Ganz so einfach lässt sich das nicht sagen, denn: Nicht überall ist es gleich, an einigen Plätzen im Siebengebirge ist es bis zu zehn Grad kälter als an anderen. Ein Rundgang mit Meteorologe Karsten Brandt.

Meteorologe Karsten Brandt misst mit einem Aspirationspsychrometer die Temperatur in den Rhöndorfer Weinbergen.

Meteorologe Karsten Brandt misst mit einem Aspirationspsychrometer die Temperatur in den Rhöndorfer Weinbergen.

Foto: Frank Homann

Wem es in der kommenden Woche zu heiß werden sollte, wenn das Thermometer noch einmal auf über 30 Grad klettern könnte, darf an verschiedenen Plätzen im Siebengebirge eine erhebliche Abkühlung erwarten. Am Oelberg-Steinbruch, am Stenzelberg oder an den Ofenkaulen ist es an heißen Tagen bis zu zehn Grad kühler als am Rhein.

Meteorologe Karsten Brandt hat zum Termin am Südhang des Drachenfels in Rhöndorf sein Handwerkszeug mitgebracht. Ein Aspirationspsychrometer, das sein Kollege Richard Aßmann in den Jahren 1887 bis 1892 entwickelt hat. Das Gerät ist ungleich größer und schwerer, vor allem aber schöner als das moderne Thermo-Hygrometer, das Brandt auch dabei hat. Das Entscheidende jedoch ist: Beide Messinstrumente zeigen um 10 Uhr am Fuße des Siegfriedfelsens eine Temperatur von 20 Grad.

„Dieser Ort ist der wärmste im Siebengebirge“, erläutert der Meteorologe. Das haben seine stichprobenartigen Messungen der vergangenen Jahre ergeben. Zeitweise hat Brandt bis zu zehn Thermometer im Siebengebirge ausgelegt. Am Drachenfels war es stets am wärmsten. „Die Jahresmitteltemperatur am Südhang beträgt mehr als zwölf Grad. Das wird so schnell nirgendwo in der Region geschlagen“, sagt Brandt. Zum Vergleich: In Bonn lag die Jahresmitteltemperatur im vergangenen Jahr bei 11,2 Grad.

Die Sonne heizt den Reben der Winzer Broel und Pieper so richtig ein. Besonders warm ist es unmittelbar unter dem dunklen Trachyt. Direkt an der Felswand werden an heißen Tagen Temperaturen bis zu 50 Grad gemessen. Dort bleibt es auch in den Nächten deutlich wärmer als zum Beispiel am Ziepchesplatz in Rhöndorf, weil schwere Kaltluft dann den Berghang hinabgleitet und sich an den tiefstgelegenen Stellen im Ort sammelt.

Vom wärmsten Platz geht die Fahrt zum kältesten Ort im Siebengebirge – Richtung Margarethenhöhe und Oelberg. Eine Wanderung hätte in der Nähe der Ofenkaulen vorbeiführen können. Diese Siefen gehören ebenfalls zu den „Kühlschränken“ im Siebengebirgswald. Genauso wie der Steinbruch am Stenzelberg. „Dort ist es teilweise zehn Grad kälter als im Rheintal“, berichtet Brandt. Auch im Jahresmittel sei es an diesen Orten knapp unter neun Grad und somit mehr als drei Grad weniger warm als am Drachenfelshang.

Am Eingang des Steinbruchs am Osthang des Oelbergs – wenige Meter vor dem Sonnenaufgangsblick – zeigt Brandts Thermometer an diesem Morgen eine halbe Stunde nach der Messung am Drachenfels eine Temperaturdifferenz von gut sechs Grad – exakt 13,8 Grad. An der nur hundert Meter entfernten Wand des Steinbruchs ist es nach seiner Infrarotmessung hingegen mollige 24 Grad warm. Die Wetterstation des Meteorologen in Beuel-Bechlinghoven meldet zur gleichen Zeit bereits 22 Grad, wie ein Blick auf sein Smartphone zeigt. „Es ist hier so kalt, weil nur am frühen Morgen ein paar Sonnenstrahlen hinkommen und sich am Fuße des Steinbruchs ein Kaltluftsee bildet“, so Brandt. Es sei sogar kälter als auf dem 843 Meter hohen Kahlen Asten im Sauerland.

Der Wald im Siebengebirge ist für den Meteorologen nicht nur ein Ort der Abkühlung, sondern auch eine „Lebensversicherung für die Region. Der Wald reguliert den Wasserhaushalt“. Man müsse sich nur vorstellen, wenn die Starkregenereignisse der vergangenen Jahre auf unbewaldete Hänge getroffen wären. Der Umbau von Nadelwald in Laubwald sei genau der richtige Weg, weil Nadelbäume viel Wasser zum Boden durchließen.

So angenehm die niedrigeren Temperaturen im Siebengebirge bei heißem Wetter auch sein mögen, bis zu 75 Frosttage in manchen Lagen gegenüber nur 40 Frosttagen an anderen Stellen können auch für Häuslebauer durchaus ein Argument sein, die besonders schattigen Orte zu meiden. Karsten Brandt hat errechnet, dass – je nach Lage – um bis zu 30 oder 40 Prozent höhere Heizkosten anfallen können. Das beste Beispiel ist das alte Drachenfelsrestaurant vor dem Neubau des Glaskubus: Das Betongebäude mit den großen Fensterfronten ließ sich wegen seiner exponierten Lage – niedrige Temperaturen und häufig starker Wind – auf kaum mehr als 14 Grad beheizen. Der Blick war dafür schon damals gut. So hat alles auch seine Schattenseite.

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