Kirche Sankt Martin in Selhof Nach dem Brand: Gotteshaus ist nicht vor Ostern nutzbar

SELHOF · Anfang September hat es an der Sankt Martin Kirche in Selhof gebrannt. Doch der Schaden ist größer als zunächst angenommen. So dauert es auch noch, bis die Kirche wieder genutzt werden kann.

 Einsatz am 2. September: Wehrleute löschen das Feuer, dass am Nebenportal der Kirche Sankt Martin ausgebrochen war.

Einsatz am 2. September: Wehrleute löschen das Feuer, dass am Nebenportal der Kirche Sankt Martin ausgebrochen war.

Foto: jens kleinert

Die Selhofer Kirche Sankt Martin ist seit dem Brand am Nebenportal Anfang September geschlossen – und sie bleibt es voraussichtlich bis weit ins neue Jahr hinein. Denn was anfangs nach einem geringfügigen Schaden aussah, zieht eine umfassende Renovierung nach sich.

Kosten: geschätzt 600.000 Euro. „Von Weihnachten hatte ich geträumt. Aber derzeit ist fraglich, ob wir Ostern wieder in unserer Kirche sind“, sagt der geschäftsführende Vorsitzende des Kirchenvorstandes, Walter Irmgartz.

„Ich bin davon ausgegangen, dass wir das Nebenportal schnell wieder aufbauen. Eine Kleinigkeit, dachte ich“, so der gelernte Architekt, der als Baufachmann auch Vorsitzender des Bauausschusses der Pfarrgemeinde ist. Aber der Ruß, der sich bis in die kleinsten Ritzen abgesetzt hat, vom Keller bis zum Dach, macht es erforderlich, dass die Kirche quasi auf den Kopf gestellt wird. „Wir müssen sogar das Geld waschen“, so der 67-Jährige. Denn auch in den Schlitz des Opferstocks drang der Qualm, nachdem die Hitze des Feuers die Glastür zersplittern ließ.

Gebetbücher, das komplette Repertoire vom Schriftenstand – alles ist verdreckt und stinkt bestialisch. In den Müll wandern auch die Teppiche und die Polster von den Bänken. Die Messdienerkleidung ist schon wieder auf Vordermann gebracht; Kirchenchorfahne und Altardecken kommen noch in die Spezialreinigung.

Aber das sind Kleinigkeiten gemessen an der Sanierung von Kirchenbau und Kunstwerken. Der eingeschaltete Architekt Klaus Niehoff führt derzeit die Ausschreibungen durch. Restauratoren haben die wertvollen Kunstwerke in Augenschein genommen. Auf allem liegt eine fette Rußschicht, und bei der Belüftung nach dem Brand wurden die Fetzen einer verkokelten Gummifußmatte auf dem Boden verteilt. Die mobilen Kunstwerke werden zuerst ausgeräumt. Dann folgen die Bänke, die gesäubert und in Containern eingelagert werden.

Bildhauer Titus Reinartz, der die Martinreliefs schuf, wird sie selbst reinigen und auch die Kreuzwegstationen von Lilo Assenmacher sowie Altäre, Taufstein und Tabernakel bearbeiten und einschalen, bis rundherum alles wieder in Ordnung ist. Die Lampen müssen abgenommen, Kabel entfernt werden. Anschließend wird die komplette Holzdecke der Kirche, die zwischen 15 und 19 Meter hoch ist, heruntergerissen.

Die Zedernholzverkleidung am Nebeneingang ist nach dem Brand ohnehin schwarz. Da aber die Decke abgedämmt ist und das 30 Millimeter dicke Material von dem stinkenden Rauch, der durch die Fugen drang, „verseucht“ wurde, bleibt nichts anderes übrig, als Tabula rasa zu machen. „Alles muss runter“, entschied der Sachverständige. Die Holzdecke ist wegen der Bauweise auch nicht wiederverwendbar. Die Kirche muss innen bis unter die Decke komplett eingerüstet werden; der Auftrag ist vergeben.

Dem Grauwackermauerwerk mit den groben Fugen ist die Verschmutzung zunächst nicht anzusehen, doch ein Wisch mit dem Finger zeigt auch hier die Rußschicht. Irmgartz: „Die Wände müssen abgesaugt werden. Mit welcher Technik wir vorgehen, ist noch nicht klar. Das betrifft auch die Betonglasfassade.“ Bei dem Brand wurde ein Glaselement beschädigt. Die Firma Derix, die beim Bau der Kirche 1966 dafür zuständig war, schafft Ersatz. Auch die Heizung und der Lüftungsschacht im Keller müssen vom Dreck befreit werden.

Ein weiteres Kapitel ist die Orgel. Ein Sachverständiger und ein Orgelbaumeister haben sie unter die Lupe genommen. Die spanischen Trompeten werden wahrscheinlich abgebaut, eventuell auch die vorn stehenden Pfeifen. Das Orgelgehäuse wird eingepackt. Die mobilen Kunstwerke indes werden zum Restaurator geschafft. Bei der Madonna aus dem 18. Jahrhundert reicht wohl eine Reinigung durch den Fachmann. Das wertvolle Gabelkreuz aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, das 1963 aufwendig restauriert wurde, wird der Restaurator zunächst säubern und inspizieren.

Aus welchem Jahr die Holzfigur des heiligen Michael als Drachentöter stammt, ist unbekannt. Dem Teufel fehlt ein Arm. Womöglich wird dieser nun in einem Abwasch ersetzt, wenn die Heiligenfigur in die Werkstatt geht. Ebenso wie die Ikone des Selhofer Ikonenmalers Heinrich Schmitt und ein Bild aus dem 18. Jahrhundert.

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