Königswinter Annas Betreuerin steht ab September vor Gericht

KÖNIGSWINTER/BONN · Vor drei Jahren wurde die neunjährige Anna von ihrer Pflegemutter in Bad Honnef in der Badewanne ertränkt. Und jeder fragt sich seitdem: Wieso nahm die zuständige Betreuerin das Kind trotz zahlreicher Warnsignale nicht aus der Pflegefamilie?

Ob sich die Pädagogin strafbar gemacht hat, will das Bonner Landgericht ab 18. September an voraussichtlich zehn Verhandlungstagen klären. Die Staatsanwaltschaft hat die 46-Jährige angeklagt. Wenn die Jugendamtsmitarbeiterin nach dem bisherigen Plan der 1. Großen Strafkammer vor Gericht steht, wird ihr Annas Mutter als Nebenklägerin gegenüber sitzen.

Das Gericht, das die Nebenklage aus rechtlichen Gründen zunächst abgelehnt hatte, ließ diese nun doch zu. Nicht jedoch ihren Anwalt Björn Seelbach, den Königswinterer SPD-Vorsitzenden und Sachkundigen Bürger im dortigen Jugendhilfeausschuss. Das erklärte Gerichtssprecher Philipp Prietze am Mittwoch auf GA-Anfrage.

Seelbach hingegen hatte der Presse zuvor mitgeteilt: "Obwohl zur Besetzung der Nebenklagevertretung noch Klärungsbedarf besteht, bin ich nunmehr im Verfahren tätig und lasse wie angekündigt mein Mandat im Jugendhilfeausschuss bis zur Beendigung meiner Tätigkeit ruhen." Genau diese Tätigkeit, die er seit 2009 ausübt, ist für das Gericht der Grund, ihn nicht als Vertreter von Annas Mutter beizuordnen.

Denn, wie es in dem Beschluss des Gerichts heißt, es bestehe die Gefahr eines Interessenkonflikts zwischen Seelbach und Annas Mutter: "Es könnte sein, dass die Organisation der Jugendhilfe und Jugendfürsorge durch die Kammer aufgeklärt werden muss." Und dann wäre auch Seelbach in seiner Funktion als Mitglied des Jugendhilfeausschusses betroffen.

Es würde, so das Gericht, auch nicht helfen, wenn Seelbach wie angekündigt dieses Amt ruhen lässt, "denn der drohende Interessenkonflikt ergibt sich aus der Vergangenheit." Wenn Annas Mutter und Seelbach diese Entscheidung nicht akzeptieren, ist das Oberlandesgericht Köln gefragt. Tatsächlich geht es in dem noch nicht eröffneten Verfahren auch um Organisationsfragen im Jugendamt.

Die Staatsanwaltschaft wirft der 46-Jährigen neben fahrlässiger Körperverletzung durch Unterlassen auch Urkundenunterdrückung und Verwahrungsbruch vor. Sie soll nach Bekanntwerden von Annas Tod die Fallakten manipuliert und Teile vernichtet haben. Klar ist jetzt schon: Es wird ein aufwendiger Prozess mit vielen Zeugen, und auch die in Haft sitzenden Pflegeeltern kommen als Zeugen in Betracht. Annas Pflegemutter ist wegen Mordes zu Lebenslänglich verurteilt, ihr Mann zu sechseinhalb Jahren.

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