Letzte Schicht für Bezirksbeamte Honnefer Dorfsheriffs gehen in den Ruhestand

Bad Honnef · Die Bad Honnefer Bezirksbeamte Reinhard Wenzel und Joachim Küsters gehen Ende August in den Ruhestand. Vor ihrem Abschied erzählen die beiden Dorfsherrifs von ihrer Arbeit sowie der Lage in der Stadt und erinnern an besondere Erlebnisse.

Die beiden sehen nicht so aus, als hätten sie in ihrem Leben schon jemals ein Knöllchen erhalten. Der Blick ist durchdringend bis streng, das Hemd faltenfrei, die Schuhe sind blank poliert, die Frisur sitzt akkurat. Und der Schreibtisch ist picobello. „Das meiste haben wir ja auch schon eingepackt und nach Bonn geschickt“, sagt Reinhard Wenzel, und es klingt fast ein bisschen entschuldigend.

Es ist der letzte Arbeitstag für den 60-jährigen Polizeihauptkommissar. Sein Gegenüber auf der anderen Schreibtischseite, Joachim „Joe“ Küsters, verabschiedet sich am 30. August nach 44 Jahren im Polizeidienst in den Ruhestand. Die beiden – noch unbenannten – Nachfolger treten ihren Dienst am 2. September an.

Einen Großteil ihres Berufslebens haben Wenzel und Küsters in Bad Honnef verbracht, genauer in den Bezirken 59 und 60, die sich vom Honnefer Süden bis Rhöndorf erstrecken. „Wir kennen unsere Pappenheimer“, sagen beide mit einem Augenzwinkern. Und sehen plötzlich gar nicht mehr streng aus.

Ehrenurkunde für Wenzel

Was genau macht eigentlich ein Bezirksbeamter? Küsters lehnt sich in seinen Bürostuhl im ersten Stock des Bad Honnefer Rathauses zurück und holt tief Luft. „Also, da wären die Anzeigenaufnahme, Vollstreckung von Haftbefehlen, Aufenthaltsermittlungen, Abschiebeverfahren, Betrugsdelikte zum Nachteil älterer Menschen, Nachsorge bei häuslicher Gewalt, Opferbetreuung“, zählt der 62-Jährige auf. Die Behördensprache geht ihm locker über die Lippen. „Dazu kommen Einsätze bei allen größeren Veranstaltungen in der Stadt – vom Schützenfest über den Rosenmontagszug bis zu Rhein in Flammen.“ Und auch schon mal bei überörtlichen Großereignissen, wie zuletzt im Hambacher Forst.

Insgesamt 55 Bezirksbeamte gibt es im Zuständigkeitsbereich des Bonner Polizeipräsidiums. Wenzel und Küsters, seit 2008 beziehungsweise 2001 in Bad Honnef, kamen mit viel Berufserfahrung in die Stadt. Wenzel tat unter anderem Dienst auf den Wachen Königswinter, Beuel und Ramersdorf, „25 Jahre davon im Wechseldienst“, wie er sagt. Ein Grund, warum ihm Polizeipräsidentin Ursula Brohl-Sowa die Ehrenurkunde zum Abschied ein Jahr früher als üblich überreicht.

Austausch ist sehr wichtig

Küsters hatten seine beruflichen Stationen über Köln und Beuel nach Bad Honnef geführt. Viele Jahre bildete er Polizeianfänger aus, trainierte den Einsatz und Nichteinsatz von Schusswaffen und war unter anderem acht Jahre beim SEK Köln eingesetzt. „Eine prägende Zeit“, sagt er ernst. „Da sieht man so einiges.“ Es sei vor allem die Nähe zu den Menschen, die diesen Beruf so besonders mache. Mit vielen schlimmen, aber auch schönen Erlebnissen.

„Wir bekommen die Betroffenheit der Menschen hautnah zu spüren“, sagt Küsters. Etwa nach Unfällen, bei Kindeswohlgefährdung, Todesfällen. „Wir sind Menschen in Uniform. Jeder muss diese Erlebnisse irgendwie verarbeiten“, sagt Wenzel. „In all den Jahren habe ich mich aber bemüht, das Erlebte nicht mit nach Hause zu nehmen.“ Der Austausch unter den Kollegen sei da enorm wichtig. „Natürlich reden wir untereinander über alles“, sagt auch Küsters. „Wir haben schließlich in den vergangenen Jahren fast mehr Zeit hier als zu Hause verbracht. Das wird mir schon auch fehlen.“

Zeiten sind ruppiger geworden

Ruppiger seien die Zeiten geworden, finden beide. Weniger Respekt und Akzeptanz gegenüber den Beamten haben sie ebenso ausgemacht wie auch eine gesunkene Beschwerdeschwelle und veränderte Kommunikationsbereitschaft. „Früher hat man beim Nachbarn geklingelt und gefragt, ob er den Grill woanders hinstellen kann, damit der Rauch nicht ins Wohnzimmer zieht“, sagen sie. Heute rufe man die Polizei. „Aber“, betont Küsters, „selbst wenn wir hier auch so unsere 'Strategen' haben: In Bad Honnef haben wir es noch gut.“

Jeden Morgen fahre er von seinem Wohnort Rheinbach nach Bonn, steige dort am Polizeipräsidium in den „Peterwagen“, um pünktlich um 7.30 Uhr bei Wind und Wetter an einer der Grundschulen in seinem Bezirk zu stehen und dort für Ordnung zu sorgen. „Ich habe Generationen von Kindern ein- und ausgeschult“, sagt er und lächelt wieder.

Mehr Zeit für die Familie

Zu seinen besonderen Erinnerungen gehört die Schülergruppe, die morgens noch die Hausaufgaben auf dem Bürgersteig erledigen wollte. „Herr Polizist, kannst du Erdkunde?“, sei er gefragt worden. Küsters konnte. „Polizei, dein Freund und Helfer“, sagt er und lächelt noch mehr. Noch heute, viele Jahre später, hat er Kontakt mit den Grundschülern von damals.

Freizeitprobleme jedenfalls werden beide im Ruhestand nicht haben. „Ich werde Hausmann sein, Gärtner, mit meiner Frau wandern“, zählt Wenzel auf. Und im Herbst nach 30 Jahren mal wieder die Modelleisenbahn im Keller aufbauen. Mehr Zeit für Familie und Hobbys hat auch Küsters eingeplant: Stand-up-Paddling, Tanzen mit seiner Frau, Kampfkunst. Stört es sie eigentlich, wenn man sie „Dorfsheriff“ nennt? Wenzel grinst, Küsters lacht. „Nein, wieso? Das trifft's doch. Oder aber Schutzmann op de Eck: Genau das waren wir.“

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