Gymnasiasten stellen im Bad Honnefer Rathaus aus "Nie wieder!"

BAD HONNEF · Den Brief an seine Schwester hatte der junge französische Soldat fast auf den Tag genau vor 100 Jahren geschrieben. Jetzt las ein Sibi-Schüler die Zeilen vom Februar 1915 im Foyer des Rathauses vor. Vom "Leben opfern für das Vaterland" und von "lebendigen Zielscheiben" war die Rede.

Der Brief ist Teil der Ausstellung im Rathaus unter dem Titel "Nie wieder!", die Schüler vom Gymnasium Schloss Hagerhof und vom Siebengebirgsgymnasium zusammenstellten. Sie hatten im vergangenen Jahr bei Frankreich-Fahrten in Sachen "Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren" Friedhöfe, Schlachtfelder, Gedenkstätten und Museen besucht (der GA berichtete).

Unterstützt wurden diese Touren vom Partnerschaftskomitee Bad Honnef-Berck-sur-Mer. Die Sibi-Schüler waren auch in Berck-sur-Mer und unternahmen mit Gleichaltrigen aus Bad Honnefs Partnerstadt Fahrten an Kriegsschauplätze. Komitee-Ehrenvorsitzender Wilhelm Birenfeld hatte die Idee zur gemeinsamen Präsentation der Exkursionsergebnisse im Rathaus.

Vorsitzender Hans Eckard Krüger zeigte sich bei der Eröffnung der Schau im Beisein von Altbürgermeisterin Wally Feiden sowie der beiden Schulleiter Gudula Meisterjahn-Knebel und Joachim Nowak über diese Premiere erfreut: "Das Besondere und gleichzeitig Einmalige an dieser Ausstellung ist, dass sich Schüler zweier Honnefer Gymnasien unter der Leitung ihrer Lehrerinnen zusammengetan haben, um uns gemeinsam an ihren Eindrücken teilhaben zu lassen."

Krüger erinnerte an den Zweck des Partnerschaftskomitees, die Versöhnung mit Frankreich, und fragte: "Ist das nicht längst passiert?"

Die Jugendlichen mit ihren positiven Erfahrungen mit dem Nachbarland könnten diese Frage kaum verstehen. "Der Erfahrungsschatz der letzten 100 Jahre gerät aber auch leicht in Vergessenheit, und nationalistische Ressentiments können wieder entstehen, die wir alle nicht wollen."

Hagerhof-Lehrerin Bettina Ummenhofer war Ostern 2014 mit ihrer Familie in Arras. Wieder zu Hause, kramte sie den Militärpass ihres Großvaters hervor. "Er hatte sich mit 21 Jahren im August '14 freiwillig gemeldet", berichtete sie nun den Besuchern der Ausstellungseröffnung. "Er glaubte, Weihnachten sei er wieder zu Hause."

Aber da lag er im Feldlazarett in Arras, wo er 1917 auch in englische Kriegsgefangenschaft geriet. Später wurde er wie seine Tochter und seine Enkelin Lehrer für Französisch. Bettina Ummenhofer hatte ihren Schützlingen vor Reisebeginn die Aufgabe erteilt, in der eigenen Familie Ereignissen im Zusammenhang mit dem Ersten Weltkrieg nachzuspüren. Die Schüler bereiteten sich intensiv auf ihre Drei-Tage-Fahrt vor, die ebenso sorgfältig nachbereitet wurde.

Nun berichteten sie von ihren Erlebnissen und Forschungsergebnissen.

Die Sibi-Schüler um Lehrerin Stefanie Lamsfuß-Schenk arbeiteten bei ihrer Vorstellung im Foyer mit Musik. Dazu projizierten sie aktuelle und historische Fotos an die Wand und sorgten für Gänsehautgefühle beim Publikum, dem die Sinnlosigkeit der Kriege und des Sterbens auf dem Schlachtfeld vor Augen geführt wurde.

Dazu lasen sie Briefe von Soldaten vor, aber auch ihr Schreiben an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident François Hollande, in dem sie wünschten, dass die Politiker gemeinsam Kränze niederlegen an der Neuen Wache in Berlin und am Pariser Triumphbogen.

In einem Kästner-Gedicht hieß es: "Auf den Schlachtfeldern von Verdun wachsen Leichen als Vermächtnis." oro

Die Schüler-Ausstellung "Nie wieder!" ist noch heute im Rathausfoyer während der Öffnungszeiten des Rathauses zu sehen.

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