Hilfe für die Flutopfer Konzerterlös für eine Familie aus Ahrweiler

Aegidienberg · Der Regen bei der „Musik im Veedel“ mit „Autumn Nights“ in Aegidienberg war sinnbildlich: Der Konzerterlös kommt voll und ganz einer Familie aus Ahrweiler zugute, die bei der Flutkatastrophe ihr Hab und Gut verloren hat. Wie dringend auch weitere Unterstützung benötigt wird, schilderte die Aegidienbergerin Daniela Ratajczak.

 Der aufziehende Regen verkürzte das Konzert von „Autumn Nights“, tat der Spendenbereitschaft der Besucher aber keinen Abbruch.

Der aufziehende Regen verkürzte das Konzert von „Autumn Nights“, tat der Spendenbereitschaft der Besucher aber keinen Abbruch.

Foto: Frank Homann

Am Himmel hingen dunkle Wolken. Und die Selhofer Band „Autumn Nights“ startete bei „Musik in Veedel“ auf dem Aegidiusplatz auch noch mit dem Titel „Let it Rain“. Etwas früher als ursprünglich geplant ertönten die ersten Klänge, denn Veranstalter und Organisator, KG Löstige Geselle und Rainer Hombücher, fürchteten schon, dass Regen dem Open-Air-Konzert ein frühzeitiges Ende bescheren könnte. Und tatsächlich: Die Bandmitglieder mussten früher als gedacht die Instrumente einpacken.

Der Regen – fast war er schon sinnbildlich. Denn auch das zweite „Musik im Veedel“ der Saison 2021 stand ganz im Zeichen der Hilfe für die Flutopfer. Bei der üblichen Hutsammlung kamen diesmal 700 Euro zusammen. Die Musiker - Björn Kükenthal (Saxophon und Akkordeon), Bert Leyendecker (Gitarre), Frank Weinz (Bass), Martin Kabath (Cajon) sowie die Sänger Rebecca Lindlahr, Sabrina Iacona und Robert Schlüter - verzichteten komplett auf ihre Gage.

Große Hilfe trotz Konzertabbruchs

Musikalisch erlebte das Publikum also nur eine Halbzeit und bedauerte sehr, das Programm nicht komplett hören zu können. Mit „Autumn Nights“ war nach der ersten Corona-Welle 2020 das Format „Musik im Veedel“ entstanden, dessen Premiere damals in Aegidienberg stattfand. Metzgermeister Witt brutzelte auch diesmal am Grill. Das Café Schlimbach versorgte die Besucher mit Getränken, auch nach dem Abbruch.

Gesprächsstoff gab es genug. Denn kurz vor Einsetzen des prasselnden Regens berichtete Daniela Ratajczak von ihren Hilfsaktionen in Sachen Flutkatastrophe. Sie schilderte das Leid der Menschen in den Katastrophengebieten und von einer neunköpfigen Familie aus Ahrweiler, für die konkret die Spende dieses Konzertes bestimmt ist. Auch der Erlös des ersten Veedel-Konzerts in Höhe von 1 200 Euro ging an die Betroffenen, die ihr Haus verloren und nun in Gelsdorf auf 40 Quadratmetern Unterschlupf gefunden haben. Der Vater arbeitet bei Edeka in Ahrweiler – das Geschäft ist ebenfalls zerstört.

Ratajczak schilderte, wie sich die Familie von Stockwerk zu Stockwerk nach oben und dann aufs Dach rettete, von wo sie später von Hubschraubern geborgen wurden. Die sieben Kinder zwischen drei und 18 Jahren sträuben sich bis heute, zum Katastrophenort zurückzukehren. Das jüngste Kind ist zudem herzkrank. „Die Leute hatten nur noch das, was sie auf dem Leib trugen. Wir wollen versuchen, ein Auto für die Familie zu beschaffen“, so Ratajczak. „Schwierig wird es, für eine so große Familie eine Wohnung zu bekommen. Aber die Eltern machen das Beste aus der Situation, lassen sich nicht unterkriegen.“

Die Aegidienbergerin informierte auch über ihre Hilfsaktion, die mit Hilferufen von Freunden von der Ahr ausgelöst wurde. Als noch die Handys funktionierten, hatte sie bestürzte Anrufe erhalten von Freunden, denen das Wasser im Wortsinne bis zum Hals stand. „Wir haben Angst, das Wasser steigt immer höher“, hieß es da. Oder: „Kannst du versuchen, unsere Tochter zu erreichen, die ist noch unterwegs.“ Die 39-Jährige erhielt auch ein Video von der Ahr, das einen Einblick in das schauerliche Geschehen übermittelte. Am Morgen fuhr Ratajczak nach Bad Münstereifel, wo sich einige Bewohner des Ortes filmen ließen mit dem Hinweis: „Wir leben noch, aber uns fehlen Leute.“

Über ihren Socialmedia-Account „lalaundfluse“ postete die Aegidienbergerin diese Informationen – so sollten Schicksale geklärt werden; das war aber auch der Start zur Katastrophenhilfe. Eine Million Menschen erreichte der Hilferuf. Und von überall her traf Hilfe ein.

Ratajczak organisierte die Logistik und den Abtransport von knapp 1000 Umzugskartons an Hilfsgütern, Lager für Hilfsgüter und auch eine Sammelaktion in Bad Honnef. 310 40-Tonner aus ganz Deutschland von Firmen und Privatleuten waren unterwegs. Bekleidung, Hygieneartikel, Bautrocknungsgeräte, Werkzeug, Pumpen. Hochdruckreiniger: Alle Spenden konnten über sie in die Flutgebiete gebracht werden. Auch nach Pepinster in Belgien und Vicht im Kreis Stolberg schickte sie Hilfsgüter. Sie vermittelte ebenso Shuttle-Möglichkeiten für Helfer und Ferienwohnungen für Flutopfer. Und sie appellierte an die Konzertbesucher, auch weiterhin Hilfe zu leisten.

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