Der Pianist aus den Trümmern Pianist Aeham Ahmad begeistert in Bad Honnef

BAD HONNEF · Auf Einladung des Kulturrings hat Aeham Ahmad im Kursaal in Bad Honnef gespielt. Daneben wurde aus seinem Buch "Und die Vögel werden singen: Ich, der Pianist aus den Trümmern" gelesen.

 Pianist Aeham Ahmad singt und spielt bei seinem Auftritt im Bad Honnefer Kursaal.

Pianist Aeham Ahmad singt und spielt bei seinem Auftritt im Bad Honnefer Kursaal.

Foto: Frank Homann

Während das Publikum applaudierte, ging Aeham Ahmad durch den Mittelgang des Kursaals, rannte zurück auf die Bühne, setzte sich erneut an den Flügel und spielte als Zugabe das Volkslied „Die Gedanken sind frei“ und Schillers „Freude, schöner Götterfunken“. Die Besucher begleiteten ihn mit ihren Stimmen, so wie sie bereits zuvor während des Konzerts bei eingängigen Passagen den Aufforderungen des 30-Jährigen zum Mitsingen nachgekommen waren. Der palästinensisch-syrische Künstler war auf Einladung des Kulturrings nach Bad Honnef gekommen, um zu musizieren, aber auch sein Buch „Und die Vögel werden singen: Ich, der Pianist aus den Trümmern“ vorzustellen.

Rita Pütz von der Bad Honnefer Flüchtlingshilfe und der 15-jährige Hagerhof-Schüler Ahmed Asad lasen, im Wechsel mit der Musik, Auszüge daraus vor. In dem Band erzählt Aeham Ahmad erstmals seine komplette Geschichte – von seiner behüteten Kindheit, von seinem blinden Vater, einem Instrumentenbauer, vom Beginn des Krieges und seiner Flucht nach Deutschland.

Weltweite Bekanntheit durch YouTube

Auf dem Titel ist er selbst, sitzend am Klavier, zu sehen, mitten im zerstörten Yarmouk, einem südlichen Stadtteil von Damaskus, das aus einem 1948 entstandenen Palästinenser-Flüchtlingslager hervorging. Als „Pianist aus den Trümmern“ war Ahmad über YouTube weltweit bekannt geworden, als er mit seinem Klavier auf Rädern durch das Viertel zog, um vor allem die Kinder vom Krieg abzulenken. Nachdem der sogenannte Islamische Staat sein Instrument angezündet hatte, flüchtete der Pianist im Herbst 2015 über die Balkanroute nach Deutschland. Dort erhielt er kurz nach seiner Ankunft den ersten Beethovenpreis.

Torsten Schreiber, Mitinitiator dieser Ehrung und Vorsitzender des Kulturrings, sowie seine Stellvertreterin Susanne Weubel begrüßten die Besucher, vor allem auch Rita Pütz, „die Mutter aller Flüchtlinge“, und etliche ihrer Schützlinge.

"Es war eine Revolution"

Die beste Werbung für Ahmads Buch gelang den beiden Vorlesern. Rita Pütz: „Bilder erzählen nie einen Anfang. Und sie verschweigen, was nach ihnen kommt. So auch jenes Foto von mir, auf dem ich am Klavier sitze und singe, inmitten der Ruinen meines Viertels. Zeitungen aus aller Welt haben es gedruckt.“

Die gewählte Passage beschrieb zudem die Lebensverhältnisse in Yarmouk. „Assads Armee hatte uns von allem abgeschnitten. Von Wasser und Strom, von Brot und Reis. Über 100 Menschen waren verhungert. [...] Auch Kaffee oder Tee gab es schon lange nicht mehr. Also hatte ich mir angewöhnt, mir morgens einen Trunk aus Zimt zu brühen.“ Zum Süßen nahm er Enthaarungscreme.

Ahmed Asad, der vor zweieinhalb Jahren mit seiner Mutter und drei Geschwistern dem Vater im Zuge einer Familienzusammenführung nach Bad Honnef gefolgt war, trug in bestem Deutsch ein weiteres Kapitel vor. „Für mich war es leichter, wir sind mit dem Flugzeug gekommen“, zog der Neuntklässler einen Vergleich zum Autor. Ahmed las die Passage „Schrei nach Freiheit“ vor, in dem der Pianist das Geschehen in Syrien erklärt: „Es war eine Revolution.“

Auftritt von Rima Haj Khalie

Ahmads Auftritt in Olpe im Mai 2017 war Thema einer dritten Geschichte. Sie schildert eine Rückkehr – einen Monat hatte er dort in einer Sporthalle gelebt. Rita Pütz las die entsprechende Stelle: „Abends, wenn ich in meinem Stockbett lag, schaute ich mir auf meinem Telefon die Filme von Yarmouk an. Wie es den Kindern wohl ging? Ich fühlte mich schuldig. ,Aeham, wirst du immer mit uns singen?‘, hatten sie mich gefragt. ,Immer!‘, hatte ich geantwortet. Doch dann war ich davongelaufen.“

Im Anschluss huschten erneut Ahmads Finger über die Tasten – dieses Mal spielte er ein Lied der Sängerin Fairuz. Unverhofft eilte eine junge Dame auf die Bühne, um zu singen: Rima Haj Khalie (19) aus Syrien, die seit sieben Monaten in Aegidienberg lebt. Das Publikum war begeistert – nicht nur von der 19-Jährigen, sondern auch von Ahmad und von der Lesung.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort