Leid der Wolgadeutschen Eine neue Skulptur für die Stiftung Adenauerhaus

RHÖNDORF · Der 93-jährige Bildhauer Karl Betz übergibt eine Skulptur an die Stiftung Adenauerhaus und erinnert damit an das Leid der Wolgadeutschen. Das Kunstwerk soll zum Exponat des Monats werden.

Karl Betz (r.) übergibt sein Relief an Manfred Speck und Konrad Adenauer (v.l.).

Foto: Frank Homann

Dem Altkanzler Konrad Adenauer fühlt sich Karl Betz ganz besonders verbunden. Der 93-Jährige, der in dem kleinen Ort Niedermonjou an der Wolga geboren wurde, kam 1977 nach Deutschland. 22 Jahre zuvor einigte sich Konrad Adenauer in Moskau mit dem sowjetischen Ministerpräsidenten Nikolai Bulganin auf die Rückkehr der rund 10 000 Kriegsgefangenen nach Deutschland und die Aufnahme diplomatischer Beziehungen.

„Ich hab es geschworen, Adenauer zu machen“, erzählt der Bildhauer Betz im Hinblick auf die zahlreichen Büsten und Skulpturen, die er in seinem Leben bereits erschaffen hat.

1989 war es soweit, kam jene von Konrad Adenauer dazu. Nun hat er sein aus Wurzelholz angefertigtes Relief des ersten Bundeskanzlers an die Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus übergeben. „Wir fühlen uns hoch geehrt, ein Kunstwerk zu erhalten, das so viel bewegte und bewegende Geschichte erzählt“, freuten sich Manfred Speck, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung, und Konrad Adenauer, Enkel des Kanzlers. Den Kontakt zwischen Betz und Speck stellte im vergangenen Jahr Artur, der jüngste Sohn des Bildhauers und Klavierstimmers, her, als dessen Frau Tatjana und Tochter Konstanze beim Festakt zur Eröffnung der neuen Dauerausstellung zum 50. Todestags des Gründungskanzlers musizierten.

„Ich werde mich für euch einsetzen“

„Es hat mich so berührt“, blickt der 93-Jährige, der seit rund sechs Jahren in Römlinghoven wohnt und in einschlägigen Werken in einem Atemzug mit bedeutenden Künstlern wie Kandinsky genannt wird, auf den Besuch Adenauers in Moskau zurück. Das Versprechen des Kanzlers an die Wolgadeutschen: „Ich werde mich für euch einsetzen“. Und das tat er. Betz selbst lebte zu dieser Zeit in Kasachstan, nachdem er zuvor 1941 im Zuge der Deportation nach Sibirien gekommen war.

Er war Zwangsarbeiter in der Kohlengrube, arbeitete als Holzfäller und Traktorist, fertigte Filzstiefel an, erledigte Malerarbeiten, war Wirtschaftsverwalter in der Schule und Lehrer für Werken und Zeichen. In Sibirien lernte er auch seine Frau Emilie kennen, die er 1946 heiratete. Zusammen mit ihren drei Kindern flohen sie nach Kriegsende in Richtung Kasachstan. Von dort wollte er 1955 auch anlässlich Adenauers Besuch nach Moskau reisen. Doch da die Züge blockiert wurden, konnte er die Fahrt nicht antreten. Nachdem sie 1967 nach Kirgisien umgesiedelt war, bekam die Familie 1977 den Aufnahmebescheid und konnte nach Deutschland auswandern.

Exponat des Monats

In seinen Holzschnitzereien setzte sich Betz immer wieder mit dem Leid und der Geschichte der Wolgadeutschen auseinander. Diesen Aspekt greift nun die Stiftung mit dem Relief des Künstlers auf. „Wir möchten das gerne zum Exponat des Monats machen“, so Geschäftsführerin Corinna Franz. In dieser Rubrik stellt die Stiftung monatlich online an den historischen Ereignissen orientiert ein ausgewähltes Dokument, Foto oder Sammlungsstück des Hauses vor. „Wir möchten das Kunstwerk zum Sprechen bringen“, sagt Franz.

Dazu soll, so der Plan, die Geschichte von Karl Betz und das Schicksal der Wolgadeutschen erzählt werden. „Das persönliche Schicksal von Herrn Betz und die große Geschichte wird in dem künstlerischen Werk vereint“, fasst Franz zusammen. Wann das Relief zum Exponat des Monats wird, ist noch unklar. Möglicherweise im kommenden September, wenn sich die Reise Adenauers nach Moskau zum 63. Mal jährt.