Katholische Kirche im Siebengebirge Neues Konzept für Familienmesse

SIEBENGEBIRGE · Immer mehr Gläubige kehren ihrer Kirche den Rücken. In Königswinter und Bad Honnef wurden im vergangenen Jahr 358 Kirchenaustritte registriert. Das sind 119 mehr als im Jahr 2012. Die Zahlen teilte das Amtsgericht Königswinter mit.

Die katholische Kirche muss mit 248 Austritten (2012: 152) den Löwenanteil hinnehmen. Demgegenüber stehen 108 Austritte (2012: 86) in der evangelischen Kirche. Die übrigen Austritte werden sonstigen Glaubensgemeinschaften zugeordnet. Die Tatsache, dass immer mehr Menschen den Gottesdiensten fernbleiben, beunruhigt Pfarrer Udo Maria Schiffers aber noch mehr. Nicht zuletzt deshalb will Gemeindereferentin Judith Effing in Sachen Familiengottesdienst daher neue Wege gehen.

Der Grund für die Austrittswelle, so sind sich die Experten einig, liegt insbesondere an den Vorkommnissen in Limburg. Im Oktober, als die Affäre um den Limburger Bischof Tebartz-van Elst und seinen kostspieligen Bau öffentlich wurde, habe sich die Zahl der Austritte mancherorts gar verdoppelt. Udo Maria Schiffers, leitender Pfarrer im Pfarrverband Königswinter am Oelberg, ist mit Blick auf seine Herde zwiegespalten. 96 der knapp 14 000 Katholiken traten im vergangenen Jahr aus der Kirche aus. "Das liegt unter einem Prozent. Das ist nicht dramatisch", sagt Schiffers. Zudem seien es meist Zugezogene, die der Kirche den Rücken kehrten, sagt der Pfarrer: "Die meisten kenne ich nämlich nicht."

Eine andere Entwicklung bereitet dem Pfarrer jedoch mehr Sorgen: "Die Besucherzahlen bei den Gottesdiensten haben sich in den vergangenen zehn Jahren halbiert." Der Kirchenbesuch sei schließlich kein Selbstzweck, sondern die Gelegenheit, sich für den Alltag zu kräftigen, so Schiffers. Aber Ereignisse wie im vergangenen Jahr in Limburg werfen ihre Schatten eben auch bis nach Königswinter.

Seit einigen Monaten versucht die Kirche, Ausgetretene wieder zurückzugewinnen. In einem Brief, unterzeichnet von der Deutschen Bischofskonferenz, bieten die Gemeinden diesen Menschen ein Gespräch an. "Wir wollen zeigen, dass es uns nicht gleichgültig ist", erklärt der Dechant. Erst in dieser Woche habe jemand das Gespräch gesucht. Ob er wie andere in die Kirche zurückkehrt, ist nicht bekannt.

Neue Wege, um den Kontakt zu den Gläubigen wieder herzustellen und zu intensivieren, will die katholische Kirche im Königswinterer Bergbereich gehen. Trotz aller Bemühungen gingen auch hier in der Vergangenheit die Besucherzahlen der Familiengottesdienste immer weiter zurück. "Die meisten Familien lassen sich nach der Erstkommunion nicht mehr blicken", sagt Gemeindereferentin Judith Effing. "Kinder haben ganz einfach Verständnisprobleme, die Erwachsenen empfinden den Gottesdienst als zu langatmig. Man muss den Schluss daraus ziehen, dass es uns nicht gelungen ist, eine einladende Kirche zu sein." Mit einem völlig neuen Format will man daher dort jetzt wieder die Kinder und Eltern von heute erreichen. Erstmals am Sonntag, 2. Februar, soll in der katholischen Kirche in Heisterbacherrott ein neugestalteter Familiengottesdienst gefeiert werden. Das Konzept dazu geht zurück auf die amerikanische "Willow Creek"-Gemeinde. "Im Mai vergangenen Jahres hatte uns die Ordensschwester Teresa Zukic besucht und uns begeistert von ihren Erfahrungen mit dieser Art von Gottesdienst erzählt", erinnert sich Effing. "In ihrer Gemeinde in Bayern hatte man dieses Konzept zur Katholischen Liturgie umgeformt und damit großen Erfolg. Das haben wir uns zum Vorbild genommen und sind nun die achte Gemeinde deutschlandweit, die dieses Format unter dem Motto 'Abenteuerland Gottesdienst' umsetzt."

Vor allem Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren sollen von der neuen Form des Familiengottesdienstes angesprochen werden. "Es geht nicht nur um die Frage, wie kriegen wir mehr Kinder in die Kirche, sondern darum, was Kinder heutzutage wirklich beschäftigt", sagt die 50-Jährige. Bei der Beantwortung dieser Frage seien sie auf drei Hauptpunkte gestoßen: Medien, Spiel und Bewegung. Und diese Punkte würden nun in die Familiengottesdienste eingebunden.

Eine halbe Stunde vor den Gottesdiensten wird jetzt zum Beispiel eine Spielstraße im Pfarrheim angeboten. Effing: "Die Kinder sollen merken, dass sie zuerst das Liebste tun dürfen - nämlich spielen." Für die Eltern gebe es währenddessen die Möglichkeit, Kaffee zu trinken und mit anderen ins Gespräch zu kommen. Der eigentliche Gottesdienst werde medienbewusster und spielerischer gestaltet. "Anschließend bieten wir - parallel zur Predigt für die Erwachsenen - Vertiefungen in Kleingruppen für die Kinder an. Dort soll das Erlebte im Gespräch verarbeitet werden", sagt Effing. Ihr Kooperationspartner, der Drachenkindergarten, stelle dafür einige Räumlichkeiten zur Verfügung. Die erste Resonanz auf die Pläne sei indes nicht durchweg positiv: "Uns haben schon manche Eltern angesprochen", sagt Effing. "Da ging es zum Beispiel darum, dass die Gottesdienste zum Teil zu früh anfangen. Wer hat heutzutage schon Zeit und Lust, um 8.30 Uhr an einem Sonntag in der Kirche zu sein?"

Am Sonntag, 2. Februar, soll der Familiengottesdienst erstmals gefeiert werden. Weitere Termine sind für den 9. März und 6. April geplant. Ob das neue Konzept bei den Gläubigen ankommt, bleibt abzuwarten. "Die Ergebnisse müssen natürlich ausgewertet werden", sagt Effing. "Dann können wir sehen, ob sich unsere Bemühungen bewährt haben."

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