Integration im Siebengebirge Jetzt ist Barry Auszubildender
Siebengebirge · Vor drei Jahren kam der heute 21-Jährige als Flüchtling aus Guinea ins Siebengebirge. In Bad Honnef fand er wertvolle Unterstützung bei seinem Bemühen um Integration. Er lernte Deutsch, machte den Hauptschulabschluss und hat nun in Heisterbacherrott eine Ausbildung zum Mechatroniker begonnen. Um seine Anerkennung bangt er aber noch.
Blatt für Blatt breitet Barry seine Unterlagen vor sich aus. Vier Praktikumszeugnisse sind dabei. Und alle bescheinigen dem jungen Mann aus Guinea Fleiß, Pflichtbewusstsein, Talent, gute Umgangsformen und Kollegialität. Das wichtigste Dokument – und erkennbar der ganze Stolz des 21-Jährigen – bewahrt er sich bis zum Schluss auf, streicht fast zärtlich immer wieder mit den Händen darüber: sein Ausbildungsvertrag als Kraftfahrzeug-Mechatroniker.
Exakt drei Jahre, nachdem seine Flucht ihn nach Bad Honnef führte, geht für den jungen Mann aus Guinea ein Traum in Erfüllung. Im August, zum Jahrestag seiner Ankunft, beginnt er eine Ausbildung bei Fiat Moll in Heisterbacherrott – es ist der bislang bedeutendste Schritt auf dem Weg in ein selbstbestimmtes Leben.
Eine Ausbildung zu machen, den eigenen Lebensunterhalt zu verdienen: Das waren schon vor gut anderthalb Jahren Barrys sehnlichste Wünsche, als er mit seinen ehrenamtlichen Unterstützern zum ersten Mal in der Redaktion des General-Anzeigers zu Gast war. Viel hat sich seitdem getan. Exakter: Viel hat er seitdem getan. Er hat sehr gut Deutsch gelernt zum Beispiel. „Ich hatte aber auch ganz viel Hilfe“, pariert Barry das Kompliment für seine gute Aussprache.
Die Familie war in Guinea politisch verfolgt
Barrys Biografie steht für die vieler Flüchtlinge. Geboren wurde er in Guinea, lebte später an der Elfenbeinküste. Die Familie war politisch verfolgt. Er und weitere Familienmitglieder waren inhaftiert. Ob er weiß, wie es den Angehörigen heute geht? „Nein, ich habe seit drei Jahren keinen Kontakt“, sagt er. Barry, der in der Heimat als Kraftfahrzeugmechaniker und Chauffeur auf eigenen Beinen stand, sah keinen Ausweg und floh. Im Juli 2013 erreichte er die Bundesrepublik, im August kam er nach Bad Honnef.
Ihm war klar: Ohne einen in Deutschland anerkannten Schulabschluss würde es nicht gehen. Doch weil er volljährig war, stand ihm nicht automatisch ein Schulplatz zu. Er suchte und fand Hilfe beim Bonner Verein Ausbildung statt Abschiebung (AsA), namentlich bei Camilla Heynen, die Deutsch unterrichtet. Wichtiger Helfer und Vermittler von Kontakten war Henning Spohr von der Freiwilligenagentur in Bad Honnef. Er brachte den Flüchtling mit Monika Kasig, Mitglied der Bad Honnefer Adventgemeinde und Mathematik-Nachhilfelehrerin, zusammen. In Ulla und Wolfgang Brenne wiederum fand Barry hochengagierte Paten in Bad Honnef.
„Danke“ ist ein Wort, das Barry sehr oft benutzt – er ist dankbar für die praktische Hilfe, für Ansporn und Ermutigung, nicht aufzugeben, auch wenn es mal schwer ist. Auch, wenn es Rückschläge gibt. Ein ganzes Jahr lang musste Barry auf den Platz in der internationalen Förderklasse des Berufskollegs warten. Mittlerweile hat er den Hauptschulabschluss nach Klasse neun in der Tasche.
Je mehr er sich selbst anstrengt, umso mehr macht es ihm zu schaffen, wenn es bei anderen Stellen hakt. Obwohl sein Interview beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) mehr als zwei Jahre zurückliegt und der Asylantrag auf dem Weg ist, hat Barry bis heute nur eine sogenannte Aufenthaltsgestattung.
Er steht damit – trotz guter Aussichten auf Anerkennung – bisher am Ausgangspunkt des Verfahrens. Im Bad Honnefer Rathaus hat man dafür auf Anfrage nur eine Erklärung: Das Bundesamt sei durch die Flüchtlingswelle 2015 einfach überrollt worden. Nun hoffe man auf eine Entspannung der Situation durch die neu eingerichtete Außenstelle des Bamf in Bonn.
Barrys Appell in Richtung Bamf jedenfalls lautet: Angesichts der beschleunigten Asylverfahren, wie sie etwa für Syrer gelten, dürfe man die Flüchtlinge aus anderen Ländern nicht vergessen. Und er erzählt von der Situation einer Frau aus Nigeria, für die schon die Anreise zum Interview beim Bamf zum unlösbaren Problem zu werden drohe. Barry: „Viele schaffen das einfach nicht alleine.“
Sein großer Wunsch: Eine eigene Wohnung
Ein anderes Problem, das Barry belastet, ist die Wohnsituation in einer städtischen Unterkunft – in einem Durchgangszimmer ohne jede Privatsphäre, geschweige denn Ruhe zum Lernen. Am liebsten hätte er eine günstige kleine Wohnung für sich alleine. Da Barry aber noch nicht anerkannt ist und die Stadt ja über ausreichend Unterkünfte für Flüchtlinge verfügt, müsste er ein Zimmer oder Appartment privat mieten und von seiner geringen Ausbildungsvergütung selber zahlen.
Gleichwohl will er es wagen. Mit Hilfe von Camilla Heynen hat er Zettel mit seinem Mietgesuch verteilt, vor allem in Dollendorf, von wo aus seine Ausbildungsstelle mit dem Bus optimal zu erreichen wäre. Für eine Verbesserung hat sich gleichzeitig der Fachdienst Asyl der Stadt Bad Honnef ins Zeug gelegt: Barry werde in ein eigenes abgetrenntes Zimmer umziehen können, so Felix Trimborn vom Fachdienst Asyl. Das ist wichtig, wenn er für die Ausbildung paukt. Denn diese Chance will sich Barry auf keinen Fall nehmen lassen.
Kontakt für Hilfsangebote per E-Mail: c.heynen.bonn@t-online.de