Veranstaltung in der Buchhandlung Werber Expertentipps für Bad Honnefer Bücherfreunde
BAD HONNEF · Auf eine Verabredung mit literarischen Unbekannten hatten sich die Besucher der Buchhandlung Werber eingelassen. Am Ende hatten sie viel Lesefutter: Dorothee Winkler und Holger Joel empfahlen ausgewählte Titel.
Unter dem Motto „Fünf Bücher um zehn nach“ lasen Dorothee Winkler aus Köln und Holger Joel aus Essen aus fünf Werken, ohne zuvor Titel und Autor zu nennen. Und so hatten die zahlreichen Zuhörer die Möglichkeit, ganz unvoreingenommen „hineinzuhören“ in die jeweilige Geschichte. Eine Buchpräsentation der besonderen Art.
Winkler und Joel haben im Buchhandel gearbeitet. Obwohl Holger Joel mittlerweile als Lehrer tätig ist und Dorothee Winkler als freie Texterin und Lektorin, tingeln sie weiterhin mit Freude durch Buchhandlungen. Wenn sie dann ihre besonderen Buchvorstellungen zelebrieren, packen sie die ausgewählten Bücher zunächst in Zeitungspapier. So kann keiner der Zuhörer während des Vorlesens die Titel erspähen, bevor sie später „enthüllt“ werden.
"Die Bücher kommen zu uns"
Die beiden Experten haben das Besondere im Koffer. Sie sind immer auf der Suche nach interessanten Veröffentlichungen. „Wir finden es spannend, was in den kleinen Verlagen passiert, sie habe teilweise richtige Perlen“, sagt Winkler. Auf welchem Wege sie die Bücher ausfindig machen? Joel: „Die Bücher kommen zu uns, die suchen einen, manchmal durch Zufall, manchmal auf verschlungenen Wegen.“
Das Buch „Hana“ der albanischen Schriftstellerin Elvira Dones aus dem kleinen Schweizer Ink-Press-Verlag war eines der fünf Werke, mit denen die beiden die Besucher in den Bann schlugen. Darin geht es um Frauen, die in den Bergen Nordalbaniens als Männer leben – sie haben die ewige Jungfräulichkeit geschworen, um die Ehre ihrer Sippe zu garantieren. Eine uralte Tradition. Das Buch erhielt den „Prix littéraire des jeunes Européens“ der Europäischen Kulturinstitute.
„Ein Sommer“ von Vincent Almendros, „Giacinta“ von Luigi Capuana, „So, und jetzt kommst du“ von Arno Frank und „Drach“ von Szczepan Twardoch waren die weiteren Bücher, aus denen Joel und Winkler ausgewählte Passagen lasen, die Lust auf diese Lektüre machten. Die Besucher erfuhren auch einiges über die Schriftsteller.
Sklandal-Titel von 1879 erstmals auf Deutsch
Für Arno Frank war es der Debütroman, eine traurig-schöne Geschichte, stark autobiografisch gezeichnet, im Tropen-Verlag erschienen. „Drach“ – ein monumentaler Roman über eine schlesische Familie aus dem Rowohlt-Verlag – punktete ebenfalls bei den Zuhörern. Bereits 1879 erschien „Giacinta“, damals der Erstling des Sizilianers Luigi Capuana, Erfolg und Skandal zugleich: Es geht um ein Frauenleben, um die Heldin Giacinta in der italienischen Provinz, um Kindesmissbrauch und um eine Ménage-à-trois. Nun ist das Meisterwerk Capuanas auch auf Deutsch zu lesen, herausgebracht vom Verlag Manesse. Auch Almendros' „Ein Sommer“ aus dem Wagenbach-Verlag führt nach Italien. Es geht um zwei Liebespaare auf einem Segelboot vor der Küste Neapels.
Es gab viel Applaus für die Lese-„Verführer“. „Das Schönste ist natürlich, wenn die Kunden der Buchhandlung fragen, wann wir wiederkommen“, meinten die beiden Vorleser, die auf ihr Honorar verzichteten, um damit den unabhängigen Buchhandel in Bad Honnef zu unterstützen. Ursula Gilbert und Ulrike Helmling von der Buchhandlung Werber dankten dem Duo mit Blumen und einem Weinpräsent für diesen spannenden Abend.
