Kommunalwahl 2020 Jugendliche fühlen den Kandidaten auf den Zahn
BAD HONNEF · Auf Einladung des Stadtjugendrings Bad Honnef stellten sich die Bürgermeister-Kandidaten der Diskussion mit Jugendlichen im Kursaal und per Livestream. Die jungen Leute machten keinen Hehl daraus, wo sie am meisten der Schuh drückt.
Wen wählen die Bad Honnefer am 13. September zum Bürgermeister? Auf Einladung des Stadtjugendrings stellten sich alle Kandidaten bei einer Podiumsdiskussion. Nur 25 Jugendliche durften corona-bedingt im Kursaal Platz nehmen, weitere Interessenten konnten sich in den Livestream bei Youtube und Facebook einschalten – das taten 60 Nutzer bei Youtube und 30 über facebook.
1000 Nutzer sahen schon das Video
Die Fragen gab Moderator Marcelo Peerenboom an Amtsinhaber Otto Neuhoff, der von CDU, FDP und Bürgerblock unterstützt wird, die Kandidatin von Bündnis 90/Die Grünen Gabriele Clooth-Hoffmeister und den SPD-Kandidaten Klaus Munk weiter. Bis zum Morgen danach, so der Stadtjugendring, hatten sich mehr als 1 000 Nutzer das Video angesehen und auch kommentiert.
Der Stadtjugendring hatte vorab 210 Jugendliche online zur städtischen Politik befragt. 71 Prozent von ihnen stellten dem Stadtrat ein schlechtes Zeugnis aus: Sie meinen, dass sich die Kommunalpolitik zu wenig um ihre Belange kümmert. Städtische Schulen, Radwege, öffentlicher Nahverkehr, Räume für Jugendliche, Klimaschutz und Jugendbeteiligung an politischen Entscheidungen waren die Themen.
In vielen Punkten waren sich die Kandidaten um das höchste Amt in der Stadt einig. Und auch die Eingangsfrage Peerenbooms, wie sie sich selbst als Chef beurteilen, brachte keinen Despoten hervor – als „fordernd und großzügig“ beurteilte sich Neuhoff, als „sehr kooperativ“ Munk. Clooth möchte „die Mitarbeiter ermutigen, eigene Ideen einzubringen“.
Sibi-Renovierung ein Hauptthema
In der Umfrage stimmten 55 Prozent der 210 Teilnehmer für die Sibi-Renovierung, 21 Prozent sprachen sich für einen Abriss und einen Neubau an derselben Stelle aus. Peerenboom fragte, wie es soweit habe kommen können, dass über einen Abriss nachgedacht wurde. Neuhoff: „Es war kein Geld für große Renovierungen da.“ Alles Geld, drei Millionen Euro, das da gewesen sei für den Zweck Schule, sei fast komplett ins Sibi geflossen. „Nun geht es voran, das Sibi wird modernisiert.“
Eine Schülerin: „Sanierung hört sich gut an, aber was steht auf der Agenda?“ Und ein anderer Teilnehmer sagte: „Ich habe von den drei Millionen Euro nichts gesehen.“ Neuhoff sagte, was alles neu gemacht wurde: Fenster, Toiletten, mehrere Hunderttausende wurden in IT gesteckt, die Aula wurde trockengelegt. Alle Kandidaten signalisierten, was Munk aussprach: „Schule steht ganz oben.“ Dass es Mitsprache für Eltern, Lehrer und Schüler geben solle, daran ließen die drei keinen Zweifel. Die Umsetzung wird, so Neuhoff, fünf bis sieben Jahre dauern.
Jugend fühlt sich von der Politik schlecht vertreten
Wie es komme, dass sich 71 Prozent der Umfrage-Jugendlichen so schlecht vertreten sähen in der Kommunalpolitik, erklärte Neuhoff so: „Wir befinden uns in Bad Honnef auf verdammt hohem Niveau. Wir machen eine Menge für den Stadtjugendring.“ Aus dem Chat kam dazu die Bemerkung, man tue immer so als ob, „aber der Stadtrat besteht aus alten weißen Männern“. Neuhoff: „Das ist mir zu pauschal. Wir geben das Geld für den Stadtjugendring, haben den Insel-Spielplatz eingerichtet und mehr.“
Ein Radweg durchs Schmelztal, bessere Fahrradwege, die bessere Taktung von Bus und Bahn, der „stinkende Honnefer Bahnhof“ bewegen die Jugendlichen. Klimawandel und Grün spielen in der Generation eine Rolle. Neuhoff drückte auf die Tube: „Klimawandel ist das Topthema. Aber die Bundesregierung traut sich bis heute nicht, Tempo 100 auf Autobahnen einzuführen. Ich bin da für einen deutlichen Kurswechsel.“ Clooth-Hoffmeister plädierte für einen Tag Homeoffice pro Woche, für attraktivere Begrünung und dafür, weniger Bäume zu fällen. Und sie will die Abschnitte zwei und drei der Grafenwerth-Umgestaltung stoppen.
Munk: „Klima muss man bei jedem Thema denken.“ Er sprach von Bewahrung des Stadtbildes, möchte so wenig Flächen wie möglich versiegeln, Grünflächen erhalten. Neuhoff: „Wenn wir nichts tun, vergreisen wir. Nicht bauen kann keine Lösung sein.“ Das Fazit einiger Teilnehmer nach der Veranstaltung: sie hätten sich eine klarere Abgrenzung der Kandidaten gewünscht.
Die Aufzeichnung kann auf www.sjr-honnef.de und Facebook abgerufen werden.