Ausstellung im Kunstraum Bad Honnef ist eröffnet Jüdisches Leben in der Stadt ist Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Bad Honnef · Bad Honnef feiert in diesem Jahr die 1100. Wiederkehr seiner ersten Erwähnung als „Hunepha“. In den Fokus kommt dabei unter anderem jüdisches Leben in der Stadt. Der Kunstraum widmet dem nun eine besondere Ausstellung.

 Beteiligen sich beide an der Ausstellung im Kunstraum: Atalya Laufer und ihre Tochter Lili, die für einige der Kunstwerke mit eigenen Zeichnungen Pate stand.

Beteiligen sich beide an der Ausstellung im Kunstraum: Atalya Laufer und ihre Tochter Lili, die für einige der Kunstwerke mit eigenen Zeichnungen Pate stand.

Foto: Frank Homann

Esther Lili war der kleine Star im Kunstraum. Zum Auftakt der Ausstellung „Weiter“ tanzte die vierjährige Tochter von Künstlerin Atalya Laufer und sang das Lied „Hallelujah“. Diesen Auftritt hatte sich die Kleine auch redlich verdient: Ihre Zeichnungen waren für ihre Mutter nämlich Vorlage für einige Werke. Komplettiert wurde die Schau durch Arbeiten von Sonia Knop.

Die Präsentation der beiden jüdischen Künstlerinnen wurde von den Initiatoren des Projekts „Erinnerung und Gegenwart jüdischen Lebens in Bad Honnef“ initiiert, das Bestandteil des Jubiläums „1100 Jahre Honnef“ ist. Während diese Schau keinen direkten Bezug zu Bad Honnef hat, wird eine spätere zweite Ausstellung Fotos zeigen, die speziell auf Spuren jüdischen Lebens in Honnef hinweisen. Cornelia Nasner, Vorsitzende des Vereins zur Förderung von Kunst und Kultur, bedankte sich bei der Stadt und bei der Arbeitsgemeinschaft für diese Ausstellung.

Gruppe arbeitet jüdisches Leben von den Anfängen bis heute auf

Hauptimpulsgeber Michael Lingenthal nannte zur Eröffnung die Intention für die Aktivitäten der AG: „Hitler wollte nicht nur die jüdischen Menschen ermorden, sondern auch ihre Kultur ausmerzen. Wenn wir uns nicht erinnern, dann hätte Hitler gewonnen.“

Er informierte die Besucher der Vernissage über den Stand der Arbeiten der Gruppe „Zeitgeschichte“, die Stationen jüdischen Lebens in Honnef von den Anfängen bis in die Neuzeit aufarbeitet, und über das Kapitel „Stolpersteine 2.0“ der Jugendlichen. Lingenthal: „Es reicht nicht, die Aufschriften auf den Stolpersteinen zu lesen, sondern Familienschicksale sollen deutlich gemacht werden. Unsere Aufgabe ist es, die Menschen dem Vergessenwerden zu entreißen.“ Deshalb diese Ausstellung.

Atalya Laufer, deren Schwester mit ihrer Familie in Bad Honnef lebt, meinte: „Es ist kein Zufall, dass wir hier sind, denn wir möchten mit unseren Werken nicht nur den Blick in die Vergangenheit richten, sondern wir haben auch den Auftrag, aufklärerisch zu wirken.“ Die Künstlerinnen beschäftigen sich mit dem generationenübergreifenden Erzählen, sie möchten begreifen, festhalten und verstehen.

Großvater fertigte Uniformen für die Wehrmacht

Sonia Knop kam 1995 in Tomsk in Sibirien zur Welt. Mit ihren Eltern gelangte sie im Alter von drei Jahren nach Deutschland, wohnt derzeit in Frankfurt am Main. Ihr jüdischer Urgroßvater, der in Czernowitz in der Ukraine lebte, verdankte einer Singernähmaschine sein Überleben – er fertigte während des Zweiten Weltkriegs für die deutschen Soldaten Uniformen. Eine Skulptur aus Acrylglas mit Nähmaschine nimmt Bezug auf diese Familienerinnerungen.

Knops Seidendruck „Print“ entstand aus einer Fotografie, die sie mit dem Handy im Apartment von David Perlov, einen israelischen Regisseur, machte – und zwar in jener Wohnung in Tel Aviv, in der Perlov auch Passagen seines Dokumentationsfilms „Diary“ aufnahm. Sonia Knop lebte einige Monate darin – mit ihrer Arbeit verwebte sie wie Perlov außerordentliche Biografien mit der Alltäglichkeit.

Atalya Laufer, 1979 in Israel geboren, wuchs im Kibbuz Hazorea auf. Die Künstlerin entwickelte eine Serie von Collagen aus Buntstift- und Kreidezeichnungen, die ein Palimpsest der Zeichnungen ihrer Tochter darstellen. Die typisch kindlichen Motive wie Haus, Blume oder Sonne verwandelten sich unter der Hand der Künstlerin in eine überlagerte, komplexe Version ihrer selbst.

Kinderzeichnungen aus dem Kibbuz

Ebenfalls ganz persönlich sind die auf Glas gravierten Kinderzeichnungen, die direkt an einem Fenster des Kunstraums hängen. Sie haben einen besonderen Bezug zu Laufer. Sie besuchte ihren Kibbuz und stieß im Archiv auf die Zeichnungen ihrer Klasse, die während des Holocaust-Gedenktages Mitte der achtziger Jahre entstanden. Sie entdeckte auch ihre eigene Zeichnung von damals. „Wir sind zweite oder dritte Generation. Es wurde wenig über die Ereignisse gesprochen, aber es gab viel Traurigkeit, die sich in den Bildern findet.“ Laufer: „Diese Kinderzeichnungen sind ein wichtiges historisches Dokument – aus dem Dunkel eines Archivs gerettet.“

Die Ausstellung ist bis zum 7. August zu sehen, immer donnerstags und freitags von 16 bis 19 Uhr sowie samstags und sonntags von 10 bis 13 Uhr.

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