Interview "Fürs Nichtstun bleibt schlicht keine Zeit"

Bad Honnef · Der Bad Honnefer Stadtverband des Bund der Katholischen Jugend (BDKJ) engagiert sich im "Bündnis für Freiräume". Ziel ist es, einen Diskurs anzustoßen, wie für die Jugend am Ort Freiraum erhalten oder geschaffen werden kann. Mit BDKJ-Vorstandsmitglied Rainer Stens sprach Claudia Sülzen.

 Der Honnefer Stadtverband im Bund der Katholischen Jugend engagiert sich in der Jugendarbeit und im "Bündnis für Freiräume". Unter anderem stoßen die Planungen für das neue Pfarrheim auf Kritik.

Der Honnefer Stadtverband im Bund der Katholischen Jugend engagiert sich in der Jugendarbeit und im "Bündnis für Freiräume". Unter anderem stoßen die Planungen für das neue Pfarrheim auf Kritik.

Foto: Privat

Junge Menschen brauchen Raum zur Entfaltung, auch jenseits von Schule, Ausbildung oder Universität. Zugleich sind die Tage von Kindern und Jugendlichen immer enger getaktet. Oft fehlt es zudem an Räumen für Treffen jenseits der immer längeren (Schul-)Arbeitstage.

Der Bad Honnefer Stadtverband des Bund der Katholischen Jugend (BDKJ) engagiert sich darum im "Bündnis für Freiräume". Für Montagabend, 19 Uhr, lädt der BDKJ zu einer Podiumsdiskussion ins Pfarrheim Sankt Johann Baptist ein. Ziel ist es, in Bad Honnef einen Diskurs anzustoßen, wie für die Jugend am Ort Freiraum erhalten oder geschaffen werden kann. Mit Rainer Stens, Vorstandsmitglied im Honnefer BDKJ, sprach Claudia Sülzen.

Was verbirgt sich hinter dem Bündnis für Freiräume?
Rainer Stens: Das Bündnis für Freiräume ist ein Zusammenschluss aus Jugendverbänden wie etwa dem Jugendrotkreuz, der Malteserjugend, der Schützenjugend, den Jugendorganisationen der Parteien, der Sportjugend und vielen, vielen mehr. Hinzu kommen gesellschaftliche Gruppen wie die Arbeiterwohlfahrt, die Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz NRW oder die Landesschülervertretung und Unterstützer, darunter prominente Fürsprecher wie Walter Schneeloch, Präsident des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen, oder auch die Kölner Band "Cat Ballou". Insgesamt kommen da enorm viele Verbände, Gruppen und Unterstützer zusammen, die, unter dem Dach des Landesjugendringes, ein Ziel verfolgen: Dass junge Menschen wieder mehr Zeit haben, über die sie selbst verfügen können.

Haben junge Menschen heute immer weniger oder gar zu wenig Freiraum?
Stens: Ganz gewiss sogar. Nehmen Sie das Beispiel der Ganztagsschulen. Kinder und Jugendliche verbringen immer mehr Zeit in der Schule. Ihre Tage sind durchorganisiert und -strukturiert von der ersten bis zur letzten Minute. Für freies Spiel, Lesen, Sport im Verein oder auch einfach mal das Nichtstun bleibt schlicht keine Zeit. Die ist aber wichtig, um Erfahrungen zu sammeln oder auch, um sich eine eigene Meinung zu bilden. Und natürlich, um sich zu engagieren wie in den Jugendverbänden und darüber im Ehrenamt, das ja immer als Rückgrat der Gesellschaft bezeichnet wird. Eine Forderung des Bündnisses für Freiraum ist darum unter anderem eine Begrenzung der wöchentlichen Schulstunden, um freie Entfaltung wieder mehr zu ermöglichen und die Jugendlichen zu entlasten. Immer häufiger stehen Kinder und Jugendliche unter einem regelrechten Freizeitstress.

In Bad Honnef gibt es zudem einen ganz konkreten Anlass, über Freiräume zu sprechen?
Stens: Den gibt es in der Tat. Neben den Problemen, die Ganztagsunterricht mit sich bringt, hat sich das Bündnis auch die Raumsituation als Schwerpunkt erkoren. Und wir wiederum haben uns das Bündnis als Partner gesucht, weil beim geplanten Neubau am heutigen Ort des Pfarrheims an Sankt Johann Baptist nur noch sehr begrenzt Gemeinderaum zur Verfügung stehen wird. Auslöser sind die Sparmaßnahmen des Erzbistums Köln, nach denen der Pfarrgemeinde eben nur noch eine bestimmte Anzahl Quadratmeter zugestanden werden. Was uns dabei besonders bedrückt: In den bisherigen Plänen sind überhaupt keine eigenen Räume für die Jugend vorgesehen.

Was bedeuten würde?
Stens: Wir haben, was das angeht, schon unsere Erfahrungen gesammelt, etwa als das Jugendheim an der Kirche aus Kostengründen stillgelegt wurde. Das hat sich in der Mitgliederzahl bemerkbar gemacht und auch dabei, dass etwa für Angebote für die ganz Kleinen wie Basteln einfach weniger Platz ist. Dasselbe gilt für Treffen der Jugendgruppen wie der Messdiener und anderer. Man muss doch auch mal die Chance haben, sich einfach nur so zu treffen, eventuell zusammen den Grill anzumachen, Kontakte zu pflegen und Jugendlichen eine soziale Entwicklung zu ermöglichen. Das kommt zu kurz, wenn die entsprechenden Räumlichkeiten fehlen. Wir als Honnefer BDKJ sind natürlich für alle Katholischen Jugendgruppierungen in der Stadt zuständig. Wir haben uns dieser Forderung aber angenommen, weil wir denken, es ist nicht hinnehmbar, wenn man auch nur in einem Stadtteil den Jugendraum einfach ersatzlos wegnimmt.

Was wollen Sie bewirken?
Stens: Es geht uns keineswegs darum, hier den Vorwurf zu erheben, man würde Jugendarbeit verhindern. Wir wollen nicht den Dissens, wir wollen den offenen, konstruktiven Dialog. Wir wollen darauf aufmerksam machen: Es gibt diese sehr rege Jugendarbeit, und sie ist es wert, dass sie unterstützt wird und Räume hat. Das ist entscheidend auch für die Zukunft der Gemeinde und im ehrenamtlichen Kontext für die gesamte Gesellschaft. Die Beispiele sind vielfältig. Es geht darum, sinnvolle Freizeitgestaltung auch weiter zu bieten. Und dafür braucht es Räume. Es geht uns nicht um ein Gegeneinander: Wir mögen ja unsere Kirche, sonst wären wir nicht der BDKJ.

Zur Person

Rainer Stens (27) ist Honnefer. Der Fachkrankenpfleger OP ist seit vielen Jahren in der Katholischen Jugend und im Malteser Hilfsdienst aktiv. Er ist Mitglied des BDKJ-Vorstands Honnef.

Info: BDKJ

Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) ist der Dachverband von 17 katholischen Jugendverbänden und -organisationen. Seine wichtigste Aufgabe besteht nach eigener Aussage in der Interessenvertretung seiner Mitglieder in Politik, Kirche und Gesellschaft.

Über die 17 Jugendverbände und -organistionen sind rund 660 000 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen sieben und 28 Jahren organisiert. Damit ist der BDKJ einer der größten Jugendverbände im Deutschen Bundesjugendring (DBJR). Der BDKJ vertritt die katholische Jugend unter anderem im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK).

Podiumsdiskussion am Montagabend

Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), Stadtverband Bad Honnef, lädt für Montag, 8. Juni, zur Podiumsdiskussion ins Pfarrheim von Sankt Johann Baptist ein. Beginn ist um 19 Uhr. Thematisiert werden die aktuelle Situation der Jugend in Bad Honnef sowie die Frage, wie es weiter gehen soll, auch mit Blick auf den Neubau hinter Sankt Johann Baptist.

Teilnehmer am Podium sind unter anderen Gabriele Clooth-Hoffmeister, Vorsitzende des städtischen Jugendhilfeausschusses, Silke Kornstädt, Geschäftsführerin der Trägerin der Offenen Ganztagsschulen, der Stadtjugendring GmbH, Andreas Roschlau vom Stadtjugendring e.V. als Vertreter der verbandlichen Jugendarbeit sowie Sebastian Heyer (KJG). Auch der Honnefer Bürgermeister Otto Neuhoff hat sein Kommen zugesagt.

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