Schiller und Beethoven inspirieren Helene Ramershoven Götterfunken aus Stein und Linolschnitte für die Ode an die Freude

BAD HONNEF · Die Grande Dame der Kunstszene im Siebengebirge hat für ihre Ausstellung auf dem Boden einen Papierstreifen wie einen Teppich ausgelegt und darauf exakt Beethovens Noten der Zeile „Freude schöner Götterfunken“ angeordnet.

 „Ode an die Freude“ lautet im Kunstraum der Titel der Ausstellung mit Werken von Helene Ramershoven.

„Ode an die Freude“ lautet im Kunstraum der Titel der Ausstellung mit Werken von Helene Ramershoven.

Foto: Barbara Frommann

Wer Noten lesen kann, ist im Vorteil. Und wer zudem eine gute Stimme hat, gerät vielleicht in Versuchung, im Kunstraum „Freude schöner Götterfunken“ zu singen oder wenigstens zu summen. Helene Ramershoven hat für ihre neue Ausstellung „Ode an die Freude“, die ganz Beethoven und der Musik gewidmet ist, auf dem Boden einen Papierstreifen wie einen Teppich ausgelegt und darauf exakt Beethovens Noten der Zeile „Freude schöner Götterfunken“ angeordnet.

Papierstreifen mit Noten

wie einen Teppich ausgelegt

Aus 49 selbst modellierten und umhäkelten Terrakotta-Steinen schuf Ramershoven extra für diese Präsentation beim Verein zur Förderung von Kunst und Kultur in Bad Honnef bunte Noten mit Blick auf die in Tausenden Jahren abgeschliffenen Rheinkiesel. Die Installation „Ensemble für den Schöpfergeist“ bildet ein interessantes Pendant zu den 18 älteren Linolschnitten, mit denen die Rheinbreitbacher Künstlerin die „Ode an die Freude“ feiert. Hinzu kommen etliche neue Bilder zum Thema, die das vielseitige Wirken der 83-Jährigen vervollständigen und einmal mehr die Verwurzelung der Grande Dame in der hiesigen der Kunstszene mit ihrer Umgebung, dem Rhein und dem Siebengebirge, unterstreichen.

„Mit Mond und Sternen, mit Strahlen, Sonnen, ruhenden und schwingenden Kreisen oder mit dynamischen Diagonalen hat Helene Ramershoven ein kosmisches Geschehen entstehen lassen; sozusagen als Neuerschaffung einer Welt von Brüdern und Schwestern, in der die Freude als Triebfeder der Natur und der Geisteswelt alle Wesen durchdringt“, heißt es in der wegen Corona ungehaltenen, aber ausliegenden Rede zur Vernissage von Kunsthistorikerin Heidrun Wirth über die Linolschnitte. Darüber hinaus ist Ramershoven zu den Öffnungszeiten da, um mit den Besuchern ins Gespräch zu kommen – und dabei sprühen ihre Gedanken wie Götterfunken.

Die „Ode an die Freude“ von Friedrich Schiller, durch Ludwig van Beethoven in unsterbliche Musik verwandelt, veranlasste die Künstlerin dazu, immer zwei Zeilen ein Blatt zu widmen, den Kerngedanken Schillers umzusetzen und dabei mit ihrer Darstellung den gewaltigen kosmischen Kräften Raum zu geben. Schwarz-Weiß sind die Linolschnitte, filigran gearbeitet und im Grenzbereich zwischen Figuration und Abstraktion liegend.

Häkelleinwände  zu

Notenblättern gestaltet

Auch Ramershovens Häkelbilder „Da capo“ „summen“ förmlich: Diese Häkelleinwände, die frisch aus dem Atelier kommen, hat sie zu Notenblättern gestaltet. „Ich habe noch Wolle“, sagt die Künstlerin, die früher einen Woll-Laden betrieb und die Reste seit Geschäftsaufgabe zu Kunst verarbeitet. Das Studium der freien Kunst bei Professor Pravoslav Sovák an der FH Köln in den 1980er Jahren gab ihr dafür Impulse, nachdem sie schon 30 Jahre früher Zeichnen und Malen in London, später Bildhauerei in Köln (nach einer entsprechenden Lehre in Rhöndorf) und Radierung in Trier studiert hatte.

Neu sind auch die farbträchtigen Acrylbilder mit Titeln wie „Mondscheinsonate“, auf dem die Künstlerin ein morbides Metallblättchen aus dem Rhein mit Beethoven-Ähnlichkeit eingearbeitet hat, oder „Für Elise“, in das sie ein zartes Spitzendeckchen „einwebte“.

In der Corona-Zeit nahm sie sich auch jener Skulptur an, die bei einer Ausstellung abgestürzt „und hoffnungslos kaputt“ war. „In der ersten Lockdown-Woche habe ich die Terrakotta-Krümel auf den Tisch gelegt und wieder zusammengefügt“, erläutert Ramershoven. Nun ist der Kopf mit gleich drei Gesichtern wieder heile und schaut vom geerbten Modellierbock ihres Rhöndorfer Bildhauerlehrmeisters Edmund Wessling auf die Notenzeile am Boden herab: „Freude schöner Götterfunken.“

Groß ist die Freude auch bei Ramershoven: Sie erhielt eine Einladung zum Druck-Kunst-Festival in der Alten Druckerei in Sinzig. Dort sind ihre Lithografien vom 3. Oktober bis 1. November zu sehen.

Die Ausstellung im Kunstraum am Rathausplatz ist bis 20. September jeweils sonntags von 11 bis 14 Uhr zu sehen.

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