Konzert im Bürgerhaus Aegidienberg „König des Klezmer“ spielt vor kleinem Publikum

Aegidienberg · Giora Feidman und das Rastrelli Quartett schaffen mit ihrer Musik berührende Hörmomente. Mit Charme und Professionalität reagierte der 85-jährige „King of Klezmer“ auf die überschaubare Zuhörerschaft im Bürgerhaus Aegidienberg.

 Die Musiker des Rastrelli Quartetts Kira Kraftzoff (v.l.), Mischa Degtjareff, Kirill Timofeev, Sergio Drabkin spielen gemeinsam mit Giora Feidman.

Die Musiker des Rastrelli Quartetts Kira Kraftzoff (v.l.), Mischa Degtjareff, Kirill Timofeev, Sergio Drabkin spielen gemeinsam mit Giora Feidman.

Foto: Iris Zumbusch

Vor „nur“ 50 Zuhörern zu spielen, dürfte für den „King of Klezmer“, Giora Feidman, wohl eher zu den seltenen Konzerterlebnissen gehören. Im Bürgerhaus Aegidienberg war mit Abstand - wie es die aktuelle Lage gebietet - sorgsam Platz geschaffen für entsprechende Zahl an Musikfreunden.

Als Giora Feidman die Bühne betrat, nahm er diesen Umstand humorvoll auf. „Wir spielen auch für nur einen Zuhörer“, rief er und breitete weit seine Arme zur herzliche Begrüßung aus, um sie dann zu einer symbolischen Umarmung wieder zu schließen. Der 85-jährige Musiker ist in den großen Musiksälen der Welt zuhause. Seinen wohl größten Auftritt hatte er 2005, als Papst Benedikt XVI ihn einlud, um zur nächtlichen Gebetswache auf dem Weltjugendtag in Köln vor mehr als 800.000 Zuhörern aufzuspielen. Feidman gibt noch heute bis zu 150 Konzerte jährlich, derzeit tourt er mit einer Weihnachtstournee durch Deutschland.

Giora Feidman spielt leise Klänge auf der Klarinette

„Danke, dass Sie uns eingeladen haben“, wandte er sich noch an die Konzertbesucher, bevor er dann die aller feinsten leisen Klänge seiner Klarinette entlockte. Eine fallende Stecknadel wäre in diesem Moment gut hörbar gewesen.

An seiner Seite das „Rastrelli Cello Quartett“: 2002 gründeten Kira Kraftzoff, Mischa Degtjareff, Kirill Timofeev und Sergio Drabkin, vier klassisch ausgebildete russische und weißrussische Cellisten, in Deutschland das nunmehr weltberühmte Streichquartett. Die Verbindung zu Giora Feidman entwickelte sich musikalisch zu einem besonders intensiven Dialog zwischen den Musikwelten. Die gemeinsamen Auftritte eröffnen den Zuhörern Klangräume, deren Weiten ganz tief und meditativ berühren können. „Das Rastrelli Quartett ist ein Geschenk für uns. Es ist das beste Streichquartett der Welt“, würdigte Feidman die Cellisten.

Wenn Feidman spielte – oft nahezu der Zeit völlig entrückt, wie es schien – verharrten die Cellisten hochkonzentriert, um jede Farbnuance der Klarinette jederzeit und unmittelbar aufgreifen zu können. Wenn die Streichinstrumente erklangen und die Klarinette schwieg, nahm Feidman den Rhythmus mit den Füßen auf und schickte seiner Begeisterung immer wieder ein mitreißendes „Hey“ hinterher. Das Zusammenspiel von Klarinette und Celli bewegte sich zwischen furiosem Temperament und einem Feinklang, dessen schwebenden nahezu ortlosen Töne in Stille und feiner Schwingung ihre Grenzen fanden.

Und immer wieder Feidmans wichtigste Botschaft. „Musik ist das was uns vereint“. Es seien Musiker wie etwa Astor Piazolla gewesen, der den Mut gehabt habe, in Argentinien, einem Land, wo der traditionelle Tango ein Heiligtum sei, diesen Musikstil mit dem „Tango nuevo“ aufzubrechen.

Verweis auf die Beatles

Oder die Beatles: „Sie mögen doch die Beatles?“ Solche Musiker brauche die Welt, um das Gemeinschaftsgefühl der Menschheit zu stärken, in einer Zeit, wo viele Länder immer mehr Bomben produzierten. „Was können die Menschen heute einem Neugeborenen bieten? Was für eine Welt, wenn das nur Bomben sind.“

Dabei sei die Welt doch auch eine „Wonderful World“ erinnerte Feidman an den Welthit „What a Wonderful World“ des amerikanischen Sängers und Trompeters Louis Armstrong. Als Feidmann und das Rastrelli Quartett auch diesen Song gemeinsam darboten, war endgültig klar, die 50 Zuhörer hatten ein wunderbare Geschenk bekommen: Einen Konzertabend lang tief innehalten zu dürfen in dieser schwierigen Zeit. Mit stehenden Ovationen wurden Feidman und die Streicher verabschiedet.

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