Marienkapelle in Rhöndorf So wurde Rhöndorf vor 300 Jahren errichtet

RHÖNDORF · Um die 50 Familien lebten 1714 in Rhöndorf. In jenem Sommer vor 300 Jahren kümmerten sich die Bewohner nicht allein um ihre Tiere, Felder und ihren Wingert. Damals brachen die Männer Steine und besorgten Bauholz für ihre neue Kapelle. Wer über Pferd, Ochsen und Wagen verfügte, transportierte die Materialien.

 1714 gebaut, 300 Jahre später von Autos umkurvt: Die Marienkapelle in Rhöndorf.

1714 gebaut, 300 Jahre später von Autos umkurvt: Die Marienkapelle in Rhöndorf.

Foto: Homann

Alle packten an, um die Marienkapelle zu bauen. Denn: Bei der Brandschatzung ihres Ortes durch französische Truppen im Mai 1689 war auch ihr kleines Gotteshaus zerstört worden.

Zunächst galt es, wieder ein eigenes Heim zu schaffen. Aber die schwer geprüften Rhöndorfer dachten schon bald daran, auch wieder einen Ort für das gemeinsame Gebet zu errichten. 25 Jahre nach der verheerenden Zerstörung des Dorfes, bei dem jede Behausung in Schutt und Asche gelegt und nur das Haus im Turm verschont worden war, machten sie sich ans Werk.

Die Inschrift über dem Eingang des Kirchleins legt Zeugnis ab über den Gemeinsinn und den Beginn der Arbeiten im Jahre 1714. Zwei Jahre dauerte es, bis die Kapelle stand. Am 8. Juni 1716 wurde sie durch Pfarrer Michael Broich unter dem Titel "Mariae Heimsuchung" geweiht.

Ein Chronist der Pfarrei schrieb später von einem "Tag heiliger Freude" und notierte: "Und stolz konnten sie auf ihre Kapelle sein, denn sie hatten ja Hand- und Spanndienste geleistet bei dem Bau. Die Kapelle war ihr Werk, für das sie trotz ihrer Armut das Letzte opferten." Urkundliche Dokumente existieren nicht. Dafür geben Inschriften Auskunft über die Geschichte der Kapelle, die im Barockstil der damaligen Zeit gehalten ist.

Die zerstörte Vorgängerin befand sich auf einem anderen Platz; Hinweise auf eine frühere Marienkapelle geben ein Prozessionsverzeichnis und die kleine Glocke mit der Jahreszahl 1624. Das Grundstück für den Bruchsteinneubau war ein Geschenk des Propstes von Oberpleis, Graf Johann Bertram von Nesselrode, wie im Eingangsbereich zu lesen ist.

Als weitere Wohltäter sind dort die Eheleute Jakob Neukirchen und Katharina Weinreichs durch Schriftzüge zu identifizieren. Die Initialen I. P. und G. R. K. lassen als Baumeister auf den Schöffen Jakob Proff und den Geschworenen Gottfried Rotkopf schließen, die nebenan das Gebäude "Zur alten Kapelle" errichteten.

Noch ein Initial mit Bedeutung: M. P. steht für Michael Pütz. Er schuf 1761 die Turmuhr, die für eine Kapelle eher selten ist, und hinterließ seine Buchstaben auf einer Messingplatte. Das ganze Uhrwerk ist reine Schmiede- und Schlosserarbeit. Josef Aenstoots sorgte vor einigen Jahren dafür, dass der Rhöndorfer Uhrmachermeister Karl Schürmann die Uhr wieder in Gang setzen konnte: Sie behielt ihr altes Zifferblatt mit blattvergoldeten Zeigern, aber innen steckt seither ein funkgesteuertes Werk. Eine weitere Besonderheit ist auf M. P. zurückzuführen: In das aus dem Dachreiter herausragende schmiedeeiserne Kreuz arbeitete er einen Brunnen ein, einen Pütz. So verewigte er sich symbolisch.

1935 wurde das Gotteshaus mit seinem Tonnengewölbe von Grund auf erneuert. Wie sehr die Rhöndorfer an ihrer Kapelle hängen, zeigte sich auch beim Bau ihrer Kirche: Sie wurde 1905 ebenfalls auf den Titel "Mariae Heimsuchung" geweiht. Und: Seit mehr als hundert Jahren führt die Rhöndorfer Straße auf beiden Seiten an der Kapelle vorbei, die mit dem Drachenfels im Hintergrund ein Wahrzeichen Rhöndorfs ist.

Ein Kleinod von außen, Kostbarkeiten im Inneren

Der Altar der Marienkapelle ist ein Meisterwerk des Barock. Mit seinem reichhaltigen Aufbau, den Akanthusranken, dem Strahlenkranz und den Engeln bietet er der Madonnen-Figur einen würdigen Rahmen. 1982 gestohlene Putten ersetzte der Holzschnitzer Siegfried Lehneis.

Nach alter Überlieferung stammen Altar und Marienstatue aus der aufgehobenen Abtei Heisterbach. Gut möglich, auch wenn der Heisterbacher Altar im alten Inventarwerk als vermisst aufgeführt wird, zerstreuten sich doch die Kunstschätze des Klosters nach der Säkularisation in alle Richtungen. Laut Pfarrchronik ist der Altar ein Geschenk der fürstlichen Familie von der Leyen. Über ihm befindet sich das Wappen des Kurfürsten Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg, Herzog von Berg und Landesherr bis 1716.

Er besuchte Honnef vier Jahre nach der Brandschatzung. Auch er könnte Stifter sein. Lange wurde die Kapelle nur als Kunstwerk besichtigt und nicht als Gottesdienstraum genutzt. Seit 1982 finden dort wieder Gottesdienste statt: die Kreuzweg-, Mai- und Rosenkranzandachten der Pfarrgemeinde und die Patronatsmesse der Rhöndorfer Sankt-Hubertus-Schützen-Gesellschaft.

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