Anna-Prozess: Verteidigung will Tagespflegekinder vor Gericht hören
Bad Honnef/Bonn · Für verständnisloses Kopfschütteln unter den Beobachtern des Prozesses gegen die Pflegeeltern der getöteten neunjährigen Anna aus Bad Honnef vor dem Bonner Landgericht sorgte am Donnerstag ein weiterer, bereits seit längerem im Raum stehender Antrag der Verteidigung.
Für verständnisloses Kopfschütteln unter den Beobachtern des Prozesses gegen die Pflegeeltern der getöteten neunjährigen Anna aus Bad Honnef vor dem Bonner Landgericht sorgte am Donnerstag ein weiterer, bereits seit längerem im Raum stehender Antrag der Verteidigung. Offenbar will die 52-jährige Angeklagte unbedingt, dass zwei Kinder, die bei ihr in der Tagespflege waren, sowie die Tochter einer Nachbarin persönlich im Zeugenstand erscheinen müssen.
Die Aussagen der beiden Tagespflegekinder kurz nach der Tat bei der Polizei waren über die vernehmende Polizistin und das Abspielen der Vernehmungsprotokolle in den Prozess eingeführt worden. Die Kinder hatten bei der Polizei unter anderem von Bestrafungsaktionen beim Essen berichtet.
Annas Freundin aus der Nachbarschaft hatte laut deren Mutter mitbekommen, dass Anna in der Badewanne untergetaucht wird. Die vom Gericht aufgeworfene Frage, ob man den Kindern - die Tageskinder waren zur Tatzeit sechs und sieben Jahre alt - eine Aussage vor Gericht wirklich antun muss, beantworteten die Verteidiger der Angeklagten gegensätzlich.
Während die Anwälte des Pflegevaters ausdrücklich klar stellten, dass ihr Mandant dies auf keinen Fall wolle, zog der Verteidiger der 52-Jährigen seinen Antrag nicht zurück: "Sie können davon ausgehen, dass wir uns darüber Gedanken gemacht haben." Aufgrund der rechtlichen Situation ist nun davon auszugehen, dass die Kinder wohl gehört werden müssen.
Vom Tisch ist erst einmal, dass der Prozess um den gewaltsamen Tod Annas in der Badewanne im Juli 2010 ein zweites Mal platzt: Die Richter der Schwurgerichtskammer wiesen gestern den von der Verteidigung der 52 Jahre alten Angeklagten gestellten Antrag auf Aussetzung der Verhandlung aufgrund eines angeblichen formellen Fehlers als unbegründet zurück.
Am letzten Prozesstag hatte der Anwalt moniert, dass eine vierwöchige Verfahrensunterbrechung formell nicht richtig verkündet worden sei. Die Richter ließen nun offen, ob dieser erst am vierten Verhandlungstag nach der Fortsetzung gestellte Antrag nicht sogar rechtsmissbräuchlich und daher unzulässig sei.
Über diese Frage habe nicht entschieden werden müssen, da die Unterbrechung im August eine von allen Prozessbeteiligten - auch der Pflegemutter und ihren Anwälten - "mitgetragene Absprache" gewesen sei, deren Zulässigkeit damals von niemandem beanstandet wurde. Der Prozess wird fortgesetzt.