Kirchen-Jubiläum in Rhöndorf Der ganze Ort ist auf der Straße

RHÖNDORF · Für die Feier 300 Jahre Marien-Kapelle wird die Ortsdurchfahrt halbseitig gesperrt. Festredner und Historiker Hans Peter Mensing wartet in seinem Vortrag mit neuen Erkenntnissen über die Herkunft des wertvollen Altares auf.

 Vom Regen verschont: Unter freiem Himmel fand die Festmesse zu "300 Jahre Marienkapelle" statt. Die Rhöndorfer Straße wurde dazu halbseitig gesperrt.

Vom Regen verschont: Unter freiem Himmel fand die Festmesse zu "300 Jahre Marienkapelle" statt. Die Rhöndorfer Straße wurde dazu halbseitig gesperrt.

Foto: Frank Homann

Gestern hatte quasi ein „Oldtimer“ Vorfahrt – die Marien-Kapelle. Vor, hinter und neben ihr feierte ganz Rhöndorf bei Sonnenschein das 300-jährige Bestehen dieses kleinen Gotteshauses, das normalerweise für seine Insellage bekannt ist. Auf der für den Autoverkehr gesperrten Bergseite standen Tische, Bänke und Stände mit herzhaften und süßen Genüssen. Die Ittenbacher Bläser spielten. Er herrschte Feierlaune nach einer würdevollen Festmesse vor dem Kapellchen, das zum Geburtstag herausgeputzt war – mit der frisch restaurierten Madonna über der Tür.

Professor Peter Kohlgraf hielt eine nachdenklich machende Predigt, in der die Lage der Kapelle mitten im Ort eine besondere Rolle spielte. „Unsere Vorfahren hatten sich den Bau der Kapelle buchstäblich vom Munde abgespart“, um sich „nach des Tages Last und Mühen zum Gebet zu versammeln“. Es könne nicht vom Pfarrer und den größer werdenden Strukturen abhängen, ob Kirche mitten im Dorf lebendig bleibt. „Solange in unseren Dörfern Menschen beten, geben sie den Orten eine Seele, eine Mitte.“ Pfarrer Bruno Wachten: „Die Kapelle befindet sich nicht nur mitten im Dorf, sondern mitten in den Herzen der Menschen.“

Dank an die Ehrenamtler

Bereits in der Festversammlung in der rappelvollen Aula von Haus Rheinfrieden am Freitag, hatte Wachten dem Festausschuss und allen Vereinen für ihr „hervorragendes Engagement“ bei der Vorbereitung dieses Ereignisses gedankt. Vizebürgermeister Peter Profittlich zitierte Heimatforscher August Haag, der die Kapelle einst „eine Insel des Friedens und des Glaubens“ genannt hatte. Profittlich: „Besser kann man es nicht ausdrücken.“ Er erinnerte an den Einsatz der Vorfahren für diese Kapelle. Landtagsabgeordnete Andrea Milz betonte: „Das Bürgerengagement zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte Rhöndorfs.“ Der Rhöndorfer Kirchenchor sang unter Leitung von Rolf Beitzel Lieder aus der Entstehungszeit der Kapelle.

Einen Glanzpunkt setzte Historiker Hans Peter Mensing mit seinem Festvortrag. Und: Er löste das Rätsel über die Herkunft des Altars der Marien-Kapelle. Nein, er stammt nicht aus der Abtei Heisterbach. Es sei kein Zufall, dass das Wappen des Kurfürsten Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg und seiner zweiten Gemahlin, der toskanischen Prinzessin Anna Maria Luisa de Medici, über dem Aufsatz dieses Meisterwerks des Barock angebracht ist.

Altar wurde 1716 gestiftet

Der Landesherr stiftete den Altar. Am 11. Mai 1716 wies der Kurfürst rund 73 Reichstaler, umgerechnet 3000 Euro, für diesen Zweck an, nachdem eine Gruppe Rhöndorfer um den Schöffen Friedrich Rings am 23. März 1716 eine Eingabe wegen fehlender Mittel gemacht hatte. Hans Peter Mensing vermutete, dass die Heisterbach-Legende entstand, nachdem Theodor Essingh 1835 die Grabplatte des letzten Ritters vom Drachenfels den Rhöndorfern für die Kapelle schenkte.

Mensing beleuchtete auch den Standort des Vorgängerbaus. „Es gibt keine alten Akten dazu.“ Aber: Pfarrer Trips schrieb über eine Kapelle, Heimatforscher Karl Günter Werber über ein Heiligenhäuschen, 10 bis 15 Meter östlich des heutigen Bauwerks. Erhalten ist eine kleine Glocke mit Aufschrift von 1624. Mensing: „Das wird die vom Heiligenhäuschen gewesen sein.“ Als im Mai 1689 die Soldaten Ludwig XIV. auch Rhöndorf brandschatzten, wurde es vernichtet.

Erinnerungsbuch Rhöndorfer Kapelle

Der Festredner ging auf die Feindschaft zwischen Deutschland und Frankreich ein, deren Überwindung von Rhöndorf ausging mit dem Élysée-Vertrag und dem Deutsch-Französischen Jugendwerk. „Hier in Rhöndorf verdichtet sich das – Feindschaft, Neuanfang, Freundschaft. Hier ist es manifestiert.“ Er rief die Rhöndorfer auf, ein „Erinnerungsbuch Rhöndorfer Kapelle“ zu erstellen.

Wilhelm Trimborn bedankte sich für den exzellenten Vortrag mit Jubiläums-Wein und -Kerzen. Auch gestern wurden die Jubiläums-Raritäten verkauft, zu der auch die Kapellenbilder mit echter Uhr von Karl Schürmann gehören. Gehen in Rhöndorf die Uhren anders? Jedenfalls lief das Räderwerk auch bei diesem Jubiläumsfest rund.

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