Arbeiten in der "Textilhölle" Evangelische Jugend macht Zustände erfahrbar
BAD HONNEF · Der Raum ist düster, eng und stickig. Unangenehmer Lärm tönt aus einem Lautsprecher - die Geräuschkulisse einer chinesischen Textilfabrik. Zwischen Stofffetzen steht eine Nähmaschine in der Ecke. Sie erinnert symbolisch an Hunderttausende Menschen, denen die Arbeit an diesen Geräten die einzige Möglichkeit bietet, sich und ihre Familie zu ernähren.
"Made in Hell" steht auf einem Schild an der Wand, "hergestellt im rechtsfreien Raum: kein Mindestlohn, kein sauberes Trinkwasser, kein Arbeitsschutz". Alltag sind "die 90-Stunden-Woche und sexuelle Übergriffe".
Einen beklemmenden Einblick in "das Geschäft mit den Klamotten" gab die Bad Honnefer Evangelische Jugend am Samstag in der Fußgängerzone. Ihre "Black Box", in der Passanten für einige Minuten in eine nachgestellte Fertigungshalle im Miniaturformat eintauchen konnten, war bereits im Mai beim Evangelischen Kirchentag in Hamburg auf reges Interesse gestoßen.
Nun stellten die jungen Protestanten das Projekt in Honnef vor. Und sie wurden dabei begleitet von einem Kamerateam der Firma "tvision", die im Auftrag des WDR für die ARD-Kindersendung "neuneinhalb" drehte. Was gemeinsam mit Moderator Johannes Büchs aufgenommen wurde, wird am Samstag, 28. September, ausgestrahlt.
Ihren Info-Stand unterteilten die Teenager in einen kleinen Rundgang mit drei Stationen: zuerst die heile Welt der Mode, dann die düstere Welt der Textil-Herstellung und schließlich die persönliche Beschäftigung mit dem Thema. Nach einem Markencheck, bei dem drei große Unternehmen hinsichtlich Fairness bei der Herstellung ihrer Ware unter die Lupe genommen wurden, gelangten die Besucher in die "Plastikhölle", wie die "Black Box" genannt wurde. Je größer der Andrang, desto unangenehmer wurde es in dem drei mal drei Meter großen abgetrennten Bereich.
Genau dieses Erleben war der Evangelischen Jugend wichtig. "Wir wollen nicht bloß Infos vermitteln, sondern vor allem auch zum persönlichen Einsatz für fairen Handel anregen", so Leiter Andreas Roschlau. "Unser Appell lautet aber nicht 'völliger Boykott'. Das bringt den Arbeiterinnen nichts.
Nur wir Kunden können mit unserem Kaufverhalten eine Veränderung bewirken. Wenn wir zu erkennen geben, dass wir fair gehandelte Kleidung kaufen möchten, dann wäre es für die Unternehmen alleine schon aus kommerziellen Gründen dumm, nicht darauf einzugehen." Daher sei es wichtig, sich umfassend über das Fair-Trade-Angebot zu informieren. Roschlau: "Es kann Spaß machen, auf gerechten Vertrieb zu achten. Einsatz für dieses Thema heißt nicht, im Jutesack herumzulaufen."