Leiter des Honnefer Abwasserwerks "Mikroplastik ist ein großes Zukunftsthema"

Bad Honnef · Hans-Joachim Lampe-Booms, der seit Sommer Chef des Abwasserwerks und der Bäder in Bad Honnef ist, rechnet mit weiteren erheblichen Investitionen. Beim Insel-Freibad auf Grafenwerth gerät er ins Schwärmen.

Der erste Eindruck ist durchaus überraschend: Es riecht nicht ganz so streng wie gedacht. Nicht weniger überraschend: „Ein Klärwärter merkt sofort am Geruch, ob die Anlage richtig arbeitet, ob die Trennung von Wasser- und Schlammphase funktioniert“, erklärt Hans-Joachim Lampe-Booms beim Rundgang durch die Kläranlage an Sankt Göddert. Die gehört seit Sommer zum täglichen Geschäft des 54-Jährigen: Er leitet das Abwasserwerk der Stadt Bad Honnef, ist damit auch zuständig für die beiden Klärwerke im Tal und in Aegidienberg sowie Betriebsleiter der Bäder. Credo des Diplom-Ingenieurs: „Wir müssen sehr sensibel mit dem Gut Wasser umgehen. Das ist eines der großen Themen der Zukunft.“

Genau darum geht es in der Kläranlage, die Lampe-Booms bereits kennt wie seine Westentasche. Der Fachmann, der gebürtig aus Isselburg am Niederrhein stammt, Versorgungstechnik studiert hat und mehr als 20 Jahre lang für die heutige Suewag mit kommunaler Wasserver- und -entsorgung tätig war, erklärt die Abläufe der Klärstufen mit mechanischer und biologischer Reinigung. Dass unter anderem ein Tennisball im Rechen der Kläranlage hängen bleibt, überrascht den Experten keineswegs. „Sie glauben nicht, was da manchmal zutage gefördert wird.“ Aber genau dazu seien die komplexen Verfahren ja da: das Wasser aufzubereiten.

Klärschlamm wird als Dünger verwendet

Das besondere an der Kläranlage an Sankt Göddert: Die Becken sind komplett eingehaust, „dazu hat man sich damals entschieden, um die Geruchsbelastung so gering als möglich zu halten“, so Lampe-Booms. Gebaut wurde die Anlage 1981, eine Sanierung unter anderem der Reststoffentsorgung erfolgte in den 90er Jahren. Ausgelegt ist sie für 27 000 Einwohner. Jährlich – so die Zahlen von 2015 – werden hier rund 1,8 Millionen Kubikmeter Abwasser gereinigt.

Dabei fallen rund 2000 Tonnen ausgefaulter, entwässerter Klärschlamm an, der komplett in der Landwirtschaft als Dünger verwertet wird. Der anfallende Sand hingegen wird etwa im Straßenbau wiederverwertet. Mikroorganismen erzeugen im Faulturm zusätzlich rund 230 000 Kubikmeter Klärgas pro Jahr, das zur Stromproduktion in einer Mikroturbine verbrannt wird. Noch eine Erkenntnis: Das Umweltbewusstsein der Bürger, sprich sinkender Wasserverbrauch, sorgt für mehr Ablagerungen in den Kanälen.

Architektur der Kläranlage als Herausforderung

Die Architektur der Kläranlage stellt das Abwasserwerk auch vor eine Herausforderung: Die Betondecken müssen saniert werden. Eine weitere Aufgabe, der sich Lampe-Booms widmen muss, ist die Zusammenlegung der Fernwirktechnik. Die beiden Kläranlagen und die Außenanlagen wie Pumpwerke und Regenrückhaltebecken sollen von den elf Mitarbeitern zentral von der Anlage an Sankt Göddert aus überwacht werden.

Bei einem Störfall – 2010 hatte die Einleitung stark laugenhaltiger Abwässer die Anlage zum Erliegen gebracht – könne dann noch besser reagiert und der kürzeste Weg zur Beseitigung der Störung gewählt werden. Lampe-Booms geht davon aus, dass das Projekt innerhalb der nächsten zwei Jahre realisiert werden kann.

Auflagen werden immer strikter

Grundsätzlich stellt er fest, dass die Auflagen in der Abwasseraufbereitung immer strikter werden. Eine Herausforderung etwa sei die Einrichtung von Filtermöglichkeiten für Mikroschadstoffe wie Plastik. „Das bedarf hoher Investitionen und ist sicher ein großes Thema der Zukunft,“ meint der Betriebsleiter. Auch ansonsten müsse weiter investiert werden, in die Hydraulik der Kanäle – Stichwort Starkregen –, in Retentionsfilter oder in die Kanalsanierung durch Inlinerverfahren. Letzteres erweist sich heute schon als vorteilhaft, da für die Arbeiten nur noch kleinere Baugruben nötig sind.

Neben Kläranlage und Kanalnetz mit weit mehr als 100 Kilometern Gesamtlänge gehören auch die Bäder der Stadt zu Lampe-Booms Aufgabengebiet. „Das war so schon ein Novum für mich“, so der Ingenieur, der für seinen früheren Arbeitgeber unter anderem Projekte in Armenien betreut hat. Allerdings: In seiner früheren Eigenschaft hat er auch ein Naturschwimmbad in Schwalbach am Taunus aufgebaut.

"Nicht einfach ein Freibad, das ist spektakulär"

Beim Thema Insel-Freibad kommt geradezu ins Schwärmen: „Das ist nicht einfach ein Freibad, das ist spektakulär. Mit der Saison 2018 haben wir natürlich Glück gehabt“, kommentiert er die gute Bilanz. Doch auch bei den Bädern, vor allem dem Lehrschwimmbad in Aegidienberg, komme noch einiges auf die Stadt zu. „Auf vielen Feldern ist halt lange nichts passiert.“

Über seinen neuen Arbeitsort sagt der Vater zweier erwachsener Kinder, der in seiner neuen Eigenschaft auch die jüngst von der deutschen Unesco-Kommission ausgezeichnete Bildung für nachhaltige Entwicklung in Bad Honnef mit vorantreiben will: „Es gefällt mir sehr gut.“ Da falle auch das wöchentliche Pendeln zwischen Siebengebirge und Taunus nicht zu sehr ins Gewicht.

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