Beratung im Rhein-Sieg-Kreis Experten bieten Hilfestellung bei Schulproblemen

Rhein-Sieg-Kreis · Das Schuljahresende naht, und damit die Ausgabe der Zeugnisse. Die Schulpsychologische Beratungsstelle des Kreises unterstützt das ganze Jahr hindurch Schüler, Eltern und Lehrer, und das nicht nur, wenn etwa Noten Zündstoff bieten.

An diesem Freitag, pünktlich um die Mittagszeit, ist das Schuljahr 2018/2019 in Nordrhein-Westfalen Geschichte. Auch an den rund 180 Schulen im Rhein-Sieg-Kreis starten die Kinder und Jugendlichen in die Sommerferien, freuen sich auf sechs Wochen lernfreie Zeit. Zumindest die meisten. Denn bevor die Schulsachen zur Seite geräumt werden können, gibt es noch Zeugnisse. Und die bieten erfahrungsgemäß nicht in jedem Fall Anlass zur Freude. „Dabei ist der Zündstoff am Tag der Zeugnisvergabe eigentlich schon raus“, sagt Alexander Elwert, Abteilungsleiter der Schulpsychologischen Beratungsstelle des Rhein-Sieg-Kreises. „Probleme in der Schule zeichnen sich deutlich früher ab.“

Beratung durch 14 Mitarbeiter

In unmittelbarer Nähe zum Siegburger Kreishaus hat die Beratungsstelle in einem Neubau an der Mühlenstraße ihren Sitz, insgesamt 14 Mitarbeiter – zumeist Psychologen mit verschiedenen Zusatzausbildungen – sind als Ansprechpartner für Schüler, Eltern, aber auch Lehrer in den 19 Kommunen des Kreises tätig.

„Die Themen, mit denen wir uns beschäftigen, sind dabei ganz unterschiedlich“, sagt Volker Neuhaus, Amtsleiter der Psychologischen Beratungsdienste des Kreises, „und reichen etwa von Workshops für Neu- und Seiteneinsteiger im Lehrerberuf über Veranstaltungen für Schüler mit Prüfungsangst bis hin zu Einzelberatungen.“

763 Fälle im Jahr 2018

Insgesamt 763 dieser Einzelfallanmeldungen hat die Statistik für das Jahr 2018 erfasst, „der Trend zeigt etwas nach oben“, so Neuhaus. Zumeist seien es die Eltern, und da zum weitaus größten Teil die Mütter, die zum Telefonhörer griffen und sich mit den Beratern aufgrund von schulischen Problemen des Nachwuchses in Verbindung setzten. „Die Jungs sind dabei deutlich überrepräsentiert“, hat Elwert ausgemacht. Die Statistik kommt auf 65 Prozent der Fälle. Beim Alter hingegen gibt es keinen Schwerpunkt – auch nicht in der Pubertät. „Alle Altersgruppen sind in etwa gleich vertreten“, so Neuhaus, „von der Grundschule bis zum Abschluss. Und es gilt: Je größer der Ort oder die Stadt, desto mehr Beratungsfälle.“

Schulabsentismus nimmt zu

Auch die Themen, zu denen Eltern und Schüler Rat suchten, seien vielfältig. „Natürlich geht es auch um Leistungen in der Schule“, so Neuhaus. „Aber eben auch um fehlende Motivation, soziales Verhalten, Lernschwierigkeiten, Fragen zur Integration und Inklusion, zur Schullaufbahn.“ Mobbing sei ein großes Thema, Ängste und immer häufiger auch Schulabsentismus. „Die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die überhaupt nicht mehr zur Schule gehen, nimmt leider zu“, hat Elwert in der täglichen Praxis beobachtet. Beratungsanfragen erreichen die Mitarbeiter das ganze Jahr über, dennoch haben Neuhaus und Elwert zeitlich einige Schwerpunkte ausgemacht: „Nach den Sommerferien startet alles noch ganz gemächlich“, so Neuhaus. „Dann, so um den Zeitpunkt der Elternsprechtage und Zeugniskonferenzen, nehmen die Anfragen deutlich zu. Doch wenn es um die Versetzung oder den Schulabschluss geht, kann es für eine Unterstützung im April oder Mai bereits zu spät sein.“

"Es gibt keine Patentlösung"

Und wie genau sieht die Unterstützung aus? „Es gibt keine Patentlösung und nie den einen Tipp“, stellen beide klar. Jeder Fall sei individuell, doch für jeden gelte: Das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen steht an erster Stelle. Darum versuche jeder Mitarbeiter, sich ein möglichst umfassendes Bild zu machen, mit dem Schüler zu sprechen, mit den Eltern, dem Lehrer, falls erforderlich, auch im Unterricht zu hospitieren. „Aus all diesen Mosaiksteinen fügen sich das Bild und mögliche Lösungsansätze dann zusammen“, sagt Neuhaus.

Etwa bei einer immer wieder eskalierenden Hausaufgabensituation: „Es kann sein, dass das Kind mehr Anleitung benötigt, oder – im Gegenteil – selbstständiger arbeiten möchte.“ Vielleicht aber auch eine längere Pause nach Schulschluss brauche. Oder aber eine ruhigere Arbeitsatmosphäre. Der Klassenclown habe möglicherweise schlicht einen größeren Bewegungsdrang, oder er sei mit Blick auf die Leistungen über- oder auch unterfordert.

Ruhe bewahren, Druck rausnehmen

Und wie verhalten sich Eltern, wenn das Zeugnis am Freitag dann doch eher bescheiden ausfällt? Neuhaus und Elwert sind sich einig: „Urlaub, Taschengeld oder gar das Handy streichen wären die falschen Mittel“, sagen sie. „Von Sanktionen raten wir ab.“ Es gehe vielmehr darum, Ruhe zu bewahren und erst mal den Druck rauszunehmen. Und dem Kind wertschätzend gegenüberzutreten. „Denn vielleicht ist in dem Schuljahr ja auch nicht alles schlecht gelaufen“, so Neuhaus. In einem zweiten und dritten Schritt könne man dann überlegen, wie viel Zeit etwa für Vorbereitungen für eine Nachprüfung erforderlich sei. Elwert: „Aber wie auch immer das Zeugnis ausfällt: Am Freitag darf der Start der Ferien auch ein Stück weit gefeiert werden.“

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