Gütetermin vor Bonner Arzthaftungskammer Ex-Patient verklagt Bonner Klinik nach Schlaganfall auf 1,6 Millionen

Bad Honnef · In der Nacht nach einem Routineeingriff in einer Bonner Klinik erlitt ein Mann aus Bad Honnef einen Schlaganfall. Der damals 45-Jährige verklagte das Krankenhaus auf Schadenersatz in Höhe von 1,6 Millionen Euro.

 Gütetermin in Bonn: 10.000 Euro soll der Geschädigte erhalten, weil zwischen dem Auffinden und seiner Einlieferung in eine Spezialabteilung zu viel Zeit verstrichen war.

Gütetermin in Bonn: 10.000 Euro soll der Geschädigte erhalten, weil zwischen dem Auffinden und seiner Einlieferung in eine Spezialabteilung zu viel Zeit verstrichen war.

Foto: dpa/Peter Steffen

Es war nur ein kleiner Routineeingriff: Wegen einer Operation der Nasenscheidewand hatte sich im Sommer 2013 ein damals 45-jähriger Mann aus Bad Honnef in eine Bonner Klinik begeben. Heute sitzt er im Rollstuhl und kann kaum noch sprechen.

Vor einer Bonner Arzthaftungskammer verklagte der mittlerweile 53-jährige Angestellte das Krankenhaus auf Schadenersatz in Höhe von 1,6 Millionen Euro, weil er in der Nacht nach der OP einen Schlaganfall erlitten hatte und aus dem Bett gefallen war. Erst am folgenden Morgen um 5.20 Uhr war der Nachtschwester der bewegungsunfähige, auf dem Boden liegende Patient aufgefallen.

Ein Szenario, das sich den Zuhörern des öffentlichen ersten Gütetermins allerdings erst nach und nach erschloss: Der Sach- und Streitstand, sprich die Vorgeschichte, wurde von der Zivilrichterin nicht mehr vorgetragen. Vielmehr wurde bereits wenige Minuten nach Verhandlungsbeginn klar, dass der Ex-Patient ziemlich schlechte Chancen hatte, seine Forderung durchzusetzen.

Richterin bringt Vergleichsvorschlag aufs Tapet

Obwohl schnell klar wurde, dass die Zivilkammer die Klage im Kern für unbegründet hielt, brachte die Vorsitzende Richterin gegen Ende der Verhandlung überraschend einen Vergleichsvorschlag aufs Tapet: 10.000 Euro soll der Geschädigte erhalten, weil zwischen dem Auffinden und seiner Einlieferung in eine Spezialabteilung zu viel Zeit verstrichen war.

Die Klägerseite hatte bei ihrer Forderung allerdings auf das nächtliche Geschehen abgestellt: Insbesondere monierte der Anwalt des 53-Jährigen, dass es Manipulationen in der Pflegedokumentation gegeben habe: Die Nachtschwester hatte nämlich offenbar gegen 22 Uhr abends zum letzten Mal nach dem frisch Operierten gesehen, bevor sie ihn dann um 5.20 Uhr auf dem Boden liegend auffand.

Durchgestrichener Vermerk in der Akte

In der Akte fand sich hingegen ein später durchgestrichener, auf sechs Uhr morgens datierter Vermerk mit dem Inhalt „Naseninspektion ohne Befund“. Später wurde das tatsächliche Geschehen dann nachgetragen, dazu der Hinweis, dass der Patient um drei Uhr geschlafen habe. Die Frage, ob die Nachtschwester nun um 3 Uhr tatsächlich noch einmal im Zimmer des Mannes gewesen war, hielt das Gericht aber letztlich für unerheblich.

Zwei Sachverständige, ein Neurologe und ein Hals-Nasen-Ohren-Spezialist mochten in ihren Gutachten nämlich kein Verschulden des Krankenhauses erkennen: „Bei einem Patienten einer solch guten Konstitution, wie bei dem damals 45-Jährigen habe niemand damit rechnen müssen, dass er einen Schlaganfall erleiden würde, so der HNO-Spezialist.

Klägerseite bemängelte fehlende Kontrollgänge

Die Operation an der Nasenscheidewand sei ein unkomplizierter, relativ kleiner Eingriff, der heute vielfach sogar ambulant durchgeführt werde. Dafür, wie oft die Nachtschwester in das Zimmer ihres Patienten hätte schauen müssen, gebe es keine generelle Richtlinie.

Die Klägerseite hingegen bemängelt fehlende Kontrollgänge während der Nacht: Es gebe nach einem Schlaganfall ein Zeitfenster von zirka vier Stunden, binnen dessen man einen Thrombus noch auflösen und so eine dauerhafte Schädigung des Gehirns vermeiden könne, sagte ihr Anwalt nach dem Verfahren. Man bedauere insbesondere, dass das Gericht es nicht für nötig befand, die Krankenschwester als Zeugin zu hören.

Geschädigter lässt sich auf Vergleich ein

Den Eintrag, dass die Fachkraft um 3 Uhr bei dem Patienten gewesen sei, glaube man wegen der unstimmigen, nachträglichen Korrektur nicht. Dennoch ließen sich der Geschädigte und seine Frau schließlich auf den von ihrem Verteidiger als „Friss- oder Stirb-Vergleich“ bezeichneten Vorschlag ein.

Die Rechtsschutzversicherung des Paars hatte nämlich erst nach einer vorausgegangenen Klage überhaupt zugestimmt, die Kosten des nun zu Ende gegangenen Verfahrens zu übernehmen. Im Falle einer Berufung müssten sie daher wohl die Kosten selbst tragen. Und das gebe die kleine Berufsunfähigkeitsrente des Geschädigten schlicht nicht her, so der Anwalt.

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