Vor 70 Jahren erreichten US-Truppen Bad Honnef. Kardinal Frings harrte in Rommersdorf aus Die Amis kamen am frühen Morgen

BAD HONNEF · Sie kamen auf leisen Sohlen. "Ich lief den Amerikanern an der Bahnhofstraße direkt in die Arme. Ich hatte sie gar nicht gehört, ihre Stiefel waren ja mit Gummi besohlt." Annemarie ten Haaf erinnert sich noch genau an jenen 9. März 1945.

Vor 70 Jahren erreichten die ersten Soldaten der US-Army das Siebengebirge und zogen in Honnef ein. Die heute 92-Jährige hatte einen verwundeten deutschen Soldaten ins Krankenhaus gebracht. Sie trug wie immer ihr Rot-Kreuz-Käppchen und die Armbinde. "Nurse", sagte ein Offizier und machte ein Zeichen, sie möge zur Seite gehen. Ihre Angst hatte sie schnell im Griff.

Nachdem am 7. März die 9. US-Panzerdivision die Ludendorff-Brücke in Remagen erobert und den Rhein überquert hatte, kamen die Alliierten ihrem Ziel ein gewaltiges Stück näher. Die Gerüchteküche in Honnef kochte.

Die einen berichteten, amerikanische Truppen rückten Richtung Honnef vor, die anderen hatten von einem erfolgreichen Gegenstoß der Deutschen gehört. Derweil schlugen, vom Rodderberg her, die ersten Granaten in der Stadt ein.

Am Bahnhofsgebäude zersprangen alle Fenster. Dort hatten sich Stunden zuvor dramatische Szenen abgespielt. Der letzte Zug verließ Honnef am 7. März abends um zehn. Es war ein Lazarettzug mit Toten, Sterbenden und mehr als 300 Schwerverletzten.

Er fuhr Richtung Rhöndorf zurück, denn die nach Süden geplante Weiterfahrt war nicht mehr möglich.

In der Nacht auf den 9. März rückten die Amerikaner schon bis zum Rheinbreitbacher Graben vor. Deutsche Truppen waren auf dem Rückmarsch auf der Linzer Straße. Keuchende Soldaten zerrten ihre Geschütze teilweise selbst und schleppten die Munition.

Sie hatten kaum noch Benzin für Panzer und Laster. An der Linzer Straße in Höhe der Einmündung Kardinal-Frings-Straße errichteten sie eine Barrikade aus Karren und Wagen. Sie sollte kein Hindernis sein für die langsam anrückenden Amerikaner - genauso wenig wie der deutsche Panzer am alten Friedhof oder die Maschinengewehre auf dem Feld an der Menzenberger Straße, wo an jenem Freitag noch einmal Kämpfe aufflammten.

Der junge Siegfried Paeseler und seine Mutter hatten ihre Betten in den Keller getragen, nachdem sich wenige Tage zuvor ein Bomberpulk seiner Last über dem neuen Friedhof bis hin zum Rheinbreitbacher Graben entledigt hatte.

Die Gewächshäuser ihrer Gärtnerei wurden dabei völlig zerstört. Siegfried Paeseler erinnert sich: "Ein amerikanischer Panzer hielt in Höhe des heutigen Fiat-Autohauses an der Linzer Straße, die Soldaten kletterten heraus und wurden durch deutschen Beschuss aus dem Wald tödlich getroffen.

Im Panzer wäre ihnen nichts passiert." Bis zur Hauptstraße rückten die Amerikaner an diesem Abend vor.

Augenzeugen berichteten später von einer nahezu unheimlichen Stille über der Stadt, nur unterbrochen vom Heulen der Granaten. Vor dem Gebäude der Honnefer Volkszeitung warteten einige US-Soldaten den Morgen ab.

Heimlich hatten sich zwei Landser auf der Schülgen-Straße herangeschlichen und schossen eine Panzerfaust auf sie ab. Die Leichen der von Schüssen durchsiebten deutschen Soldaten blieben mehrere Tage dort liegen.

Eigentlich hatte Erzbischof Joseph Frings, der nach der Zerstörung des Erzbischöflichen Palais in Köln im Rektoratshaus bei der Anna-Kapelle in Rommersdorf untergebracht war, am 10. März ein Pontifikalrequiem für seinen verstorbenen Vorgänger Kardinal Schulte in der Kirche Sankt Johann Baptist halten wollen. Aber am Tag zuvor hatte der Turm Treffer von Granaten abbekommen.

Die Front wich nach Hohenhonnef zurück, weiter in die Wälder und die Ortschaften im Bergbereich. In Aegidienberg tobte die "Schlacht um Aegidienberg", wie eine amerikanische Militärzeitung titelte. Königswinter erreichten die Amerikaner am 16. März. Pfarrer Wüsten notierte später: "Nach zwei Wochen durften wir als Befreite zum ersten Mal für zwei Stunden auf die Straße gehen."

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