Tourismus in der Region Aus Expertensicht den Strukturwandel geschafft

BONN · Vor 20 Jahren hatten die Hoteliers in der Region große Sorgen. Immerhin die Hälfte der Übernachtungen machte der Polittourismus aus. Nach dem Bonn/Berlin-Beschluss befürchteten sie große Umsatzeinbrüche, berichtete der Bonner Hotelier Fritz Dreesen.

 Attraktion in der Region: Drachenfels in Königswinter.

Attraktion in der Region: Drachenfels in Königswinter.

Foto: Homann

Doch es kam anders: "Die Zahlen sind glänzend." Der Tourismus in der Region habe großes Potenzial. Eine Studie untermauert dies. Auf Anregung der Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg (IHK) hat die Internationale Hochschule Bad Honnef (IUBH) einen IHK-Branchenreport erstellt. Damit möchten die Beteiligten den Startschuss für neue Projekte geben. Zwischen 1985 und 2012 ist die Zahl der Gäste in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis um 85,3 Prozent sowie die Zahl der Übernachtungen um 54,3 Prozent gestiegen.

"Der Strukturwandel des Tourismus in der Region Bonn/Rhein-Sieg ist geschafft", sagte Dreesen, der auch IHK-Vizepräsident ist. "Wir stehen besser da als vor 20 Jahren", meint Helmut Wachowiak, Fachbereichsleiter Tourismusmanagement an der IUBH. Dabei macht er einen deutlichen Unterschied aus: In Bonn blieben die Gäste kürzer und besuchten Kultureinrichtungen, falls sie nicht wegen eines Kongresses kämen.

Verglichen mit Städten vergleichbarer Größe wie Aachen und Heidelberg sei Bonn sehr viel besser mit Hotelbetten ausgestattet, sagte Kurt Schmitz-Temming, stellvertretender IHK-Hauptgeschäftsführer. Bei den Auslastungen gebe es klare Unterschiede: Von montags bis donnerstags seien die Hotels in Bonn wegen der Geschäftsreisenden gut ausgelastet, am Wochenende die im Rhein-Sieg-Kreis.

"Der Rhein-Sieg-Kreis entwickelt sich mehr und mehr zu einem Ziel für längere Zeiträume", so Wachowiak. Der Natursteig Sieg, der Rheinsteig und das Siebengebirge wirkten auf Wandertouristen anziehend. Als Hauptzielgruppe seien in der Studie, für die knapp 1000 Touristen und 120 Hotelmanager befragt wurden, ältere Paare und Senioren ausgemacht worden.

Noch etwas anderes sei deutlich geworden: "In Zukunft wird der Medizintourismus ein Hauptwachstumsträger sein." Die Gäste kämen überwiegend aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und Russland. Sie blieben im Schnitt zwei bis vier Monate. Ihre Reisegruppe umfasse vier bis sechs Menschen. "Die Hotellerie profitiert von diesem Segment", so Wachowiak.

Als Schwachstelle wertet der Tourismusexperte, dass die Region nicht unter einer einheitlichen Dachmarke erkennbar sei; daran solle jetzt gearbeitet werden. Für Udo Schäfer, Geschäftsführer der Tourismus & Congress GmbH Bonn/Rhein-Sieg/Ahrweiler, ist der Ausbau der regionalen Zusammenarbeit die Basis für die Vermarktung.

So verfüge Bonn über starke Profile als Beethovenstadt, Kunst- und Museumsstadt, UN-Stadt, Konferenzstadt oder Stadt am Rhein. Der Rhein-Sieg-Kreis bediene den Aktiv- und Radtourismus. Aber auch der Polittourismus spiele in veränderter Form noch eine Rolle: Heute allerdings, weil Besucher die Stadt als Wiege der Demokratie kennenlernen wollten, so Dreesen.

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