Fall Anna: Prozess könnte erneut platzen
Bad Honnef/Bonn · Für reichlich Irritation sorgte am 19. Verhandlungstag gegen die Pflegeeltern der ertränkten neunjährigen Anna aus Bad Honnef der Antrag eines Verteidigers auf Aussetzung der Hauptverhandlung.
Für reichlich Irritation unter den Verfahrensbeteiligten und den Prozessbeobachtern sorgte am 19. Verhandlungstag am Donnerstag gegen die Pflegeeltern der ertränkten neunjährigen Anna aus Bad Honnef der Antrag eines Verteidigers auf Aussetzung der Hauptverhandlung. Der Anwalt der 52 Jahre alten Pflegemutter will den Prozess nämlich ein zweites Mal - dieses Mal aufgrund eines vermeintlichen Formfehlers des Gerichts - platzen lassen.
Der Grund für den jetzigen Aussetzungsantrag ist eine vierwöchige Verfahrensunterbrechung zwischen August und September - der damals alle Beteiligten zugestimmt hatten. Während normalerweise eine 21-Tage-Frist gilt, in der ein Prozess fortgesetzt werden muss, gibt es bei länger andauernden Verfahren eine Ausnahmeregelung: Ab dem zehnten Verhandlungstag ist eine Unterbrechung von bis zu 30 Tagen möglich.
Allerdings müssen die Richter einen entsprechenden Beschluss fassen und auch verkünden. In den Augen des Verteidigers ist dies am 11. August formell nicht richtig abgelaufen. Einer der Anwälte des ebenfalls 52 Jahre alten, mitangeklagten Pflegevaters reagierte sichtlich gereizt auf den Vorstoß seines Kollegen: "Ich glaube nicht, dass der Antrag auf dem Mist von Frau W. (die angeklagte Pflegemutter, Anmerkung der Redaktion) gewachsen ist."
Eine Entscheidung über den Aussetzungsantrag des Anwalts wird von der Schwurgerichtskammer frühestens in drei Wochen verkündet. Dann steht der nächste Verhandlungstermin im Prozess um den gewaltsamen Tod des Mädchens in der Badewanne im Juli 2010 an.
am Donnerstag wurde noch eine 30 Jahre alte Zeugin vernommen, die im August nicht vor Gericht erschienen war. Gegen die ehemalige Nachbarin der Pflegeeltern läuft derzeit nicht nur ein Ermittlungsverfahren wegen unterlassener Hilfeleistung.
Nach dem ersten, geplatzten Prozess ist noch eines wegen Falschaussage hinzugekommen. Damals hatte die 30-Jährige vor Gericht behauptet, sie habe der für Anna zuständigen Mitarbeiterin des Königswinterer Jugendamtes berichtet, dass Anna in der Wanne untergetaucht werde, wenn sie nicht die vorgeschriebene Nahrungsmenge in einer bestimmten Zeit esse.
Die Mitarbeiterin des Jugendamtes hatte vor einigen Wochen im Zeugenstand vehement bestritten, jemals etwas davon erfahren zu haben, dass Anna in der Badewanne untergetaucht werde.
Am Donnerstag ruderte die inzwischen aus Bad Honnef weggezogene Nachbarin tatsächlich etwas zurück: Ihrer Erinnerung nach habe sie der Jugendamtsmitarbeiterin nichts vom Untertauchen berichtet.
Stattdessen habe sie gefragt, ob - wie angeblich von der Pflegemutter ihr gegenüber behauptet wurde - ein "Abduschen" und anschließendes Essen in der Badewanne eine abgesprochene Erziehungsmethode gewesen sei. Laut der Zeugin hatte die Angeklagte ihr vorgeführt, wie sie Anna in der Badewanne untergetaucht hatte, als die neunjährige zu langsam gegessen habe.