Jugendamt Königswinter verteidigt sich

Königswinter · Trotz Mängelliste: Die Stadtverwaltung von Königswinter betont vor dem Jugendhilfeausschuss die gute Arbeit des Jugendamtes. Durch die Mängel, die die Kontrollinstanz dem Amt im Bereich "Kindeswohlgefährdung" bescheinigt hat, war die Behörde in dieser Woche unter Druck geraten.

Jugendamt Königswinter verteidigt sich
Foto: Frank Homann

Der Bericht der Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) zum Königswinterer Jugendamt hatte auch ein Fernsehteam des WDR in den Sitzungssaal des Oberpleiser Rathauses gelockt.

Durch die Mängel, die die Kontrollinstanz dem Amt im Bereich "Kindeswohlgefährdung" bescheinigt hat, war die Behörde in dieser Woche unter Druck geraten. So wurde festgestellt, es gebe keine Dienstanweisungen, im Falle von Alarmmeldungen seien die Handlungsanweisungen nicht konkret und die Verfahrensabläufe nicht eindeutig genug.

Die GPA-PrüfungDie Gemeindeprüfungsanstalt erfasst und analysiert die wichtigsten materiellen und formellen Rahmenbedingungen der Haushaltswirtschaft. Geprüft wird stets die Aufgabenwahrnehmung in ausgewählten Bereichen. Dazu werden Daten erhoben und in den interkommunalen Vergleich gestellt. Potenziale werden aufgezeigt und Handlungsempfehlungen gegeben. Das Ergebnis wird bewertet im sogenannten KIWI, Kommunalindex für Wirtschaftlichkeit.

"Es hat tatsächlich keine Dienstanweisung des Bürgermeisters gegeben, sondern Einzelverfügungen. Ein strukturiertes Handeln mit den entsprechenden fachlichen Grundlagen war jedoch möglich", teilte Jugendamtsleiter Klaus Plate vor dem Ausschuss mit. Auf die Empfehlung der GPA habe man inzwischen eine Dienstanweisung erarbeitet.

"Wir haben das mit der Gemeindeprüfungsanstalt abgestimmt. Sie hat uns bestätigt, dass wir auf einem erfolgreichen Weg sind", sagte Plate. Es gebe allerdings keine gesetzliche Verpflichtung zu Dienstanweisungen, sie seien lediglich eine Empfehlung der GPA.

Der zuständige Dezernent Holger Jung betonte, dass der Prüfzeitraum das Haushaltsjahr 2008, also das "Aufbaujahr" des am 1. Januar 2008 eingerichteten städtischen Jugendamtes, sowie erste Erkenntnisse aus dem Jahr 2009 gewesen seien.

Ende Juli 2010 wurden der Stadt erste Ergebnisse vorgestellt, der vollständige Bericht liegt seit November vor. Jung bat den Ausschuss ausdrücklich, bei der Sitzung nicht den Fall Anna zu besprechen. Für das neunjährige Mädchen, dessen Pflegeeltern zurzeit wegen des Vorwurfs der Körperverletzung mit Todesfolge vor Gericht stehen, war das Königswinterer Jugendamt zuständig.

Plate stellte ausführlich dar, dass die Mitarbeiter des Jugendamtes im Jahr 2008 geschult worden seien, wobei besondere Aufmerksamkeit auf den Bereich "Kindeswohlgefährdung" gelegt worden sei. Im Jahr 2009 hätte es zwei weitere Schulungen gegeben.

Er verwies auf mehrere ausführliche Formulare, darunter einen vierseitigen Meldebogen und einem Nacherhebungsbogen nach Kontakt mit der Familie, der den Mitarbeitern seit Start des Jugendamtes Anfang 2008 bei Hinweisen zur Verfügung stehe. "Alle Arbeitsschritte werden auf Vordrucken dokumentiert und in einer Fachkonferenz vorgestellt."

Beim Thema "Hausbesuche" widersprach die Verwaltung dem GPA-Bericht. Die Gutachter bemängeln, dass diese Besuche in drei von fünf untersuchten Fällen nicht - wie empfohlen - von zwei Fachkräften durchgeführt wurden.

Auf Nachfrage des Grünen-Ratsmitglieds Richard Ralfs ("Wie schnell wurden diese Defizite konkret angegangen? Warum ist diese Regelung nicht viel früher und von selbst gekommen?"), schaltete sich Bürgermeister Peter Wirtz ein. "Hausbesuche sind von Anfang an zu zweit vorgenommen worden, allerdings ohne Dienstanweisung", stellte er fest. "Wir klären zurzeit mit der Gemeindeprüfungsanstalt, ob da möglicherweise ein Lesefehler vorliegt oder ob das nur nicht richtig dokumentiert wurde", sagte Plate nach der Sitzung dem General-Anzeiger. Auch die zuständige Mitarbeiterin des Jugendamtes sei erst seit Mittwoch wieder im Dienst. Da bestehe noch Klärungsbedarf.

Öffentlich oder nichtöffentlichVersehentlich sei der Teilbericht der Gemeindeprüfungsanstalt zum Königswinterer Jugendamt nicht auf die Tagesordnung für die Sitzung des städtischen Jugendhilfeausschusses am 3. Februar gekommen. Das teilte der zuständige Dezernent Holger Jung bei der Ausschusssitzung mit. In der Nachtragseinladung sei das korrigiert worden, allerdings zunächst für den nichtöffentlichen Teil. Das sei durch die Geschäftsordnung Rates so festgelegt, nach der die Öffentlichkeit bei Angelegenheiten der Rechnungsprüfung ausgeschlossen sei. Nachdem der General-Anzeiger jedoch berichtet hatte und andere Medien folgten, sah die Lage anders aus. Die Stadtverwaltung habe sich daraufhin entschlossen, den Bericht der GPA öffentlich zu machen und ihn auf die städtische Homepage gestellt. "Aus Gründen der Transparenz halten wir es für sinnvoll, den Bericht im öffentlichen Teil zu beraten", sagte Jung.

Der GPA-Bericht wurde am Ende vom Jugendhilfeausschuss einstimmig zur Kenntnis genommen und zur weiteren Beratung in den neu gebildeten Unterausschuss "Hilfen zur Erziehung" verwiesen. Dieser soll nach Auskunft des Vorsitzenden beider Ausschüsse, Stephan Unkelbach, noch in diesem Monat erstmals tagen. Die Handlungsempfehlungen des Unterausschusses werden dann wiederum im Jugendhilfeausschuss beraten werden.

Anschließend beschäftigt sich der Rechnungsprüfungsausschuss mit dem GPA-Bericht. Dessen vorrangiger Zweck ist schließlich die Wirtschaftlichkeitsprüfung der Verwaltungsarbeit.

Die Beurteilung der Verwaltungsarbeit durch die Politik geht auch nach der Ausschusssitzung weit auseinander.

Während Norbert Mahlberg (CDU) im Ausschuss feststellte, man könne das Jugendamt zu dem Gesamtbericht "nur beglückwünschen", sieht die Fraktion Freie und Linke, die im Ausschuss allerdings keinen Sitz hat, "in der herrschenden Politik und Verwaltung Königswinters eine Politik am Werk, die darauf zielt, sich um jeden Preis zu verteidigen und stets nur das einzuräumen, was man partout nicht mehr leugnen kann".

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