Beratungsstelle im Siebengebirge Tipps gegen den Stress an den Weihnachtstagen

SIEBENGEBIRGE · Die Mitarbeiter der Familienberatungsstelle für Bad Honnef und Königswinter haben in der Weihnachtszeit gut zu tun. Die Experten erklären die Gründe und geben Tipps, wie Streit unterm Weihnachtsbaum verhindert werden kann.

Von wegen besinnlich: Für viele Menschen ist Weihnachten die stressigste Zeit im Jahr – und die Zeit, in der es in den Familien gerne mal so richtig kracht. Entsprechend stehen in der Familien- und Erziehungsberatungsstelle (FEB) der Städte Bad Honnef und Königswinter kurz vor den Feiertagen die Telefone nicht still. „Wir haben gut zu tun“, sagt Psychologin Cornelia Glagla. Allein in der dritten Adventswoche suchten 16 Anrufer Rat und Hilfe: Familien, Paare, aber auch Kinder und Jugendliche. „Die Vorweihnachtszeit ist in jeder Hinsicht eine besondere Zeit“, so Glagla.

Warum? Weil das Jahr zu Ende geht – ein Jahr, das sicherlich anstrengend war. Weil man aber trotzdem jetzt vieles noch erledigen möchte – Termine, Gespräche, Entscheidungen. Man fühlt sich müde und erschöpft. Trübe Wintertage und die frühe Dunkelheit lassen die Stimmung bei vielen Menschen zusätzlich in den Keller rutschen. „Und Weihnachten kommt dann noch oben drauf“, so Jürgen Scheidle, Leiter der FEB.

Viele Themen bei der FEB

Kindern gehe es da übrigens nicht viel anders als den Erwachsenen: „Die Vorweihnachtszeit ist ja die Zeit, in der noch ordentlich Arbeiten und Klausuren geschrieben werden.“ Das sorgt für Druck – obwohl es sich doch gerade jetzt eigentlich alle ruhig und besinnlich wünschen.

Entsprechend gibt es auch nicht nur das eine Thema, das in dieser Zeit im Mittelpunkt der Beratungsgespräche in der FEB steht. Manchmal sind es Schulprobleme, in anderen Fällen sorgt die Pubertät für Stress und Ärger in der Familie. Wieder andere suchen Hilfe, weil es Streit in der Partnerschaft gibt oder die Kinder mit der Trennungssituation nicht klarkommen.

Erwartungsdruck an Weihnachten

„Da Weihnachten traditionell das Fest der Familie ist, werden gerade jetzt auch viele persönliche und familiäre Themen angesprochen“, so Scheidle. Hinzu komme der Erwartungsdruck, dass gerade an den Weihnachtstagen alles schön und perfekt zu sein habe. Gerade diese Erwartungen führten oftmals zu Konflikten. Daher empfehlen die Familienexperten, sich zu fragen: Muss es unbedingt das Fünf-Gänge-Menü am Weihnachtsabend sein, nur weil es immer schon so war? Muss wirklich die ganze Großfamilie mit Kind und Kegel zum Fest einfallen? Müssen wir wieder einmal Heiligabend im Auto verbringen, um allen gerecht zu werden? Oder hat der Besuch bei der Verwandtschaft nicht auch bis nach Weihnachten Zeit?

„Jeder sollte für sich überlegen: Brauche ich das wirklich? Oder geht es vielleicht auch anders, damit es mir besser geht“, rät Scheidle. Manchmal mache es auch Sinn, mit alten Traditionen zu brechen und neue zu beginnen, ergänzt Glagla. Oft seien es gerade Kinder, die an Liebgewonnenem festhalten möchten: „Für sie hat das Glöckchenklingeln zur gemeinsamen Bescherung vielleicht einen sehr viel höheren Stellenwert als ein mehrgängiges Festessen, für das die Mutter stundenlang in der Küche verschwindet.“

Bedürfnisse als Paar im Blick haben

Die Berater der FEB ermutigen Eltern außerdem, nicht nur an die Kinder zu denken, sondern auch die eigenen Bedürfnisse als Paar im Blick zu behalten „und zu gucken: Wie ist es auch für uns schön“. Die meisten Väter und vor allem Mütter stehen in der Weihnachtszeit unter Dauerstrom: Das Haus dekorieren, Geschenke besorgen, Plätzchen backen – und daneben läuft auch noch der normale Berufs- und Familienalltag. „Da macht man und tut und fragt sich am Ende: Und wo bleibe ich? Das sorgt für Unzufriedenheit.“

Vielmehr sei es dann gut, ganz bewusst das Rad anzuhalten und rechtzeitig einen Gang zurückzuschalten. „Auch gibt es unsere alte Sozialarbeiterweisheit, die besagt: reden hilft“, so Scheidle. Er rät dazu, die eigenen Vorstellungen, Wünsche und Erwartungen offen in der Familie anzusprechen und gegebenenfalls Kompromisse zu finden. „Es gibt nicht die eine Lösung. Vielmehr muss jeder gucken, wo die Bedürfnisse liegen, und was Stress erzeugt.“ Schwierig wird das oft, wenn sich Eltern getrennt haben. Hier sei es wichtig, rechtzeitig zu klären, wie Weihnachten gefeiert werden soll – und die Kinder in die Planung einzubeziehen. „Kinder brauchen verlässliche Strukturen“, betont Glagla. „Die Eltern müssen sich einig sein und klare Regelungen treffen und an Weihnachten vielleicht auch mal ihre eigenen Interessen mit Blick auf die Kinder zurückstellen.“

So groß Stress in der Vorweihnachtszeit sein mag, so schnell lässt er nach, sobald Heiligabend „überstanden“ ist. „Man merkt deutlich, dass der Druck und die Erwartungen dann wieder abnehmen.“ Dann kehrt auch in der Familienberatungsstelle erst einmal wieder etwas Ruhe ein. Dennoch: Die Mitarbeiter sind auch zwischen den Jahren zu erreichen und haben ein offenes Ohr für alle familiären Sorgen und Nöte.

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