Crashbox mindert die Kollisionsenergie Detlef Alwes aus Bad Honnef entwickelte Unterfahrschutz

Bas Honnef · Vergangenen Dienstagnachmittag auf der A3: Zwei Menschen sterben bei einem Auffahrunfall, eine Person wird lebensgefährlich verletzt, zwei weitere leicht. Das tragische Unglück hat sich am Ende eines Staus ereignet - der Wagen, in dem die beiden Getöteten saßen, war von einem auffahrenden Lastzug regelrecht unter den Sattelschlepper geschoben und völlig deformiert worden.

 Zeigt den Unterfahrschutz für Laster einem Holzmodell: Detlef Alwes aus Bad Honnef.

Zeigt den Unterfahrschutz für Laster einem Holzmodell: Detlef Alwes aus Bad Honnef.

Foto: Axel Vogel

Horrorunfälle, die immer wieder passieren und deren scheinbare Unausweichlichkeit den Bad Honnefer Detlef Alwes umtreiben. Der Ingenieur ist sicher, dass solche Auffahrunfälle zwar kaum zu verhindern sind, wohl aber solche extremen Folgen. Und zwar mit der von ihm konstruierten und zum Patent angemeldeten "Crashbox", ein Unterfahrschutz, der an der Unterseite der Lastwagenauflieger und -anhänger angebracht werden kann.

Mit dem Entwickeln von Teilen kennt sich Alwes aus. Lange arbeitete der 67-Jährige in der Raumfahrtindustrie, zuletzt beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Bonn-Oberkassel, wo er für Strukturen, Bauweisen und Materialien zuständig war. Dass er sich nebenbei seit mehr als 20 Jahren mit der Verbesserung der Sicherheit von Verkehrsteilnehmern beschäftigt, hat vor allem mit einem persönlichen Schicksalsschlag zu tun: Bei einem tragischen Unfall verlor Detlef Alwes 1974 seine damals zweijährige Tochter.

Schon früh kam ihm dabei die Idee, den Unterfahrschutz bei Lastzügen zu verbessern. Das hängt auch damit zusammen, dass die bislang bestehenden gesetzlichen Vorgaben nach Paragraf 32 b der Straßenverkehrsordnung (in Zusammenhang mit der EU-Richtlinie 70/221/EWG) aus seiner Sicht nicht ausreichend sind. "In Tests des ADAC hat sich gezeigt, dass der von der EU vorgeschriebene Unterfahrschutz an der Lkw-Rückseite zu schwach dimensioniert ist, insbesondere dort, wo er am Lastwagen-Rahmen montiert ist."

Hierbei handele es sich um einen starren Unterfahrschutz, der nur einer genau definierten Kraft standhalten müsse und bei einer Überbeanspruchung schlicht wegbreche, bemängelt der Ingenieur. Er weiß: Besonderes Gefahrenpotenzial ergibt sich bei Auffahrunfällen aus den sogenannten "Überhängen" der Lastwagen.

Dabei handelt es sich, vereinfacht ausgedrückt, um den Abstand zwischen dem Aufbauende und den Rädern der Hinterachse. Wie ein Keil schiebt sich bei einem Unfall die Front des auffahrenden Autos. "Je größer der Überhang, desto weiter kann ein Auto darunter rutschen und desto größer ist die Gefahr, dass auch die Fahrgastzelle in Mitleidenschaft gezogen wird", erklärt Alwes. Zumal eben die Überhänge je nach Lastertyp auch unterschiedlich lang ausfallen können, insbesondere bei Sattelschleppern.

Vor zwei Jahren hat Alwes mit der Konstruktion seiner "Crashbox" begonnen. Bei der handelt es sich "um eine Deformationszelle, die über Verformungselemente mit den abgeschrägten Längsträgern des Lasters verschraubt wird", erklärt er. Das besondere an der Crashbox ist nun im Falle eines Auffahrunfalls: Die Konstruktion gibt nach, wie er am Beispiel eines selbst gebauten Holzmodells zeigt. Anders ausgedrückt, so Alwes: "Die Kollisionsenergie wird durch eine Deformation und ein Gleiten der Crash-Box stark absorbiert."

Das wiederum hätte zur Folge, "dass das Risiko schwerer Verletzungen im Vergleich mit einem herkömmlichen Unterfahrschutz wesentlich geringer ist." Auch die Kosten für eine solche Konstruktion halten sich nach Ansicht des Urhebers in Grenzen: Er geht bei einer größeren Stückzahl von weniger als 500 Euro aus, insbesondere da die Rückleuchten und Kennzeichen in der Crash-Box eingebaut werden können und sich ein zusätzlicher Träger erübrigt.

Dass seine zum Patent angemeldete Erfindung auch wissenschaftlicher Überprüfung standhält, hat jetzt eine Projektstudie belegt, führt Detlef Alwes aus. Diese haben Studenten der Hochschule für angewandte Wissenschaften München im Dezember 2012 abgeschlossen. Mit der Arbeit in den Händen, will Alwes nun einen neuen Vorstoß bei den Herstellern von Lastfahrzeugen wagen. Bei der Nutzfahrzeugausstellung in Hannover im vergangenen Jahr hatte der Bad Honnefer seine Fühler ausgestreckt: "Aber viele Hersteller zeigten mir die kalte Schulter."

Anders als beim ADAC, dessen Präsident Interesse zeigte. Alwes bleibt am Ball weil er glaubt: "Seit mehr als 50 Jahren beschäftigen sich nationale und internationale Organisationen bis hin zu den Vereinten Nationen mit dem Thema des Unterfahrschutzes für Nutzfahrzeuge. Dabei ist die Entwicklung im Prinzip bei der Stoßstangen-Technologie der Personenkraftwagen bis in die 60er Jahre stehen geblieben." Erschreckend sei die Gleichgültigkeit der Fahrzeughersteller, Versicherer Behörden und Zulassungsstellen gegenüber der Entwicklung von Unterfahrschutzsystemen mit Knautschzonen.

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