Heimatverein Siebengebirge Heinrich Blumenthal präsentiert neues Buch über Burgen und Basiliken

SIEBENGEBIRGE · Das passiert schon mal. Der Leiter einer Geschichtsexkursion macht auf eine Motte aufmerksam - und ein Teilnehmer schaut sich vergeblich nach einem Flattertierchen um. Als Motte wird nämlich auch eine Turmhügelburg bezeichnet. Heinrich Blumenthal, der Ehrenvorsitzende des Heimatvereins Siebengebirge, hat jetzt das Büchlein "Von Burgen und Basiliken" verfasst.

Auch der Drachenfels wirft Fragen auf. Fragen, die in dem Buch des Heimatvereins beantwortet werden.

Auch der Drachenfels wirft Fragen auf. Fragen, die in dem Buch des Heimatvereins beantwortet werden.

Foto: Frank Homann

Und diese Schrift soll vor genau solchen Missverständnissen bewahren. Sie ist nicht im Handel zu erwerben, sondern jedes Vereinsmitglied bekommt sie geschenkt. Der Autor erklärt eine Menge Fachausdrücke und räumt auch mit manchen gängigen Ansichten auf. Was hat es wirklich mit einer Folterkammer auf sich? Und wie war das eigentlich mit dem Keuschheitsgürtel?

Blumenthal fragt: "Hand aufs Herz, kennen Sie den Unterschied zwischen einer Zwingburg und einer Trutzburg? Oder den zwischen einer Kathedrale, einem Dom und einem Münster? Oder wissen Sie, welche Zeit gemeint ist, wenn die Rede von einem romanischen Kapitell oder einer Höhenbefestigung aus der Hallstattzeit ist?" Wer bei Führungen durch Burgen, Klöster oder Kirchen Begriffe nicht kennt und sich nicht traut nachzufragen, hat nur halb so viel von der "Expedition" in die Historie.

Das Buch beinhaltet nicht etwa eine Auflistung von langweiligen Geschichtszahlen, sondern es ist unterhaltsame Lektüre, mit vielen Fotos und Skizzen untermauert. Wenn auf manchen Burgen furchterregende Folterkammern gezeigt werden, mag das für den Burgentourismus förderlich sein, erläutert der Autor.

"Mit der Realität einer mittelalterlichen Burg hat das jedoch nichts zu tun, denn auf Burgen wurde grundsätzlich nicht gefoltert. Die Kirche hatte die Folter vor der Jahrtausendwende verboten, Papst Innozenz IV. führte sie mit seiner berüchtigten Bulle ,Ad ectirpanda? 1252 wieder ein. Weltliche Gerichte ließen erst ab Anfang des 14. Jahrhunderts foltern. Dies geschah grundsätzlich in den Städten, auf Burgen höchstens in Ausnahmefällen."

Heinrich Blumenthal beschreibt beispielsweise, wie es auf Turnieren zuging und was es mit dem Keuschheitsgürtel auf sich hat, der bei Burgführungen ab und zu gezeigt wird. "Die Erklärung ist dann immer, dass sich der Kreuzritter damit der ehelichen Treue seiner Gattin versichert habe.

Dass es keinen Beleg dafür gibt, dass dieses Instrument im Mittelalter zu diesem Zweck gebraucht wurde, scheint Tourismusförderer nicht zu stören. Es wird vermutet, dass die Geschichte von den misstrauischen Kreuzrittern in der Zeit des Barock erfunden wurde, um das angeblich so finstere Mittelalter noch finsterer zu machen. Lediglich um 1400 wurde ein solcher Gürtel in Padua erwähnt, wobei allerdings offen bleibt, ob es sich um ein Straf- oder Folterwerkzeug oder um ein Sexspielzeug handelte."

Heinrich Blumenthal zieht für seine Erklärungen Bauwerke aus der Umgebung heran, so dass das Büchlein auch Anregungen für Ausflüge gibt, zum Beispiel jetzt in den Sommerferien. Wem dann ein Burgenführer das "Angstloch" präsentiert, durch das die Gefangenen angeblich ins Verlies zum Verschmachten abgeseilt wurden, darf dies bezweifeln. Blumenthal: "Die Funktion des unteren Bergfried-Geschosses ist unklar. Frühe Burgenforscher vermuteten dort ein Verlies; Quellen dazu existieren jedoch nicht. Andere Experten wollten dort ein Wurfsteinlager für die Verteidigung sehen. Wieder andere dachten an die Zuführung von Luft." Und von einem Mord in einem Verlies ist in demBuch auch die Rede.

Auch der hochgelegene Einstieg in den Bergfried gibt manchmal Rätsel auf. Der Bergfried des Drachenfels hat ebenfalls sein Geheimnis. Warum wurde die Einstiegsöffnung nicht an der sicheren Rheinseite, sondern ausgerechnet an der einzig möglichen Angriffsseite eingerichtet, von wo die Burgbewohner im Ernstfall unter Beschuss hätten fliehen müssen? Und überhaupt: Warum ließ der unter chronischer Geldnot ächzende Kölner Erzbischof Arnold I. diese kostspielige Burg Drachenfels eigentlich erbauen, hatte er doch gleich nebenan, nur eine Pfeilschussweite entfernt, die prächtige Wolkenburg? Einfach nachlesen.

Info: Das Buch "Von Burgen und Basiliken", 194 Seiten, erhalten Mitglieder des Heimatvereins Siebengebirge kostenlos. Nachfrage bei: Heinrich Blumenthal, Telefonnummer: 02223/3521 oder 02223/298346; www.heimatverein-siebengebirge.de

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