Interview mit Franz Limbach Gegen Lampenfieber half "Knolli Brandy"

Bad Honnef · An diesem Sonntag feiert die Karnevalsgesellschaft (KG) Löstige Geselle mit einem Festkommers von 11 bis 15 Uhr im Weinhaus Steinbach 70-jähriges Bestehen. Und es gibt noch einen, der von Anfang an dabei war: Franz Limbach (88). Mit dem Bad Honnefer, dem einzigen noch lebenden Mitgründer der KG, sprach Roswitha Oschmann.

 In den Farben der KG: Wilma Limbach bindet ihrem Mann Franz die blau-gelbe Fliege.

In den Farben der KG: Wilma Limbach bindet ihrem Mann Franz die blau-gelbe Fliege.

Foto: Frank Homann

Der Krieg war neun Monate vorbei. Es herrschte Not. Es gab nichts zu essen. Aber Honnefer haben eine Karnevalsgesellschaft gegründet...
Franz Limbach: Wir hatten eine harte Zeit hinter uns - wir waren auch hungrig auf Geselligkeit. Noch als Kinder mussten wir zum Schanzen an den Westwall. Es folgten Kriegseinsatz und Gefangenschaft. Ich war in Italien schwer verwundet worden, die Amerikaner haben mich in ein Lazarett nach Neapel gebracht. Am 9. Mai 1945 haben sie mir dort zum 18. Geburtstag gratuliert. Ich bekam eine Dose Apfelmus geschenkt. Und es ist kaum zu glauben, auf dem Etikett stand: "Vom sonnigen Rhein - Dienel & Jakob Konservenfabrik Honnef". Das war köstlich. Im Winter 1945/46 trafen wir Heimkehrer uns regelmäßig mit Jugendkaplan Müller im Kolpinghaus, das als Pfarrheim diente.

Und dort wurden Sie schon bald ein löstiger Geselle?
Limbach: Die Alt-Kolping-Brüder wollten den jüngeren einen lustigen Abend gestalten. Am Karnevalssonntag, am 3. März 1946, war es so weit. Aloys und Willi Neffgen sowie Christian Nilles bildeten die KG "Kahl Föß".

Unter kalten Füßen haben Sie vermutlich alle gelitten?
Limbach: Ja, Heizmaterial musste mitgebracht werden. Hauswirt Alex Ginter stochte damit den großen Kanonenofen.

Das war die Geburtsstunde der KG?
Limbach: Ja. Um 22 Uhr kündigte die Sirene die nächtliche Ausgangssperre an. Die Älteren gingen nach Hause, wir blieben bis morgens um sechs. Und da reifte der Entschluss, einen eigenen Elferrat der Kolpingsfamilie zu bilden und künftig richtige Karnevalssitzungen abzuhalten. In jener Nacht wählten wir den Namen "Löstige Geselle".

Und wie haben Sie dieses Vorhaben in schwerer Zeit umgesetzt?
Limbach: Im Mai 1946 wurde die Kolpingsfamilie Bad Honnef offiziell wiedergegründet. Das war die Basis. Wir hatten keine Erfahrung mit dem Brauchtum Karneval bis auf unseren späteren Präsidenten Mathias Matzerath. Wir besorgten Luftschlangen und Krepppapier zur Dekoration und im Wald Brennholz. Sänger und Redner übten ihre Auftritte. Das Wichtigste: Wir waren eine verschworene Gemeinschaft, wir hatten nichts und haben alle bei null angefangen.

[kein Linktext vorhanden] Und wann stieg die erste Sitzung?
Limbach: Am Fastnachtssonntag 1947. Der Saal war noch zerstört. Es war nicht genug Platz für die vielen Besucher in der Gaststube des Kolpinghauses. Im Jahr darauf gingen wir in die Inselgaststätte. Dort wurden wir vom Hochwasser überrascht und gelangten in der Nacht noch gerade so über die Brücke. 1949 hatten wir unseren Kolpingsaal wieder aufgebaut.

Standen Sie auch in der Bütt?
Limbach: Ja, 1947 war ich "Berichterstatter aus Genf". Gegen das Lampenfieber half "Knolli Brandy" aus dem Taschenfläschchen. Denn an der Theke gab es so etwas noch nicht.

Was wurde überhaupt serviert?
Limbach: Wein und Dünnbier, Würstchen. Die Leute brachten auch Essen von zu Hause mit.

Und Sie hatten auch Bütten-Asse?
Limbach: Bester Redner war sicher Willi Reins senior als "Kommunalpolitischer Beobachter". Das Lokalkolorit hat den Karneval damals ausgemacht. Gute Reden vermisse ich heute ebenso wie die schönen Lieder.

Wie sahen denn damals die Elfefrats-Uniformen aus?
Limbach: Von Halt Pol bekamen wir ausgediente Komiteemützen. Wir trugen schwarzen Anzug. Nach der Sonntagsmesse nähten die Mütter gelbe Streifen auf das Revers. Unsere Sitzungen fanden sonntags, nicht samstags, statt, damit wir ausgeschlafen zur Messe kamen. Darauf achtete Pastor Wüsten. Erst 1952 legten wir uns blaugelbe Uniformen zu. Unser erstes Tanzmariechen war Marlene Kaiser ab 1950. Sie blieb bis zur Hochzeit - natürlich mit einem Elferratsmitglied. 1960 bekam unsere Gesellschaft ein eigenes Damenkomitee mit Otti Jonas als Präsidentin.

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