Flüchtlingshelferin Hevin Heelemann aus Aegidienberg „Manche wollen einfach nur zurück“

BAD HONNEF · Ein Päckchen Salz brachte quasi ganz neue Würze in ihr Leben. Beim Einkauf zeigte Hevin Heelemann Flüchtlingen die preiswerteren Sorten. „Beim Mineralwasser wiederholte sich das“, erzählt die 43-Jährige.

 Man spürt die Vertrautheit: Hevin Heelemann (Mitte) steht Flüchtlingen in Bad Honnef zur Seite. FOTO: ROSWITHA OSCHMANN

Man spürt die Vertrautheit: Hevin Heelemann (Mitte) steht Flüchtlingen in Bad Honnef zur Seite. FOTO: ROSWITHA OSCHMANN

Foto: Oschmann

Das war ihr erster Kontakt mit Neuankömmlingen aus Syrien im vergangenen Jahr. Seither kümmert sie sich unermüdlich um Menschen, die in Bad Honnef aufgenommen wurden. Denn Hevin Heelemann hat den entscheidenden Schlüssel – sie beherrscht die Sprache der Flüchtlinge. Die Aegidienbergerin gab den Neuankömmlingen damals ihre Telefonnummer mit dem Angebot: „Wenn ihr Hilfe braucht, ruft mich an!“ Und das passiert seither oft, quasi rund um die Uhr.

„Hevin“ ist überall – beim Café International in Aegidienberg und im Tal, in der Nähstube, bei der Tafel oder in der Starthilfe, in Arztpraxen, in Schulen und Kindergärten, in den Unterkünften. Denn: Die junge Frau, die so oft und gern lacht, die umarmt und tröstet, ist ein Sprachgenie. Monatelang hat sie unermüdlich nur ehrenamtlich gearbeitet. Anfang Februar erhielt sie selbst eine neue Aufgabe – seither übersetzt sie 20 Stunden pro Woche im Auftrag der Stadtverwaltung.

Hevin Heelemann spricht Arabisch wie früher in der Schule in ihrer Heimatstadt Aleppo in Syrien, Kurdisch, ein bisschen Türkisch und Armenisch, das sie einst von den in ihrer Nachbarschaft lebenden Christen erlernte. Und Deutsch. Vor 26 Jahren kam sie in die Bundesrepublik, um Verwandte zu besuchen. Sie blieb.

Ihre Familie hatte ein Haus in Aleppo und in einem Dorf in der Nähe einen großen Hof mit Pferden und Schafen. „Ich bin schon mit zehn Jahren mit dem Traktor gefahren“, berichtet Hevin Heelemann. Vor drei Monaten flüchtete ihre Mutter, die jetzt in Köln lebt, aus der Heimat, zusammen mit einer Schwester und einem Bruder Hevins.

„Meine Mutter ließ vor ihrem Abschied die Tiere frei, die schauten sie an und liefen nicht weg. Das war herzzerreißend für meine Mama“, erzählt die Syrerin traurig. Ein Bruder wohnt bei ihr in Aegidienberg und lernt Deutsch. Er trug bei seiner Flucht seinen verwundeten Freund, der noch vor der Grenze zur Türkei verstarb. Ein anderer Bruder erlitt mit 31 Jahren in einem Flüchtlingslager im Libanon einen tödlichen Herzinfarkt. Genug Schicksalsschläge in der eigenen Familie für Hevin.

Aber die Dolmetscherin hört auch genau zu, wenn all die anderen Flüchtlinge ihr erzählen, was sie erlebt haben. Hevin Heelemann hilft, wo sie kann, füllt Papiere aus, geht mit zum Ausländer- oder Gesundheitsamt. Sie betreut außerdem als Patin aktuell eine Familie mit vier und eine Familie mit sechs Kindern sowie vier Jugendliche.

Manchmal rufen andere Paten an, die in komplizierten Fällen mit ihrem „Latein“ am Ende sind, wo weder Deutsch noch Englisch und auch Hände und Füße nicht zur Verständigung ausreichen. Hevin übersetzt dann am Telefon oder fährt sogar hin. „Alle können mich anrufen. Ich bin immer erreichbar.“

Hevin Heelemann möchte ihren Landsleuten helfen, aber auch den Flüchtlingen aus dem Irak oder Iran. „Wenn Kinder dabei sind, bin ich sehr weich“, sagt die dreifache Mutter. Und sie erzählt: „Es macht mich traurig, was in meinem Heimatland passiert. Ich hätte mir gewünscht, dass meine Kinder meine Heimat sehen können und die Tiere auf unserem Hof, dass sie die Früchte von unserem Feld essen, und auch das Brot von den eigenen Körnern. Linsen, Erbsen, Tomaten, Auberginen, alles gab es bei uns.“

Hevin Heelemann kann sich in die Flüchtlinge hineinversetzen, sie kennt das Land und die Menschen. Wahrscheinlich ist sie auch deshalb so gefragt als Helferin. Nachdenklich sagt sie: „Es gibt Flüchtlinge, die sind sehr glücklich, es gibt welche, die sind sehr traurig, manche wollen einfach nur zurück.“

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