Siebengebirgsgymnasium in Bad Honnef Lehrstunden in sozialer Verantwortung

BAD HONNEF · Schüler des Bad Honnefer Siebengebirgsgymnasiums machen in der Oberstufe ein Praktikum. Vier Gymnasiastinnen wählten die integrative Löwenburgschule.

 Hausaufgaben machen und in den Pausen Fangen spielen: Die 16-jährige Laura Blanco und drei Mitschülerinnen des Sibi machen ihr Praktikum an der Löwenburgschule.

Hausaufgaben machen und in den Pausen Fangen spielen: Die 16-jährige Laura Blanco und drei Mitschülerinnen des Sibi machen ihr Praktikum an der Löwenburgschule.

Foto: FRANK HOMANN

So ein bisschen haben sich die vier wie echte Lehrerinnen gefühlt. Dabei haben die Schülerinnen nur die Straßenseite gewechselt. Statt wie üblich in das Siebengebirgsgymnasium sind Laura Blanco, Annika Grünenwald, Lea Guthy und Franziska Richter morgens in die gegenüberliegende Löwenburgschule gegangen. Für zwei Wochen schlüpften die Oberstufenschülerinnen in die Rolle der Betreuerin von Grundschulkindern. Sie absolvierten ihr Sozialpraktikum in vier verschiedenen Klassen.

Und ihre Schützlinge wollen sie gar nicht mehr ziehen lassen. "Bleibst Du bei uns?", fragen die Kleinen. Oder sie laden die "Lehrerinnen" zum Geburtstag ein. "Lea lernt mit uns die Uhr", erzählt Emily (7). "Und in der Frühstückspause liest sie uns Geschichten vor. Wenn sie da ist, ist es in der Schule besonders schön." Alexandra (7) findet: "Lea ist fast wie eine richtige Lehrerin. Sie hilft uns. Wir haben sie lieb. Sie könnte immer bleiben."

Wenn das keine Komplimente sind. Lea Guthy ist der 2 b von Lehrerin Carmen Probst zugeteilt, die an der Löwenburgschule auch für Praktikanten zuständig ist. Vor neun Jahren war die Sechzehnjährige selbst Erstklässlerin der Löwenburgschule und legte ein besonderes Heft an, das den Titel "Mein 1. Buch" trägt. Das zeigte sie nun den Kindern. Und die staunten, dass diese großen Mädchen auch einmal klein angefangen haben. Das erste Buch ist noch immer Tradition.

Auch Laura Blanco (16) war Löwenburgschülerin. Sie ist nun der Klasse 2 a zugeteilt. "Ich möchte später mal Lehrerin werden. Es macht mir wirklich sehr viel Spaß." Auch die anderen drei Praktikantinnen haben diesen Berufswunsch und fühlen sich nach zwei Wochen Praxis bestärkt darin. "Wenn Kinder Fragen haben, erkläre ich es ihnen. In den Pausen haben wir zusammen Fangen gespielt", berichtet Laura. Das ist natürlich etwas Besonderes. "Die Praktikantinnen sind für die Kinder Erwachsene, aber sie spielen noch mit den Kindern", sagt Carmen Probst. "Wir kontrollieren auch die Hausaufgaben, erklären Dinge, die den Kindern unverständlich sind. Sie setzen sich auf den Schoß. Wir sind für sie wie große Schwestern", meint Annika Grünenwald, die in Klasse 3 a "unterrichtet". Und: "Die Kinder fragen, wie es am Sibi ist und hören aufmerksam zu." Auch am Nachmittag in der Offenen Ganztagsschule sind die vier Gymnasiastinnen eingespannt, denn die Praktikantenwoche umfasst 38,5 Stunden.

Lea Guthy hatte sich für eine eigene Unterrichtsstunde im Fach Kunst eine Geschichte ausgedacht. Dazu sollten die Schüler ein Bild malen und den Einsatz von warmen und kalten Farbtönen üben. Laura (16) hat das Buch von der Buchstabenhexe für ihre Stunde gewählt. Die echte Lehrerin lobt: "Es ist mutig, wenn Sozialpraktikanten sich trauen, Unterricht zu erteilen." Ein Sozialpraktikum an einer Grundschule entspricht zwar nicht der klassischen Vorstellung wie ein Einsatz im Altenheim oder im Krankenhaus. Carmen Probst: "Aber es ist gerechtfertigt. Ich denke dabei besonders an Inklusion."

Und Oberstudienrätin Kirsten Emmerich, am Siebengebirgsgymnasium Koordinatorin für das Sozialpraktikum, sagt: "Es ist ein schöner Zufall, dass die vier Schülerinnen Lehrerinnen werden wollen. Vor allem aber sollen sie durch dieses Praktikum das Gefühl entwickeln, was solche Institutionen leisten. Unsere Schule möchte damit das Bewusstsein unserer Schüler für soziale Verantwortung stärken." Für die Lehrerin für Englisch und Katholische Religion war das Angebot des Sozialpraktikums am Sibi ausschlaggebend, an dieser Schule tätig zu werden. Pflicht ist das nämlich nicht.

Am Freitag gab es an der Löwenburgschule nicht nur Zeugnisse. Die "Lehrerinnen" hatten zum Abschied Muffins gebacken.

Mehr Wertschätzung

149 Sibi-Schüler der Oberstufe haben sich am Sozialpraktikum in 75 sozialen Einrichtungen beteiligt. Dabei erfahren die Jugendlichen, was es bedeutet, konkrete Hilfe zu leisten.

Der Abbau von Berührungsängsten und die Entwicklung von Wertschätzung ist das Ziel - sowohl gegenüber den sozialen Einrichtungen als auch den dort arbeitenden Menschen. Kirsten Emmerich, Praktikums-Koordinatorin am Sibi: "Das Gefühl, wirklich gebraucht worden zu sein, erfüllt unsere Schüler mit Zufriedenheit."

Die Praktikanten werden von Lehrern und Fachleuten begleitet, das Praktikum wird vorbereitet.

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