Geschäftsidee-Wettbewerb Bad Honnefer Schüler mit „Puretato“ im Bundesfinale

Bad Honnef · Schüler aus Bad Honnef überzeugen bei business@school mit einem ökologischen Desinfektionsmittel aus Kartoffeln. Nach dem Sieg beim Landeswettbewerb geht es schon bald ins Bundesfinale.

 Haben es ins Bundesfinale von business@school geschafft: Christoph Weber (v.l.), Nicolai Zander, Yannick Gisbertz und Bela Thile.

Haben es ins Bundesfinale von business@school geschafft: Christoph Weber (v.l.), Nicolai Zander, Yannick Gisbertz und Bela Thile.

Foto: Frank Homann

Gegen Kartoffeln auf dem Teller oder eine ordentliche Portion Pommes haben Bela Thiele (16), Christoph Weber (16), Yannick Gisbertz (17) und Nicolai Zander (18) nichts einzuwenden. Jetzt kamen die vier Sibi-Schüler so richtig auf den Geschmack. Rund um die Knolle entstand ihre eigene Geschäftsidee für den business@school-Wettbewerb. Die Elftklässler machten daraus ihr ökologisches Desinfektionsmittel „Puretato“. Damit holten sie sich den Sieg beim Landesfinale Bonn und die „Fahrkarte“ für das Deutschlandfinale am 22. Juni. Das Siebengebirgsgymnasium schickt somit zum vierten Mal in Folge ein Team in die Endrunde.

Aber in Corona-Zeiten ist alles anders. Statt wie sonst in München werden die Schüler mit acht weiteren Gewinnern der anderen Vorentscheide aus ganz Deutschland digital um den Sieg wetteifern. Auch die Qualifikation erlangten die Sibi-Schüler auf diese Weise. Corona beschleunigte auch ihre Idee. Dass es etwas mit Kartoffeln sein sollte, war bereits vorher klar. „Wir wollten unbedingt etwas machen, das einen echten Mehrwert bringt. Deshalb haben wir nach ökologischen Ersatzstoffen für Dinge gesucht, die es zwar gibt, die aber nicht nachhaltig sind. Dabei sind wir schnell auf die Kartoffel gekommen“, so Teamsprecher Nicolai.

1,5 Millionen Tonnen Kartoffeln landen im Müll

Jedes Jahr, so fanden die Schüler heraus, fallen tonnenweise Abfallkartoffeln an. „1,5 Millionen Tonnen pro Jahr“, so Nicolai Zander, „bei den Landwirten selbst, in den Geschäften, aber auch bei den Kunden.“ Christoph Weber: „Für unsere ersten Versuche mussten die Fenster in der Schule herhalten. Da haben wir uns noch mit dem Lotuseffekt der Kartoffel beschäftigt. Das Ergebnis war aber ernüchternd.“ So konzentrierten sich die Schüler auf andere Eigenschaften der Kartoffel.

Als wegen der Pandemie Desinfektionsmittel plötzlich Mangelware war, machte es Klick bei den Schülern. Nicolai Zander: „Damit war Puretato gesetzt.“ Denn: Aus Kartoffeln kann Ethanol hergestellt werden und daraus Desinfektionsmittel. Auch die Verpackung ist abbaubar – aus Milchsäure wird Biokunststoff hergestellt, in dem „Puretato“ in den Handel kommen soll. „Puretato – das nachhaltige Desinfektionsmittel, Inhalt und Verpackung aus Abfallkartoffeln – 3-fach-Schutz vor Bakterien, Pilzen und speziellen Viren, wirkt schon in 30 Sekunden, ideal für Haut und Flächen“, steht auf der Flasche.

Neue Wege der Team-Arbeit in der Corona-Pandemie

So einfach sich der Aufdruck liest, so beschwerlich war die Erfindung. Freilich, die Sibi-Schüler sind mitten drin im digitalen Zeitalter. Aber die Vorbereitung auf Phase III des Wettbewerbs stellte sie unter Corona-Bedingungen auf eine harte Probe. Was macht das Business, wenn die Schulen dicht sind? Das Sibi-Team ließ sich nicht unterkriegen. Anstatt sich im Team und mit Betreuern und Lehrkräften zu treffen, fanden die Jugendlichen neue Wege der Teamarbeit. Obwohl das Schultor geschlossen war, blieben sie in Verbindung, auch mit ihrem business@school-Lehrer Gregor Pallast und den Betreuern Marco Vietinghoff und René Hohn. Bela Thiele: „Vor allem die Feinabstimmung war am Anfang schon schwierig. Aber sie bot auch die Chance, die digitale Kommunikation gezielter einzusetzen. Wir haben jeden Abend eine Telefonkonferenz gemacht. Und mit einem guten Zeitplan und Durchhaltewillen war es gut zu schaffen.“

Nachdem die Sibi-Schüler die Qualifikation für den Bundesentscheid erreicht hatten, ging es gleich weiter. „Wir setzen die Tipps der Jury um und haben den Ton für die Video-Präsentation neu aufgenommen“, so Nicolai Zander. Dazu konnte das Sibi-Radiostudio genutzt werden – mit Abstand und allen hygienischen Vorkehrungen. Per Videokonferenz stellten beim Landesentscheid die Schüler in sogenannten Elevator-Pitches ihre Geschäftsidee vor und die Juroren anschließend ihre Fragen. „Es ist traurig, dass in diesem Jahr alles ohne Öffentlichkeit ablaufen musste, mit Publikum ist das schöner“, meint der Team-Sprecher. Und außerdem: „Jeder saß zu Hause, sonst begegnen die Teilnehmer den Jury-Mitgliedern persönlich, jetzt konnten wir sie erst beim Zuschalten sehen. Das erhöhte noch den Grad der Aufregung.“

Jury war von Kreativität und Unternehmertum

Die Jury, bestehend aus hochkarätigen Vertretern aus der Wirtschaft, zeigte sich beeindruckt von den Ideen und den durchdachten Businessplänen. „Es begeistert mich immer wieder, welche Kreativität, welches Engagement und wie viel Unternehmertum in den Jugendlichen stecken. Das macht gerade in diesen schwierigen Zeiten unglaublich Mut“, so Jurymitglied Frank Hüppelshäuser von der Deutschen Vermögensberatung AG, der mit Mathias Mogge von der Deutschen Welthungerhilfe, Jochen Schönfelder von der Boston Consulting Group, Katja van Doren von RWE Generation SE sowie Rüdiger von Stengel von Art-Invest Real Estate Management die Vorstellungen der Teams bewertete.

Director business@school Babette Claas: „Nach den Schulschließungen haben wir unser Möglichstes getan, um die Schulen mit Materialien, einer eigenen Arbeitsplattform und verschiedenen Werkzeugen bei der Digitalisierung von business@school zu unterstützen. Dabei sind wir auf eine große Bereitschaft gestoßen: Schüler, Lehrkräfte und Betreuer wollten unbedingt weitermachen.“

Verabredung zu Pommes steht

Den zweiten Platz hinter den Honnefern teilten sich Schüler aus Bonn und Lohmar. Das Team des Friedrich-Ebert-Gymnasiums stellte ein digitales Bestandskundenmanagement für Offline-Businesses vor. Das Team des Gymnasiums Lohmar präsentierte „Pillories“, individuelle Kissen aus nicht mehr getragener Kleidung. Das Desinfektionsmittel aus Kartoffeln aber machte das Rennen. Für den bundesweiten Wettkampf haben sich die vier Entwickler viel vorgenommen. „Vielleicht gibt es ja später, nach Corona, ein Treffen in München für alle Teilnehmer.“ Auf alle Fälle wollen sie sich zu Pommes verabreden. Nicolai Zander: „Wenn wir uns wieder treffen dürfen, gehört das zur Pflicht. Allein schon deshalb, damit die Pommes nicht weggeschmissen werden - davon gibt es ja zurzeit noch mehr Überschuss als sonst.“

Ob die Schüler tatsächlich Unternehmer werden? „Puretato“ – das wäre zu Beginn der Corona-Krise Gold wert gewesen. Yannick Gisbertz: „Zunächst einmal müssen wir das Abitur machen.“ Aber vielleicht kommt ja so etwas Ähnliches wie einst der Kartoffelbefehl von Friedrich dem Großen – nun für Desinfektionsmittel.

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