Früherer Kanzler Führung durch das Konrad-Adenauer-Haus in Rhöndorf

Rhöndorf · Der Ort war im Ausnahmezustand. Als Konrad Adenauer am 19. April 1967 verstarb, blickte die ganze Welt nach Rhöndorf. Die letzten Lebensjahre und die Trauerfeierlichkeiten standen nun im Mittelpunkt der Erläuterungen, als Martin Warnecke, Besucherführer der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus, mit den Gästen nicht nur die Ausstellung und das Wohnhaus besichtigte, sondern mit ihnen auch zum Grab des ersten Kanzlers der Bundesrepublik auf dem Waldfriedhof spazierte.

 Besucherführer Martin Warnecke (l.) zeigt den Gästen im Adenauer-Haus einen Dolch, den der Kanzler anlässlich einer Rede auf seiner letzter Spanienreise im Februar 1967 von General Franco geschenkt bekommen hatte.

Besucherführer Martin Warnecke (l.) zeigt den Gästen im Adenauer-Haus einen Dolch, den der Kanzler anlässlich einer Rede auf seiner letzter Spanienreise im Februar 1967 von General Franco geschenkt bekommen hatte.

Foto: Frank Homann

"Wir wohnen gar nicht so weit weg, aber wir waren noch nie hier", meinten einige Teilnehmer. Und so erfuhren sie erstmals, wie das war in den Tagen vor Adenauers Tod, als Journalisten aus dem In- und Ausland das Grundstück belagerten. Am 12. April hatte die CDU-Bundesgeschäftsstelle gemeldet, ihr Ehrenvorsitzender sei an einem grippalen Infekt mit Bronchitis erkrankt.

Der Gesundheitszustand des "Alten" war bereits in den Monaten zuvor schlecht. Trotz einer nicht ausgeheilten Erkältung war der 91-Jährige im Februar zu einer Reise nach Spanien aufgebrochen. Nach seiner Rückkehr mit Zwischenstopp in Paris bei seinem Freund Charles de Gaulle gönnte er sich keine Ruhe, schrieb weiter an seinen Memoiren.

"Es war eine große Last, eine Pflichtübung für ihn. Er wollte damit nachwirken in der Zukunft", sagte Warnecke, als die Gruppe den Pavillon im Garten besichtigte, der extra gebaut worden war, um Adenauer einen ruhigen Platz für diese Aufgabe zu verschaffen, bei der er von seiner Sekretärin Anneliese Poppinga unterstützt wurde.

"Adenauer hatte keinen ruhigen Lebensabend", erklärte der Besucherführer. Die Heimkehr der letzten Kriegsgefangenen aus Russland 1955, die Aussöhnung mit Frankreich, die Rentenreform hatten ihn beliebt gemacht. "Seine Popularität schwand jedoch Ende der 50er Jahre." Die "Spiegel-Affäre", die Reise nach Berlin erst Tage nach dem Mauerbau "hatten seinem Ansehen geschadet".

Er wurde gedrängt, sich auf einen Rücktrittstermin festzulegen und sorgte sich um sein politisches Erbe. Sein Nachfolger Ludwig Erhard war genauso wie dessen Außenminister Gerhard Schröder Atlantiker, der den Beziehungen zu den USA Vorrang einräumte gegenüber denen zu Frankreich.

Adenauer gab Interviews nach seinem Rücktritt als Kanzler 1963, er mischte sich weiter ein, blieb auch noch CDU-Vorsitzender bis 1966. Tausend Zuhörer hörten seine Europarede in Madrid während seiner letzten Auslandsreise, wo er eindringlich appellierte, die Politische Union Europas zu schaffen.

Warnecke: "Adenauer wurde umjubelt, die ausländische Presse feierte ihn. Er galt als großer, alter Staatsmann und in Deutschland wurde er als Störenfried wahrgenommen." Bei seiner letzten Reise nach München am 28. Februar 1967 sagte Adenauer: "Ich bin bekannt dafür, dass ich ein Störenfried bin... Wenn jemand Schlafende aufweckt, damit sie aufpassen, dann ist der Betreffende kein Störenfried. Ich möchte rufen, seid wach! Seid wach für die kommenden Jahre!" Noch am 4. April bat Adenauer um den Besuch von Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger. Sein Hauptanliegen: seine Sorge um Europa.

Martin Warnecke: "Nach seinem Tod war Konrad Adenauer in Bonn im Palais Schaumburg aufgebahrt. Zehntausende nahmen Abschied von ihm." Am 25. April 1967 fand ein Staatsakt in Bonn statt, danach das Pontifikalamt im Kölner Dom. Der Besucherführer schilderte die Feierlichkeiten.

Mit einem Schnellboot der Bundeswehr wurde der Sarg zur Insel Grafenwerth gebracht, Tausende Menschen säumten das Rheinufer, verfolgten die Überführung nach Rhöndorf. "Der Waldfriedhof war hermetisch abgeriegelt. Im Familienkreis fand die Beerdigung statt. Am Eingang übergaben die Offiziere der Bundeswehr den Sarg den Rhöndorfer Schützen. Sie durften ihr Ehrenmitglied zu Grabe tragen."

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