Drei Generationen bauen die Krippe in Selhof Eine Impfstation vor dem Stall zu Bethlehem

Bad Honnef-Selhof · Wenn es auf Weihnachten zugeht, hat Familie Irmgartz aus Bad Honnef alle Hände voll zu tun – allerdings weniger mit den Vorbereitungen in den eigenen vier Wänden. Seit Generationen ist der Krippenbau in der Kirche Sankt Martin Tradition. Wie es dazu kam und was es alles zu entdecken gibt, verrieten die Krippenbauer aus Leidenschaft dem General-Anzeiger.

 Drei Generationen helfen mit, damit die Kirche Sankt Martin auch in diesem Jahr eine schöne Krippe hat.

Drei Generationen helfen mit, damit die Kirche Sankt Martin auch in diesem Jahr eine schöne Krippe hat.

Foto: Frank Homann

Die Wunschzettel ans Christkind sind längst abgeschickt. Die siebenjährige Marie schnappte sich einen Besen und fegte eifrig trockene Moos- und Holzreste auf dem Fußboden der Pfarrkirche Sankt Martin zusammen, ihre kleine Schwester Leni hantierte mit dem Kehrblech. Großmutter Elisabeth Irmgartz fühlte sich bei diesem Anblick in die eigene Kindheit versetzt: Bereits bei der jetzt 70-jährigen Pfarrgemeinderatsvorsitzenden gehörte zur Vorfreude auf Weihnachten der Krippenbau in der Kirche.

Eine Krippe als Familiensache

Die Selhofer Weihnachtskrippe ist praktisch Familiensache. Und bevor am Tag vor Heiligabend das Krippenpersonal seinen Platz beziehen wird, errichtete Familie Irmgartz & Co. am vergangenen Samstag die Krippenlandschaft mit dem Stall über dem überbauten Seitenaltar rechts vorn im Gotteshaus. Drei Generationen packten bei diesem Gemeinschaftswerk mit an.

Als Peter Jäger 1950 die Aufgabe des Küsters übernahm, baute er mit viel Fantasie und Liebe zum Detail eine Krippe rund um den Hochaltar der alten Kirche auf, damals noch mit bemalten Gipsfiguren. Und die kleine Elisabeth half - wie ihre sieben Geschwister auch. „Wir sind in den Wald gegangen und haben Moos geholt und Wurzeln gesammelt.“

Figuren stammen von 1960

1960 bestellte ihr Vater neue Figuren in der Töpferei von Bildhauer Matthias Wagner in Königswinter aus Keramik. Sie sind voll beweglich und erfreuen noch heute die Bewunderer der Selhofer Krippe. Elisabeth Irmgartz hat Maria und Josef, die Könige und Hirten schon mehrfach in den 60 Jahren neu eingekleidet, denn die Mädchen halfen beim Nähen der Stoffgewänder im orientalischen Stil und dann auch bei der Pflege. Immer am 23. Dezember werden die Figuren aus den Schränken im Kirchenkeller geholt und eingekleidet mit den frisch gebügelten Gewändern.

Sieben mal drei Meter Stoff

Aber nicht nur die Figuren sorgen immer wieder für Ahs und Ohs in der weihnachtlichen Lichterkirche. Auch das Drumherum. Es war 1980, als Peter Jäger und seine Tochter Elisabeth auf dem Kirchturm Bettlaken-Stoff spannten – sieben Meter breit und drei Meter hoch. Sie wollten einen Hintergrund für die Krippe schaffen, denn die bunten Kirchenfenster störten das Bild.

Mit Dispersionsfarbe machten sich die beiden ans Werk und malten die biblische Landschaft. „Ich war nie in Bethlehem, aber so haben wir uns das vorgestellt“, meinte Elisabeth Irmgartz nun, als sie den Stoff ausbreitete mit der orientalischen Stadt und dem Terrain der Hirten. „Mir haben schon etliche Leute gesagt, so sähe es dort aus“, erzählte die Krippenbauerin schmunzelnd. Ihre Tochter Susanne war damals drei Jahre alt und war im „Atelier Kirchturm“ dabei. Das Krippen-Gen setzte sich auch bei ihr fest.

Die jüngste Krippenbauerin ist drei Jahre alt

Nicht nur Elisabeths Schwester Ursula Unger und ihr Bruder Thomas Jäger sind stets mit von der Partie, auch Elisabeths Ehemann Walter ist aktiv und ihre Kinder Susanne Perzborn, Katrin Hambuch, Stefanie Brummel sowie Christopher Irmgartz, deren Partner und die Kinder – ob Pia Hambuch (16), Tim Perzborn (16), Marie (7) und Leni (3) Brummel. „Das macht mir viel Spaß“, sagte Marie. „Wir haben Moos und Wurzeln getragen.“ Dieses Material lagert nämlich ebenfalls im Kirchenkeller.

Marie puzzelt gern – und das Verteilen von Moos in der Krippenlandschaft ist ähnlich. Elisabeth Irmgartz: „Wir haben früher im Herbst das Moos am Leyberg geholt, es mit einem Spachtel abgehoben und dann getrocknet.“ Heutzutage schonen die Krippenbauer die Natur, nutzen das alte Moos und holen nur sehr selten frischen Ersatz.

Auch die Wurzeln sind alter Bestand. Kieswege wurden angelegt, um den Verbrauch natürlicher Materialien zu schmälern. Und was wie Mauer aussieht, ist kunstvoll zerknülltes Packpapier. Der Stall besteht aus Baumstämmen und einem Rindendach. Eine Feuerstelle mit Kessel wartet darauf, dass die Hirten ihre Plätze beziehen. Beim Transportieren des Materials und der Yucca-Palmen halfen auch die Mitglieder des Pfarr- und des Kirchenvorstandes. Weihnachtssterne werden noch „gepflanzt“.

Ensemble mit 17 Figuren

17 Figuren sind es insgesamt. Der Verkündigungsengel und ein Stern gehören noch zum Ensemble. Vor dem Heiligen Abend sind lediglich Maria auf dem Esel und Josef in der Ferne zu entdecken. Dann kommt das Christkind. Und Silvester werden vom Krippenteam die Könige in Szene gesetzt. Im vergangenen Jahr hatte Werbegestalterin Susanne Perzborn die Idee: Die Mädchenfigur wurde als Krankenschwester ins Geschehen integriert, die Corona-Tests machte, diesmal wird sie impfen. So bringt jede Generation ihre Handschrift ein.

Walter Irmgartz ist Architekt – er optimierte das Untergestell, fertigte sogar einen Plan. Als Peter Jäger hochbetagt war, saß er noch in der ersten Bankreihe und gab dem Nachwuchs Anleitungen. „Irgendwann sitzen wir vielleicht da. Wir hoffen, dass unsere Kinder die Tradition fortsetzen“, meinte Elisabeth Irmgartz. Und Stefanie Brummel ergänzte lachend: „Dann kommandiert uns Papa.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort